Stimmen Sie für die Einführung des Nordischen Modells?
Sehr geehrte Frau Dr. Weisgerber,
das Thema Prostitution gerät immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit.
Das Leid und die Not von Betroffenen in der Prostitution unter dem Deckmantel der Legalität sind unübersehbar. Entsprechend werden die Stimmen für einen Perspektivwechsel zum Nordischen Modell, das neben der Kriminalisierung der Profiteure die Entkriminalisierung von Betroffenen sowie deren Unterstützung durch u.a. Ausstiegshilfen beinhaltet, immer mehr.
Haben Sie die Bereitschaft, sich für das Nordische Modell einzusetzen bzw. würden Sie bei einer entsprechenden Abstimmung für das Nordischen Modell stimmen?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Freundliche Grüße
Sandra Cornelius
Sehr geehrte Frau Cornelius,
vielen Dank für Ihre Nachricht zum Nordischen Modell.
Das Thema Nordisches Modell wird bei uns in der Fraktion intensiv diskutiert. Auch die Gruppe der Frauen innerhalb der CDU/CSU-Fraktion, deren stellvertretende Vorsitzende bin, beschäftigt sich intensiv mit dem Thema.
Gerne möchte ich Ihnen die aktuelle Gesetzeslage kurz darlegen:
Prostituiertenschutzgesetz:
In der letzten Legislaturperiode hat der Bundestag umfangreiche Regelungen zur Verbesserung der Situation der Prostituierten beschlossen. Mit dem Prostituiertenschutzgesetz wurde ein Paradigmenwechsel eingeleitet. Weg von der von rot-grün 2001 geschaffenen Liberalisierung, die zu untragbaren Zuständen im Prostitutionsmilieu geführt hat, hin zu mehr Kontrolle, Regulierung und vor allem zu mehr Schutz und Hilfe für diejenigen, die unter diesen Zuständen leiden. Zu diesem Zweck wurde die persönliche Anmeldepflicht für alle Prostituierten eingeführt. Voraussetzung für die Aushändigung der Anmeldebestätigung ist die Vorlage des Nachweises über eine gesundheitliche Beratung beim öffentlichen Gesundheitsdienst. Die persönliche Anmeldung und die gesundheitliche Beratung dienen vor allem dem Schutz der fremdbestimmten Prostituierten, die so die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme außerhalb des Milieus erhalten. Zusätzlich wurde eine Erlaubnispflicht für Prostitutionsstätten sowie eine Zuverlässigkeitsprüfung der Betreiber eingeführt. Darüber hinaus haben die Behörden umfassende Überwachungsbefugnisse und Betretungsrechte erhalten um auch Personenkontrollen durchführen zu können.
Reform des Menschenhandels im StGB:
Mit der Reform des Menschenhandels ist zudem ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von Zwangsprostitution, Zwangsarbeit und Menschenhandel getan worden. Die Menschenhandelstatbestände wurden objektiver und damit praktikabler ausgestaltet. Es wurde eine Freierstrafbarkeit für Fälle eingeführt, in denen die Freier die Zwangslage der Opfer erkennen und ausnutzen. Die Freierstrafbarkeit bei erkennbarer Zwangsprostitution ist zumindest ein Fortschritt, den die Union gegen deutlichen Widerstand der SPD durchsetzen konnte. Zwangsprostitution ist anhand von wenigen Merkmalen wie Alter, fehlender Sprachkompetenz gegenüber dem Freier, bei Spuren von Misshandlungen oder wenn Dritte Preis und Praktiken aushandeln, Einsperren oder Bewachung durch Dritte auch für Freier zu erkennen. Insgesamt hat sich die Union für noch weitergehende Regelungen eingesetzt, insbesondere für die Frauen eine Altersschutzgrenze von 21 Jahren und verpflichtende Gesundheitsuntersuchungen. Das war mit der SPD nicht zu machen, weil sie im Gegensatz zu der Union darin nicht eine notwendige Schutzfunktion für die vielen Zwangsprostituierten sehen wollten, sondern die Stigmatisierung der freiwillig in der Prostitution arbeitenden Frauen für das größere Problem betrachtet hat.
Das gemeinsame Wahlprogramm von CDU und CSU sieht vor, dass die Evaluierung des Prostitutionsschutzgesetzes vorgezogen wird. Wörtlich heißt es „Wer Prostituierte ausbeutet oder sich der Zuhälterei schuldig macht, soll härter bestraft werden können. Den Ausstieg aus der Prostitution wollen wir stärker unterstützen.“
Mit freundlichen Grüßen
Anja Weisgerber