Frage an Anja Weisgerber von Thomas H. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Weisgerber,
ist das Gesetz gegen Hass auch auf die alltägliche Kommunikation der Menschen (Sprache, Gestik) anwendbar?
Ein Politiker wird in herausragender Weise mit Hass und Hohn, öffentlich, überzogen. Minister Spahn wird beschimpft, bespukt und mit "Hau ab" Rufen öffentlich attakiert https://www.youtube.com/embed/BiojE8dmLq0. Öffentliche Auftritte von Herrn Spahn werden von massiven Einsatzkräften geschützt und Demonstranten müssen mit Strafverfahren und Anzeigen (wegen aller in Frage kommenden Delikte) "gezähmt" werden.https://www.express.de/nrw/wuppertal/protest-gegen-corona-politik-ermittlungen-nach-auftritt-von-jens-spahn-in-wuppertal-37247024
Sind das aus Ihrer Sicht normale Umgangsformen und müssten nicht extensiv Gesetze angewendet und neue Gesetze erlassen werden, um Politiker wie Jens Spahn zu unterstützen und vor Demonstranten zu schützen?
Ist es noch bestreitbar, dass ein Minister, auch öffentlich, angefeindet wird und welche Konsequenzen leiten sie im Rechtsausschuss ab? https://www.zdf.de/nachrichten/politik/coronavirus-spahn-angefeindet-100.html
Weiterhin wird Minister Spahn massiv attakiert und zwar wegen einem Hauskauf und Berichten über die Kaufsumme https://www.businessinsider.de/politik/bundesgesundheitsminister-spahn-kauft-luxusvilla-fuer-mehrere-millionen-euro/ , die laut Landgericht Hamburg nicht öffentlich genannt werden darf.
Ist es einem Politiker zumutbar, sich auf rechtlichem Weg gegen unzulässige Berichterstattung in überragend massiver Weise, öffentlich vor Gericht und mit eigenem Geld, zu wehren? Nach dem Bericht eines Rechtsanwalts, sollen die Prozesskostenrisiken allein bei Springer bei 90000 Euro liegen https://twitter.com/Steinhoefel/status/1305862266655510529 in Summe bei Hunderttausenden Euro https://twitter.com/Steinhoefel/status/1305862297030717441
Halten sie ein weiteres "Hassgesetz" (Lex Spahn?), bezugnehmend auf die aktuellen Ereignisse, für zwingend durchsetzbar?
Danke für Ihre Einschätzung
Thomas
Sehr geehrter Herr Hitzlsperger,
vielen Dank für Ihre Nachricht Zum Thema Hasskriminalität.
Ja, im Internet und insbesondere in den Sozialen Medien ist eine zunehmende Verrohung der Kommunikation zu beobachten. So äußern sich Personen immer öfter allgemein, vor allem aber gegenüber gesellschaftlich und politisch engagierten Menschen, in einer Weise, die gegen das Strafrecht verstößt und sich durch stark aggressives Auftreten, Einschüchterung und Androhung von Straftaten auszeichnet.
Dadurch wird nicht nur das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen, sondern auch der politische Diskurs in der demokratischen und pluralistischen Gesellschaftsordnung angegriffen und in Frage gestellt.
In der Öffentlichkeit stehende und für das Gemeinwesen aktive Personen wurden in der Vergangenheit, wie Sie es auch im Fall Spahn beschreiben, etwa nach einer politischen Äußerung mit diffamierenden Reaktionen oder gar Morddrohungen überzogen. Auch kommt es zum Teil dazu, dass zu Gewalt gegen sie aufgerufen wird. Mit diesen öffentlichen, respektlosen und herabwürdigenden Inhalten sinkt die Hemmschwelle für weitere gleichgerichtete Äußerungen.
In diesem verrohten Umfeld kommt es schon jetzt dazu, dass bestimmte Meinungen aus Sorge vor solchen Reaktionen nicht mehr geäußert werden. Dies kann sogar dazu führen, dass sich Menschen vollständig aus dem öffentlichen Diskurs zurückzuziehen. Damit sind der freie Meinungsaustausch im Internet und die Meinungsfreiheit gefährdet.
Deshalb war es richtig und wichtig, dass wir ein Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht haben, welches
Änderungen des Strafgesetzbuchs im Einzelnen bedeuten:
Bedrohung (§ 241 StGB): Bislang ist nach § 241 StGB nur die Bedrohung mit einem Verbrechen – meist die Morddrohung – strafbar. Künftig sollen auch Drohungen mit Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen Sachen von bedeutendem Wert, die sich gegen die Betroffenen oder ihnen naheste- hende Personen richten, strafbar sein. Der Strafrahmen soll bei Drohungen im Netz bei bis zu zwei Jahren – und bei der Drohung mit einem Verbrechen, die öffentlich erfolgt, bei bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe liegen. Bislang ist der Strafrahmen bei Bedrohun- gen bis zu ein Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.
Beleidigung (§ 185 StGB): Öffentliche Beleidigungen sind laut und aggressiv. Für Betroffene können sie wie psychische Gewalt wirken. Wer öffentlich im Netz andere beleidigt, soll künf- tig mit bis zu zwei statt mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe bestraft werden können.
Üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens (§ 188 StGB): Der besondere Schutz des § 188 StGB vor Verleumdungen und übler Nachrede soll ausdrücklich auf allen politischen Ebenen gelten, also auch für Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker.
Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten (§ 126 StGB): Hier soll künftig auch die Androhung einer gefährlichen Körperverletzung umfasst sein.
Sehr geehrter Herr Hitzlsperger, die eigene Meinung frei, unbeeinflusst und offen sagen und sich darüber austauschen zu können, stellt einen Grundpfeiler der freiheitlich-demokratischen Grundordnung dar. Der Staat hat die Aufgabe, diese Freiheit mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu verteidigen. Mit dem vom Bundesrat erst kürzlich gebilligten Gesetzespaket zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität kann dieses Ziel konsequent weiter verfolgt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Weisgerber