Frage an Anja Weisgerber von Norbert E. bezüglich Bundestag
Sehr geehrte Frau Dr. Weisgerber. Ich würde gerne Ihre persönliche Meinung zur Wahlrechtsreform und der Begrenzung der Anzahl der Abgeordneten hören.
Außerdem würde es mich interessieren, wieviel Zeit Sie ungefähr für Ihre Nebentätigkeit in der Anwaltskanzlei aufwenden müssen und woher Sie diese Zeit nehmen, bei all der Arbeit und Fahrerei die Sie mit Ihrem Mandat und den anderen kommunalen Verpflichtungen haben. Ich hätte das in meinem Berufsleben nicht auf die Reihe bekommen.
Sehr geehrter Herr Eusemann,
vielen Dank für Ihre E-Mail. Wir als CSU im Bundestag machen uns für eine Wahlrechtsreform stark und wollen die Größe des Deutschen Bundestages begrenzen.
Deshalb haben wir einen konkreten Vorschlag vorgelegt, der im Wesentlichen auf zwei Säulen steht:
1. Wir wollen ein arbeitsfähiges Parlament. Dafür wollen wir die Größe des Deutschen Bundestags bei einer Größe von maximal 650 Abgeordneten deckeln. Um diese Höchstgrenze einzuhalten, schlagen wir vor, die Mandate bei jeder Partei entsprechend dem Wahlergebnis proportional herunterzurechnen.
2. Wir wollen ein bürgernahes Parlament. Deshalb wollen wir die 299 Wahlkreise, die es bisher gibt, beibehalten. Weniger Wahlkreise bedeuten im Ergebnis mehr Bürgerferne – und genau das müssen wir vermeiden. Wir brauchen Abgeordnete, die vor Ort präsent und für die Menschen ansprechbar sind.
Fakt ist auch: Die Zahl der Abgeordneten ist in den letzten Jahren immer weiter gestiegen, während die Anzahl der Wahlkreise gleichgeblieben ist. Bei der Wahl 2002 gab es bei 299 Wahlkreisen 603 Bundestagsabgeordnete. Bei der letzten Bundestagswahl 2017 gab es immer noch 299 Wahlkreise, aber im Bundestag sitzen aktuell 709 Abgeordnete. Das zeigt: Die Wahlkreise sind nicht das Problem. Wer den Bundestag wirklich begrenzen will, muss auch bei den Listenmandaten ansetzen und nicht nur bei den Wahlkreisen.
Wir müssen außerdem aufpassen, dass wir bei der Wahlrechtsreform demokratische Grundsätze wahren. Das gilt besonders für den Vorschlag, die Größe des Bundestages zu begrenzen, indem – nach der Wahl – gewählte Direktkandidaten nicht in den Bundestag einziehen und so einzelne Wahlkreise nicht in Berlin vertreten sind. Das ist verfassungswidrig, grenzt an die Annullierung von Wahlen und ist mit unserem Demokratieverständnis nicht zu vereinbaren. Wer im Wahlkreis gewählt ist, muss auch in Berlin in den Bundestag einziehen. Wir als CSU im Bundestag wollen ein Wahlrecht, bei dem die Größe des Bundestages eine klare Höchstgrenze hat und bei dem demokratische Grundsätze, Bürgernähe und Arbeitsfähigkeit vollumfänglich gewährleistet sind. Dafür streiten wir in Berlin.
Und nun noch zu Ihrer zweiten Frage bzgl. meiner Nebentätigkeit. Transparenz ist wichtig. Deshalb finde ich es auch richtig, dass die Abgeordneten ihre Nebentätigkeit offenlegen müssen. Mir ist es wichtig, Bodenhaftung und den Bezug zur Praxis zu behalten und von der Politik und meinem Abgeordnetenmandat nicht abhängig zu sein. Meiner Meinung kann man dann auch ein Stück weit freier seine Entscheidungen treffen, weil man wieder zurück in seinen Beruf kann. Auch die Bürgerinnen und Bürger wünschen sich oft Abgeordnete, die mitten im Leben stehen. Auch für mich ist es wirklich vorteilhaft, wenn man von den Anwendern des Rechts regelmäßig den Spiegel vorgehalten bekommt und einem gezeigt wird, wie die Regelungen umgesetzt werden und wo eine Vorschrift viel Bürokratie auslöst. Meine Tätigkeit als Rechtsanwältin und als Abgeordnete sind sehr zeitintensiv, ich arbeite oft bis in die späten Abendstunden hinein. Gerade die Zugfahrten, die Sie ansprechen, nutze ich immer voll als Arbeitszeit. Beide Aufgaben - Abgeordnetenmandat und Nebentätigkeit fülle ich mit großem Engagement und der Unterstützung durch meine Familie sehr gerne aus, weil sie mir Freude bereiten und weil sich beides gut ergänzt.
Auf ein weiteres wichtiges Thema möchte Sie noch hinweisen. Wir haben mit unserem Koalitionspartner eine Einigung auf die Einführung eines verbindlichen Lobbyregisters gefunden. Wir setzen so den gemeinsamen Wunsch nach einer möglichst großen Transparenz bei der Ausübung von Interessenvertretung gegenüber dem Bundestag und seinen Mitgliedern vollständig um. Damit setzen wir ein wichtiges Zeichen für mehr Transparenz und für die Regulierung von Lobbytätigkeit im Bundestag.
Mit herzlichen Grüßen
Ihre Anja Weisgerber