Frage an Anja Weisgerber von Stefan R. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Weisgerber,
Ich beziehe mich auf den Referentenentwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes vom 29.04.2020. Inwieweit sehen Sie hier durch die Ergänzungen, insbesondere von §§ 22 und 28, die Tatsache einer Einführung einer Impfpflicht erfüllt? Inwieweit ist durch die Einführung eines Immunitätsnachweises sicher gestellt, dass meine persönlichen Freiheitsrechte und mein Recht auf informelle Selbstbestimmung gewahrt bleiben? Was habe ich als Bürger zu erwarten, sollte ich beide Dokumente (Impfnachweis oder Immunitätsnachweis) nicht vorlegen kann/möchte?
Ich bitte um eine qualifizierte Auskunft.
Mit freundlichen Grüßen
S. R.
Sehr geehrter Herr Rausch,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 3. Mai zum Thema des Infektionsschutzgesetz-Entwurfes.
Ich kann Ihr Anliegen sehr gut nachvollziehen. Auch in Anbetracht der von Ihnen genannten Gründe haben sich CDU/CSU in der gestrigen Fraktionssitzung dazu entschlossen, die entsprechenden Paragraphen aus dem Gesetzesentwurf zu streichen. Wir haben auf Ihr Anliegen gehört und werden, ganz in Ihrem Sinne, weder eine Impfpflicht, noch einen Immunitätsstatus einführen. Eine Impfpflicht war auch nie Inhalt der Gesetzesentwurfs des Gesundheitsministeriums.
Wie Sie wissen, wurde vom Gesundheitsministerium im Rahmen der aktuellen Corona-Virus-Krise eine Formulierungshilfe für ein zweites Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage erarbeitet. Dieser Entwurf sah vor, dass bei der Anordnung und Durchführung behördlich angeordneter Schutzmaßnahmen in angemessener Weise zu berücksichtigen sei, ob und inwieweit eine Person, die ihre Immunität wissenschaftlich nachweisen kann, von den Maßnahmen ganz oder teilweise ausgenommen werden kann. Wichtig in diesem Zusammenhang wäre eine zweifelsfreie Feststellung einer Immunität, die ausschließt, dass eine Infektionskrankheit von der betroffenen Person übertragbaren werden kann. Der Schutzzweck der behördlich angeordneten Maßnahme sollte dadurch nicht gefährdet werden.
Derzeit kann aber wissenschaftlich noch nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, ob durch vorhandene Antikörper (etwa wegen einer überstandenen Infektion) eine ausreichende Immunität vorhanden ist. Auch eine fehlende Ansteckungsfähigkeit aufgrund eines ausreichenden Impfschutzes kann derzeit nicht sichergestellt werden, da kein Impfstoff zur Verfügung steht.
Außerdem sah der Gesetzentwurf eine Konkretisierung der bereits heute bestehenden Impfdokumentation (§ 22 Infektionsschutzgesetz) und eine Erweiterung dieser Dokumentation auf den Immunitätsstatus vor. Die entsprechenden Passagen wurden jedoch aus dem Gesetzentwurf gestrichen.
Dennoch bleibt es die Aufgabe der Politik, die Verhältnismäßigkeit von behördlichen Maßnahmen in den Blick zu nehmen, wenn diese Maßnahmen die Grundrechte einschränken und die Frage der Verhältnismäßigkeit aufwerfen – insbesondere, wenn in möglicherweise absehbarer Zeit die Immunität durch einen wissenschaftlich zweifelsfreien Antikörpertest oder eine durchgeführte Impfung festgestellt werden kann.
Der Corona-Virus stellt unsere Gesellschaft vor noch nie dagewesene Herausforderungen. Die Entwicklung eines Impfstoffes gegen das neuartige Corona-Virus SARS-CoV-2 wäre bahnbrechend. Impfen ermöglicht es, eine Immunität in weiten Teilen der Bevölkerung zu erreichen und damit die Ausbreitung des Virus faktisch zu beenden oder die Erkrankungsschwere zu vermindern.
Gleichzeitig gehört die Entwicklung eines neuen Impfstoffes zu den größten Herausforderungen der modernen Medizin und kann viele Monate oder auch Jahre in Anspruch nehmen. Zielvorgabe ist die schnellst-mögliche Bereitstellung von verträglichen und wirksamen Impfstoffprodukten in einer ausreichenden Anzahl Dosen, damit die Bürger, die sich gegen das Virus impfen wollen, dazu in der Lage sind.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen alles Gute und bleibende Gesundheit.
Mit herzlichen Grüßen
Anja Weisgerber