Frage an Anja Piel von Michael K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Piel,
Waldorfschulen in Niedersachsen sind aufgrund der niedrigen Finanzhilfesätze des Landes strukturell unterfinanziert. Für den Ausgleich sorgen die Eltern, die durch hohe Schulgelder mehr als 30 Prozent der Schulhaushalte finanzieren und die 600 niedersächsischen Waldorflehrer, die für ein wesentlich geringeres Gehalt arbeiten, als die Kolleginnen und Kollegen an öffentlichen Schulen.
Um auch in Zukunft allen Kindern in Niedersachsen gleichermaßen einen Zugang zu freien Schulen zu ermöglichen – unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern – und um die Lehrer fair bezahlen zu können, muss die Finanzhilfe des Landes aufgestockt werden.
Seit Jahren haben die Waldorfschulen versucht, die jeweiligen Landesregierungen zum Handeln zu bewegen. Bislang ohne Erfolg. Einige Waldorfschulen in Niedersachsen geraten aufgrund der schlechten Finanzierungssituation immer mehr in Schwierigkeiten. Wir brauchen deshalb schnell eine Neuregelung.
Ich bitte Sie daher, mir folgende Fragen zu beantworten:
1. Wird Ihre Partei in der kommenden Legislaturperiode eine Neuregelung der Finanzierung freier Schulen umsetzen? Planen Sie dafür eine Aufstockung der Mittel für freie Schulen im Haushalt?
2. Als besonders ungerecht empfinden wir, dass Bau- und Sachkosten, die bei staatlichen Schulen von Städten und Kommunen getragen werden, bei Waldorfschulen auf den Eltern lasten. Werden Sie etwas daran ändern?
3. Was wollen Sie tun, um mehr Kindern aus Familien mit geringem Einkommen den Besuch einer Waldorfschule zu ermöglichen? Ist ein einkommensabhängiger Schulgeldzuschuss für einkommensschwache Familien ein möglicher Lösungsansatz?
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Mail, mit der Sie nach unseren Vorstellungen zu einer Neuregelung der Finanzierung der Waldorfschulen fragen.
Die Freien Schulen haben für uns einen hohen Wert, weil sie mit ihren Angeboten zu einer vielfältigen Schullandschaft beitragen.
Uns ist bewusst, dass die Finanzhilfe des Landes an die Entwicklungen des Schulwesens angepasst und weiterentwickelt werden muss. Wir begrüßen deshalb, dass die rot-grüne Landesregierung eine Arbeitsgruppe „Überprüfung und Neuordnung des Finanzhilfesystems“ eingerichtet hat. Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe wollen wir abzuwarten.
Zu Ihren Fragen möchte ich folgendermaßen Stellung nehmen:
1. Ja, wir wollen in der kommenden Legislaturperiode eine Neuregelung der Finanzierung der Freien Schulen vornehmen. Vergleichbar zu den Ausgaben für die Schulen in öffentlicher Trägerschaft werden auch die Mittel für Freie Schulen aufzustocken sein.
2. Wir können Ihren Wunsch nachvollziehen, dass auch die Bau- und Sachkosten übernommen werden. Hierfür wären jedoch - ebenso wie bei den Schulen in öffentlicher Trägerschaft - die Kommunen zuständig. Das Land übernimmt diese Kosten auch bei den Schulen in öffentlicher Trägerschaft nicht.
3. Die Finanzhilfe für Freie Schulen orientiert sich, vereinfacht gesagt, an den Kosten, die an den staatlichen Schulen pro Schüler*in für das Lehrpersonal entstehen. Diese Kosten sind unabhängig von der Einkommenssituation der Eltern der Schüler*innen. Wenn sich die Finanzhilfe für Freie Schulen an der Einkommenssituation der Eltern orientieren sollte, wäre das eine grundlegende Umstellung. Eine Vergleichbarkeit mit den Kosten für die öffentlichen Schulen wäre nicht mehr gegeben.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Piel