Frage an Angelika Weikert von Peter M. bezüglich Wirtschaft
Wir erfahren fast täglich von politischen Initiativen zugunsten von Menschen mit Immigrationshintergrund. Schwerpunkt sind Überlegungen, wie man den weniger qualifizierten bzw. fleißigen Einwanderern mit öffentlichen Mitteln helfen kann.
Andererseits entsteht eine gefährliche Lage für die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft , wenn uns pro Jahr ca. 160000 meist gut ausgebildete, tüchtige und jüngere Leute durch Auswanderung verlassen, nachdem sie von anderen Ländern in der EU und außerhalb gute Angebote erhielten.
Welche Konzepte, Parteitagsbeschlüsse usw. hat die SPD, um im internationalen Wettbewerb um Leistungsträger Deutschland attraktiver zu machen bzw. die Wettbewerbsnachteile (z. B. Steuerrecht) abzuschwächen?
Sehr geehrter Herr Mertens,
Zur Attraktivität des Standorts Deutschland möchte anmerken: Das Forbes Magazine stufte Deutschland als drittbesten Wirtschaftsstandort der Welt hinter den USA und der Volksrepublik China und mit Abstand vor anderen EU-Staaten ein. Gründe dafür waren unter anderem hochqualifizierte Arbeitskräfte sowie gut ausgebaute Infrastruktur. Deutschland ist im internationalen Wettbewerb attraktiv. Dennoch, tatsächlich verlassen mehr sogenannte hochqualifizierte Spitzenkräfte Deutschland, als ausländische Experten nachkommen. In meinen Augen sind ein Grund die Lehr- und Forschungsbedingungen an den deutschen Unis. Um Zahlen zu nennen: im OECD-Durchschnitt sind die Ausgaben für die Universitäten in den letzten 6 Jahren um gut 47% gestiegen – in Deutschland nur um 14%. Auch erscheint die deutsche Uni manchem als zu starr und zu bürokratisch, ein Grund zu gehen oder gar nicht erst zu kommen. Ein weiterer Grund ist der hohe bürokratische Aufwand für ausländische Fachkräfte: Visum und Arbeitserlaubnis sind schwierig zu bekommen, der Vorgang dauert lange.
Ich weiß, dass Spitzenforschung vor allem im internationalen Umfeld gut gedeiht. Doch wir müssen auch mehr für unsere eigenen Hochqualifizierten tun – und unsere Unis sind auch in Bayern chronisch unterfinanziert.
Die Integration von Migrantinnen und Migranten ist in diesem Jahr oft Thema der öffentlichen Debatte gewesen. Leider sind es immer die negativen Schlagzeilen, die eine Diskussion auslösen und nicht die vielen positiven Beispiele gelungener Integration. Das Thema Integration von Migranten beinhaltet unterschiedliche Fassetten, wobei der Spracherwerb und die berufliche Integration von herausgehobener Bedeutung sind. Die Wissenschaft ist sich einig: mit guten Sprachkenntnissen und einer guten Arbeit gelingt die Integration von Menschen aus der ganzen Welt viel leichter. Seit mehr als 50 Jahren zählen Migrantinnen und Migranten in Deutschland zum festen Bestandteil der Arbeitswelt. Damals gab es noch eine große Zahl Arbeitsplätze für gering Qualifizierte. Inzwischen sind immer weniger solcher Stellen vorhanden. Wer nicht die notwendige Ausbildung für einen Beruf vorweisen kann, wird es künftig schwer haben, Arbeit zu finden. Vor diesem Hintergrund ist jeder Euro, der in eine Berufsqualifizierung von Menschen gesteckt wird, sein Geld mehr als Wert.
Die SPD tritt für folgende Maßnahmen ein:
- Erwachsene sollen eine zweite Chance erhalten, um einen qualifizierten Schul-oder Berufsabschluss erlangen zu können.
- Bei Einwandereren mit erlerntem Beruf sind oft Zeugnisse nach unserem Standard nicht vorhanden. Die Möglichkeit der „Externenprüfung“: ein Weg, um aufgrund langjähriger Berufserfahrung einen staatlich anerkannten Berufsabschluss (IHK) zu erhalten, muss ausgebaut werden.
- Zwei Drittel aller deutschen Jugendlichen erhalten einen Ausbildungsplatz. Bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist es nur ein Viertel. Hier müssen wir ganz früh im Leben eines Kindes ansetzen: mit einem kostenlosen, verpflichtendem letzten Kindergartenjahr, mit einem gerechten Schulsystem, mit individueller Förderung.
Weitere Informationen zu SPD-Positionen können Sie über www.bayernspd.de oder über meine persönliche Homepage, www.angelika-weikert.de, erhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Weikert