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Frage von Jürgen G. •

Frage an Angelika Klein von Jürgen G. bezüglich Soziale Sicherung

Wie wollen Sie daran mitwirken, dass vom Kind in der Schule bis zu den Erwachsenen wieder größere Motivation besteht, Leistung für sich selbst und für die Gesellschaft zu erbringen, statt auf spätere Alimentierung des Staates zu hoffen?
Eingeschlossen in die Frage ist selbstverständlich auch die Befähigung zu ehrenamtlichem Engagement.

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Sehr geehrter Herr Grobe,

vorausgesetzt, dass Sie und ich das Gleiche unter Leistung verstehen, sehe ich ganz große Möglichkeiten, die Motivation zu heben, darin, dass sich Leistung für möglichst viele wieder lohnt. So lange jedoch gut ausgebildete Facharbeiter keinen dauerhaften Arbeitsplatz finden, Akademiker jahrelang über schlecht oder nicht bezahlte Praktikumsplätze versuchen müssen, eine Anstellung zu finden und viele junge Menschen oder auch Arbeitslose gar keine Chance sehen, jemals (wieder) ins Berufsleben zu kommen, ist die Motivation zu Leistungsbemühungen verständlicher Weise nicht hoch. Das Gleiche gilt für Kinder, die dies in der Familie und im Umfeld erleben
müssen. Damit bekommt ihre Frage jedoch eine gesellschaftliche Dimension. Um Leistungen zu erbringen, brauchen alle Kinder, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern, die Chance, sich das Wissen, die Fertigkeiten und auch die sozialen Kompetenzen anzueignen, die es ihnen ermöglichen, selbstbestimmt ihr Leben zu gestalten, dass sowohl bürgerschaftlichen Engagement wie auch lebenslanges Lernen einschließt.
Das Leistungsprinzip ist durch das in Deutschland zur Perfektion betriebene Selektionsprinzip außer Kraft gesetzt. Bereits der Zugang zur Kindertagesstätte ist selbst dort, wo er gegeben ist, nicht unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Deshalb muss der Ganztagsanspruch für alle Kinder bei der Kinderbetreuung wieder hergestellt werden. Gerade in diesem Alter werden wichtige Grundlagen für die Fähigleiten und Fertigkeiten gelegt, die Kinder benötigen, um überhaupt Leistungen erbringen zu können.
Wir brauchen dann eine Schule für alle Kinder, die jede Schülerin und jeden Schüler individuell fördert. Gegenwärtig werden rund 30 % der Schülerinnen und Schüler des Sekundarschuljahrgangs nach der sechsten Klasse in Sachsen-Anhalt in jenen Unterricht eingewiesen, der auf den Hauptschulabschluss am Ende der 9. Klasse orientiert ist. Mit einem solchen Abschluss haben sie kaum die Chance, einen zukunftsfähigen Beruf zu erlernen und sind unzureichend für weitere Qualifizierung und weiteres Lernen gewappnet. Die Linkspartei.PDS stellt am 20.Februar einen Schulgesetzentwurf vor, der dem entgegen wirken soll. Längst erwiesen ist aber auch, dass die Auswahl nach der 4. Klasse zum Gymnasium in unverantwortlich großer Zahl Fehlurteile beinhaltet. Wirkliche Leistung - darunter Spitzenleistungen - basieren jedoch auf einer breiten Spitze.
Die immer mehr Raum greifende Forderung nach Studiengebühren, die in CDU-regierten Ländern jetzt umgesetzt wird, geht in dieselbe falsche Richtung. Wer wird privat in ein System, dessen Ruf auch noch schlecht ist, investieren, wenn die Berufschancen fraglich sind.
Zu freiem Bildungszugang von der Kindheit bis zur beruflichen Weiterbildung mit Perspektive gehören Bedingungen, die jeden individuell fördern, dazu gehört, keinen zurückzulassen ebenso, wie besondere Begabungen zu fördern. Wer sich dessen gewiss ist, wird auch eine hohe Motivation haben. Eine staatliche Alimentierung wird dann in viel weniger Fällen noch nötig sein. Sie muss es aber in einer solidarischen Gesellschaft auch geben.

Noch ein Wort zum ehrenamtlichen Engagement. Auch der gesellschaftliche Stellenwert des bürgerschaftlichen Engagements muss ein anderer werden. Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat in seiner Sitzung im Januar 2006 einstimmig einen weit reichenden Beschluss gefasst, denn es in den nächsten Jahren umzusetzen gilt. Ein Problem was hier unbedingt gelöst werden muss, ist die gegenwärtige Praxis, das Aufwandsentschädigungen im Rahmen des bürgerschaftlichen Engagements auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werden. Hier ist eine bundesweite Neureglung notwendig.

Mit freundlichen Grüßen

Angelika Klein