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Frage von Hubertus T. •

Frage an Angelika Graf von Hubertus T. bezüglich Verkehr

Hallo Frau Graf, gibt es ein Gesetz / eine Verordnung o.ä., welche(s) verbietet, dass Deutschland als ein Haupttransitland Autobahngebühren erhebt oder ist dies nur politisch nicht gewollt? Wie ist Ihre Meinung zur Thematik (z.B. Einführung Mautpflicht für alle BAB- Benutzer, event. bei gleichzeitiger Entlastung deutscher Bürger bei der Kfz- Steuer?). Gibt es konkrete Zahlen darüber, wieviel die Bundesrepublik durch eine solche Maßnahme einnehmen würde? Würde das Land Bayern auch daran partizipieren? Danke für die Beantwortung und freundlichen Gruß Hubertus Thomalla.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Thomalla,

vielen Dank für Ihre Abgeordnetenwatch-E-Mail vom 25. September 2008 zum Thema Pkw-Maut.

Eine Pkw-Maut ist politisch nicht erwünscht, das hat die Bundesregierung deutlich gemacht. Die Gründe dafür sind vielfältig: Grundsätzlich gibt es bei einer Pkw-Maut zwei Modelle, eine Pauschale zum Beispiel für ein Jahr kombiniert mit einer Pauschale für die begrenzte, kurzzeitige Autobahnnutzung sowie als Alternative eine Gebühr für die tatsächliche Streckennutzung analog zur Lkw-Maut. Beide Modelle haben allerdings erhebliche Schwachstellen.

Bei einer streckenbezogenen Pkw-Maut entstünde zusätzliche Bürokratie und die Frage nach der technischen Machbarkeit, Umsetzung und daraus resultierenden Kosten. Hinzu käme die Gefahr der Verlagerung des Verkehrs weg von den Autobahnen hin zu den Bundes-, Staats- und Kreisstraßen, verbunden mit einer zusätzlichen Lärmbelastung für die Anwohner. Dies ist bereits heute ein hartnäckiges Problem durch die Lkw-Maut. Eine Pauschale/Vignette auf der anderen Seite ist aus umweltpolitischer Sicht fragwürdig, weil Vielfahrer damit begünstigt würden, während "sparsame" Fahrer relativ die stärkste Belastung hätten. Es ließe sich wohl kaum mit den klimapolitischen Zielen der Bundesregierung verbinden, nun einen Bonus für Vielfahrer einzuführen und es wäre auch als Signal falsch.

Die Diskussion um eine Abgabe der Pkw-Fahrer für die Benutzung der Autobahnen wurde in den letzten Jahren vor allem vom Vorschlag der CSU bestimmt, eine Vignette für Pkw-Fahrer einzuführen und im Gegenzug die Mineralölsteuer zu senken. Dies sei angeblich eine Lösung gegen Tanktourismus. Die SPD hat den Vorschlag abgelehnt und auch ich persönlich hielte ein solches Vorgehen für falsch, weil die Mineralölkonzerne nicht lange brauchen würden, um die Benzinpreise wieder auf das alte Niveau zu hieven. Am Ende hätten die Bürgerinnen und Bürger wieder die alten Preise plus eine Vignette zu stemmen und auch der Tanktourismus bliebe erhalten. Die Mineralölkonzerne könnten sich dagegen über zusätzliche Einnahmen freuen.

Ich hatte den Eindruck, dass die CSU mit der ganzen Debatte eigentlich auch nur von ihren vollmundigen, vor der damaligen Bundestagswahl gemachten Versprechen in Sachen Tanktourismus ablenken wollte, indem sie -- zumindest was das Reden betrifft -- Aktivität zeigt. Und die einzig verbliebene realistische, leider aber auch sehr langfristige, Lösung -- nämlich die europaweite Angleichung der Mineralölbesteuerung -- taugt nicht unbedingt als Wahlkampfschlager.

Die ganze Debatte wurde immer undurchsichtiger und sogar noch unseriöser, weil es auch immer mal wieder hieß, man könne mit einer Pkw-Vignette nicht nur die Mineralölsteuer senken sondern auch die den Länder zustehende Kfz-Steuer abschaffen und obendrein könne man sie für Gegenfinanzierung neuer Straßenbauinvestitionen verwenden. Dazu wurde eine Höhe für die Pkw-Vignette gefordert, bei der klar war, dass das für die Gegenfinanzierungspläne überhaupt nicht ausreichen würde, unabhängig davon ob man die Idee gut oder schlecht findet. Laut ADAC hätten die Mehreinnahmen durch die von der CSU vorgeschlagene Pkw-Vignette insgesamt 3 Milliarden Euro eingebracht und nicht die von der CSU zunächst genannten 7 Milliarden Euro und die später von der CSU genannten 4,5 Milliarden Euro. Wie groß die zusätzlichen Einnahmen für Bayern wären, lässt sich nicht sagen. Dazu müsste verhandelt werden, welchen Anteil die Länder erhielten. Ich habe allerdings ohnehin noch keinen Vorschlag für die Pkw-Maut gehört, bei der die Einnahmen nicht sowieso schon gleich wieder für andere Maßnahmen verplant worden wären, teilweise sogar gleich mehrfach, so dass netto ohnehin nichts übrig bliebe.

Die Frage, wozu eine Pkw-Maut eigentlich gut sein soll, konnte bisher nicht hinreichend beantwortet werden. Gegen den Tanktourismus würde sie nicht helfen, zur Senkung der Kfz-Steuer wäre sie ein Nullsummenspiel, je nach Ausgestaltung aber klimafeindlich und zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur zahlen die Autofahrer bereits verbrauchsabhängig mit der Mineralöl- sowie mit der Kfz-Steuer. Das CSU-Argument für eine Pkw-Vignette nach dem Motto, dass dann auch die ausländischen Autofahrer bei ihren Urlaubsreisen in Deutschland zur Kasse gebeten werden, so wie das bei deutschen Urlaubern zum Beispiel in Österreich der Fall ist, ist purer Populismus. Der ADAC hat auch hier darauf hingewiesen, dass die Mehreinnahmen aus einer Autobahngebühr durch ausländische Autofahrer nicht einmal die Erhebungskosten decken würden. Erwähnt sein muss hier zudem, dass Touristen, die in Deutschland mit dem Auto unterwegs sind, in der Regel auch hier tanken (müssen) und sich insofern bereits an der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland beteiligen.

In Sachen Kfz-Steuer wird derzeit in der Großen Koalition diskutiert, wie eine Umgestaltung aussehen könnte, um die richtigen Anreize zu setzen. Ziel dabei ist es, umweltfreundliche Neufahrzeuge zu begünstigen. Das halte ich für den richtigen Weg. Und hierzu braucht es keine Pkw-Maut.

Mit freundlichen Grüßen
Angelika Graf