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Frage von Brajkovic Z. •

Frage an Angelika Graf von Brajkovic Z. bezüglich Familie

Als Aktiver Christ Stelle ich euch die Frage,
was haltet ihr von Christlichen Werten die, die Bibel vorgibt?
Kann den ein Christlich geprägtes Europa den eine Türkei verkraften?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Zvonimir,

christliche Werte, wie z.B. die gegenseitige Sorge füreinander, sind ein selbstverständlicher Bestandteil der deutschen Politik. Unser Gesundheitssystem basiert z.B. auf der Solidarität der jungen, gesunden als auch besserverdienenden Menschen mit den alten, kranken sowie geringverdienenden Menschen. Diese Solidarität im Gesundheitssystem will die SPD im Rahmen der Bürgerversicherung ausbauen, indem auch Einkommen aus Kapital, Selbständige, Politiker und Beamte mit in die Bürgerversicherung einbezogen werden. CDU und CSU wollen auf der anderen Seite mit einer Kopfpauschale die Solidarität im Gesundheitssystem reduzieren, indem Jede/r in Zukunft einen gleich hohen – und nicht mehr vom Einkommen abhängigen Beitrag – leisten soll.

Auch das deutsche Steuersystem kennt die Solidarität – starke Schultern tragen bei uns durch die so genannte Progression mehr als schwache Schultern. Wer mehr verdient, der muss auch einen höheren Steuersatz zahlen. Bei unserer Steuerreform, mit der wie die exorbitant hohe Steuerlast der damaligen CDU/CSU-geführten Bundesregierung erheblich senken konnten, haben wir die Progression nicht in Frage gestellt, denn es sank nicht nur der Spitzensteuersatz, sondern auch der Eingangssteuersatz auf den niedrigsten Stand in der Geschichte Deutschlands. Da ich weiterhin am Prinzip festhalten will, dass starke Schultern mehr tragen müssen und können als schwache Schultern, lehne ich die Vorschläge von Paul Kirchhof, der von CDU und CSU als neuer Finanzminister gehandelt wird, entschieden ab. Ich finde es falsch, dass demnach ein Millionär den gleichen Steuersatz wie eine Kindergärtnerin zahlen soll. Dies würde die Solidarität im Steuersystem einer sozialen Marktwirtschaft beenden, das auch auf der katholischen Soziallehre basiert.

Auch in anderen Bereichen findet christliches Gedankengut Niederschlag in praktischer Politik. So ist es z.B. ein wichtiges Ziel der SPD, die Natur als unsere Lebensgrundlage zu bewahren und sie nicht allen wirtschaftlichen Interessen unterzuordnen, so wie dies CDU und CSU fordern. Glücklicherweise zeigt sich z.B. der Bereich der erneuerbaren Energie, dass Umweltschutz und Wirtschaft auch Hand in Hand gehen können. Durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das CDU und CSU bei gleichzeitiger Rückkehr zur Atomkraft stutzen wollen, sind wir mittlerweile Exportweltmeister beim weltweiten Wachstumsmarkt der Wind- und Solaranlagen, als auch führend bei der Reduzierung der umweltschädigenden Treibhausgase.

Zum EU-Beitritt der Türkei halte ich es mit Papst Benedikt XVI, der einen Dialog zwischen Christen und Muslimen fördern will. Ich halte nichts davon – so wie CDU/CSU es tun – mit Fremdenfeindlichkeit Wahlkampf zu machen. Wenn die Türkei die wirtschaftlichen, menschenrechtlichen, sozialen und rechtlichen Kriterien erfüllen sollte, dann wäre eine Sonderbehandlung („privilegierte Partnerschaft“) unsachlich und würde den extremistischen Kräften im Land erheblichen Auftrieb geben. Ich bin mir sicher: Ein christliches Europa würde die Aufnahme der Türkei – unter den kurz beschriebenen Bedingungen – verkraften, denn dies würde den vom Papst vorgeschlagenen Dialog der Religionen noch stärker mit Leben füllen. Eine unbegründete Absage an die Türkei wäre übrigens auch eine Absage an die hier lebenden Türken als auch die Deutschen türkischer Herkunft und würde die Integrationsmaßnahmen untergraben.

Ich muss allerdings auch klarstellen, dass es in Deutschland zu Recht eine Trennung zwischen Politik und Kirche gibt. Christliche Werte wie Nächstenliebe, Toleranz und Menschlichkeit sollen und müssen die deutsche Politik beeinflussen. Allerdings sollte die Politik nicht im Namen der Kirche die Lebensführung der Menschen vorschreiben. So ist der Papst z.B. gegen die von uns eingeführten „Eingetragenen Lebenspartnerschaften“ für gleichgeschlechtliche Paare. Ich halte sie allerdings – ganz im Sinne des Prinzips der Nächstenliebe – für eine notwendige rechtliche Absicherung einer Partnerschaft, in der christliche Werte gelebt werden und wo Verantwortung füreinander übernommen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Angelika Graf