Frage an Angelika Graf von Linda R. bezüglich Gesundheit
Sehr verehrte Frau Graf
Ich 52 und seit ca 10 Jahren berentet wegen schwerer erkrankung,meine Frage: Warum wird mein Mann dafür bestraft das ich Rente beziehe, da eh schon ein halbes Gehalt abgeht und uns das Geld hinten und vorne nicht reicht.Muss er nun meine Rente am Jahresende mit versteuern und vorauszahlungen leisten die wir uns gar nicht leisten können.
Warum nimmt uns unser Staat Geld weg ,das eigentlich nicht vorhanden ist?Wir wissen nicht mehr wo wir das Geld für die Steue-vorauszahlung hernehmen sollen! Bitte sprechen Sie
dieses Thema das bestimmt viele betrifft, einmal an vielleicht können sie uns helfen,vielen Dank, sollten sie diese email wirklich lesen. Linda Richter Prien am Chiemsee
Sehr geehrte Frau Richter,
vielen Dank für Ihre Abgeordnetenwatch-E-Mail vom 12. März 2008.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind zwar schon seit jeher steuerpflichtig, unterlagen aber nur mit einem niedrigen Ertragsanteil der Einkommensteuer. Pensionen wurden dagegen grundsätzlich in voller Höhe besteuert. Das Bundesverfassungsgericht hatte diese unterschiedliche Behandlung der Alterseinkünfte als verfassungswidrig eingestuft und den Gesetzgeber zum Handeln gezwungen. In der Folge trat ab 2005 das Alterseinkünftegesetz in Kraft. Um die Rentnerinnen und Rentner nicht über Gebühr zu belasten, wurde darin eine langfristige, schrittweise Lösung beschlossen, die erst im Jahr 2040 abgeschlossen ist. Am Ende soll stehen, dass Renten voll besteuert werden, während alle Aufwendungen für die Altersvorsorge im Gegenzug steuerfrei werden sollen.
Für Rentnerinnen und Rentner, die 2005 bereits oder erstmals Rente bezogen, wurde festgeschrieben, dass 50 Prozent der Rente der Besteuerung unterliegt. Dieser Wert musste gewählt werden, um die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu erfüllen. Dabei musste zudem eine Doppelbesteuerung ausgeschlossen werden. Der Hintergrund ist, dass die Beiträge zur Rentenversicherung für diese Rentnerjahrgänge in der Erwerbsphase zu mindestens 50 Prozent steuerfrei waren – nämlich in Form des steuerfreien Arbeitsgeberanteils zur Rentenversicherung. Es bleibt für die jeweiligen Neurentner eines Jahres dann immer bei dem einmal festgelegten Steueranteil. Wer also z.B. 50 Prozent der Rente besteuern muss, bleibt dann bei diesem Prozentsatz und muss lebenslang keine volle Steuer auf die Rente entrichten, weil er/sie ja auch während der Erwerbsphase nicht alle Beiträge zur Rentenversicherung steuerfrei erhielt.
Wer erst in einigen Jahren in Rente geht, muss dann lebenslang den im entsprechenden Jahr festgelegten Anteil der Rente versteuern. Ihr erwerbstätiger Mann wird also einen höheren Anteil seiner Rente versteuern müssen, er wird aber bis zu seinem Renteneintritt auch mehr an Altersvorsorgeaufwendungen von der Steuer absetzen können. Bis zum Jahr 2020 gibt es eine jährliche Steigerung in Schritten von 2 Prozent auf 80 Prozent. Daran schließen sich Schritte von 1 Prozent bis zum Jahr 2040 auf 100 Prozent an. Erst wer im Jahr 2040 in Rente geht, muss dann für seine gesamte Rente Steuern zahlen.
Im Jahr 2005 blieben auf der anderen Seite mindestens 60% der von Arbeitgeber und Arbeitnehmer geleisteten Rentenversicherungsbeiträge sowie Beiträge für die so genannte Rürup-Rente (eine private Leibrente, die frühestens ab 60 Jahren in Monatsbeträgen ausgezahlt wird) steuerfrei. Dieser Anteil wird in Schritten von 2 Prozentpunkten jährlich bis 2025 auf 100 Prozent erhöht. In 2006 waren 62 Prozent steuerfrei, im Jahr 2007 waren es 64 Prozent usw.. Dabei ist aber zu beachten, dass der steuerfrei erhaltene Arbeitgeberbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung in diese Rechnung miteinbezogen wird. Zudem gibt es Höchstgrenzen, die bei 20.000 Euro im Jahr liegen (Verheiratete: 40.000 Euro). Die Steuerfreiheit für die Altersvorsorgeaufwendungen steigt in jedem Jahr an, bis dann im Jahr 2025 100 Prozent von der Steuer freigestellt werden. Damit soll auch der jüngeren Generation die Möglichkeit gegeben werden, zusätzliche Altersvorsorge zu finanzieren.
Die große Mehrheit der alleinstehenden Rentnerinnen und Rentner sowie der reinen Rentnerhaushalte ist von dem Gesetz nicht negativ betroffen, zusätzliche Kosten entstehen bei diesen auf absehbare Zeit nur, wenn es sich um sehr hohe Renten handelt. Problematisch ist es allerdings, wenn – wie in Ihrem Fall – zu einer Rente noch ein Erwerbseinkommen eines Ehegatten oder andere Einkünfte hinzukommen. In solchen Fällen kann es bei einer gemeinsamen Veranlagung zu deutlichen finanziellen Verschlechterungen kommen. Hier kann es dann auch zur Festlegung von Steuervorauszahlungen durch das Finanzamt kommen, insbesondere wenn es im letzten Steuerbescheid eine größere Nachzahlung gab. Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings keinen Spielraum zugelassen, auch nicht zum Beispiel für Erwerbsminderungsrenten. Ein niedrigerer Besteuerungsanteil für Erwerbsminderungsrenten wäre nur möglich, wenn die Bezieher vorher einen entsprechend höheren Anteil der Rentenbeiträge aus bereits versteuertem Einkommen gezahlt hätten, was aber nicht der Fall ist.
Ich kann Ihnen also leider keine Abhilfe versprechen. Der Gesetzgeber ist an Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts gebunden. Mit dem schrittweisen und langfristig angelegten Modell haben wir versucht, die Belastung so gut es geht abzufedern, auch wenn das leider nicht in jedem Fall möglich ist. Ich kann verstehen, dass dies für Sie nicht zufriedenstellend ist und hätte mir selbst eine verfassungskonforme Umstellung ohne Mehrbelastung gewünscht, was aber nicht ging.
Als einzige Möglichkeit für eine Verbesserung Ihrer konkreten Situation sehe ich lediglich die Nutzung der verschiedenen Freibeträge. Neben den Grundfreibeträgen in Höhe von 7.664 Euro für Alleinstehende und 15.329 Euro für Ehegatten kann zunächst von dem zu versteuernden Rentenanteil noch ein Werbungskosten-Pauschbetrag in Höhe von 102 Euro abgezogen werden. Da Sie unter einer schweren Krankheit leiden, könnten für Sie weitere Möglichkeiten hinzukommen, wie zum Beispiel der Abzug von Krankheitskosten – nach Abzug einer zumutbaren Eigenbelastung – als außergewöhnliche Belastung oder alternativ ein Behinderten-Pauschbetrag, dessen Höhe vom Grad der Behinderung abhängig ist. Eine Zusammenstellung finden Sie zum Beispiel in der Broschüre „Steuertipps für Senioren“ des Bayerischen Finanzministeriums, die Sie gerne beim Ministerium oder meinem Bürgerbüro in Rosenheim unter angelika.graf@wk.bundestag.de anfordern können.
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Graf