Frage an Angelika Graf von Ferdinand B. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Graf,
ich wohne in Amerang und habe schon jetzt das Problem, dass mir am Wochenende faktisch kein öffentliches Verkehrsmittel zur Verfügung steht. Deshalb ist für mich der Erhalt und möglichst der Ausbau der Bahn ein Herzensanliegen. Ich möchte preiswert, aber insbesondere komfortabel nach München fahren können. Nun meine Fragen an Sie:
1. Sind Sie gegen oder für die Privatisierung der DB, d.h. für oder gegen die Trennung von Schiene und Bahn?
2. Was tun Sie bzw. die SPD um den öffentlichen Nahverkehr bei uns,- durch einen Ausbau der Linie zwischen Wasserburg u. München-Ost - voran zu bringen?
Gruss
Brod
P.S. Das Verhalten eines Abgeordneten in dieser Frage ist für mich von großer Bedeutung bei Vergabe meiner Stimme!
Sehr geehrter Herr Brod,
vielen Dank für Ihre Abgeordnetenwatch-E-Mail vom 31. August 2007.
Die Diskussion um die Teilkapitalprivatisierung der Deutschen Bahn ist derzeit noch in vollem Gange. Erst am Montag war sie das Hauptthema in der Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion. Nach bisherigem Stand soll der Bund maximal 49,9% der Anteile an der DB AG Holding verkaufen und zu 100% Eigentümer der Infrastruktur, also der Schienen und Bahnhöfe, bleiben. Die Teilkapitalprivatisierung hat das Ziel, die Kapitalausstattung der Deutschen Bahn zu verbessern und die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens langfristig im liberalisierten europäischen Schienengüter- und Personenverkehr zu sichern. Eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung soll dabei die Qualität des Fern- und Regionalnetzes garantieren, während über die Bundesnetzagentur gleichzeitig der Wettbewerb zugunsten der Kunden verbessert werden soll. Dieses Vorhaben unterstütze ich grundsätzlich.
Es gibt für mich aber noch viele Fragezeichen in Bezug auf die Reform. So behält zwar der Bund nach bisheriger Planung das Schienennetz – er soll es aber der Bahn für die wirtschaftliche Nutzung zeitlich begrenzt überlassen. Hier ist aus meiner Sicht noch nicht abschließend geklärt, wie praxistauglich die zeitlich begrenzte Überlassung ist und ob der Einfluss des Bundes in diesem Modell ausreicht, um negative Entwicklungen zu Lasten der Kunden zu unterbinden. Eine Gruppe von SPD-Abgeordneten hat daher eine Änderung des Gesetzentwurfes vorgeschlagen, wonach u.a. nur stimmrechtslose Vorzugsaktien ausgegeben werden sollen, um den Einfluss von potenziellen Investoren auf den Kurs der Deutschen Bahn zu reduzieren. Ob dies ein besserer bzw. praktikabler Weg ist und ob eine solche Änderung in der Großen Koalition durchsetzbar wäre, kann ich Ihnen noch nicht sagen.
Bei der konkreten Ausgestaltung des entsprechenden Gesetzes ist mir persönlich vor allem wichtig, dass die Schiene damit tatsächlich gestärkt, die Zukunft der Deutschen Bahn langfristig gesichert wird und sich das Angebot für die Kunden verbessert. Streckenstilllegungen aus wirtschaftlichen Interessen eines potenziellen Investors müssen verhindert werden. Für diese Ziele werde ich mich auch im weiteren parlamentarischen Verfahren einsetzen.
Der Regionalverkehr, um den Sie sich zu Recht sorgen, ist in erster Linie Aufgabenbereich der Länder. D.h. für die Finanzierung und Bereitstellung eines bedarfsgerechten Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Bayern bzw. Amerang ist die Staatsregierung verantwortlich. Die Bundesländer werden bei dieser Aufgabe aber vom Bund mit jährlich rund 7 Mrd. Euro unterstützt. Ab 2009 sollen diese Regionalisierungsmittel wieder jährlich um 1,5 Prozent steigen, nachdem es zuvor Kürzungen gab, u.a. weil sich die Länder bis dahin geweigert hatten, vollständig offenzulegen, wofür sie das Geld tatsächlich verwenden. Hintergrund ist der Verdacht, dass manche Länder das Geld für Bereiche verwendet haben, die ohnehin alleinige Aufgabe der Länder sind und keiner Zuwendung des Bundes bedürfen (z.B. Schülertransport), um so den Haushalt auf Kosten des Bundes zu entlasten. Die bayerische Staatsregierung hatte sich leider auch geweigert, komplett offenzulegen, ob sie Regionalisierungsgelder für die Transrapidplanung verwendet. Die kommende Erhöhung ist deswegen daran geknüpft, dass die Länder künftig jährlich über die Verwendung der Mittel unterrichten. Zusätzlich gab es das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, das in Folge der Föderalismusreform entfiel aber durch neue Zuweisungen des Bundes ersetzt worden ist.
In Bayern kämpft die BayernSPD dafür, dass die Mittel für den ÖPNV deutlich aufgestockt werden, insbesondere nachdem die eigenen, bayerischen Mittel hierfür auf Beschluss der CSU von der Staatsregierung und gegen den scharfen Protest der SPD-Landtagsfraktion in 2004 um rund 40 Prozent, also dramatisch gekürzt worden sind. Die Gemeinden und Gemeindeverbände erhielten dadurch deutlich weniger Mittel für den ÖPNV. Die jetzige leichte Aufstockung durch die Staatsregierung reicht leider bei weitem nicht aus, um ein wirklich bedarfsgerechtes Angebot auch im Landkreis Rosenheim bereitzustellen.
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Graf