Frage an Angelika Graf von Oreste M. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Graf,was ist von seiten der Parteien und der Bundesregierung geplant um den Millionenbetrug mit den Chipkarten der Krankenkassen einzudämmen - besser unmöglich zu machen?
Mit freundlichen Grüßen
Oreste May
Sehr geehrte Frau May,
vielen Dank für Ihre Abgeordnetenwatch-E-Mail vom 16. Juni 2007 zum Thema Betrug mit Krankenkassen-Chipkarten.
Es gibt zahlreiche Berichte über den Betrug mit Krankenkassen-Chipkarten. Dieser Betrug hat laut den Berichten zwei Gesichter. Demnach kaufen oder „leihen“ Menschen ohne eigene Krankenversicherung eine alte aber noch gültige Karte, die nicht der Krankenkasse zurückgegeben wurde, oder auch die aktuelle Karte von einem Versicherten. Anderseits gibt es leider offenbar auch Ärzte, die solche Karten sammeln und/oder aktuelle Karten nehmen und auf diesen Karten – teilweise mit und teilweise ohne Einverständnis des Versicherten, manchmal auch gemeinsam mit Apotheken – diverse Dinge abrechnen, um sich selbst und teilweise auch den mitspielenden Versicherten bzw. die Apotheken zu bereichern. Es handelt sich in allen Szenarien um Betrug, der strafbar ist und gesetzlich geahndet wird.
Dieser Betrug muss von der Selbstverwaltung von Krankenkassen und Ärzten, welche die medizinische Versorgung in Deutschland organisiert, vor allem aber von den Krankenkassen selbst aufgedeckt werden, denn diese sind nicht nur die Hauptgeschädigten sondern verfolgen auch die Abrechnungen der Ärzte bzw. Versicherten und können z.B. mithilfe von Plausibilitätsprüfungen, Rasterfahndung und regionalen Aufklärungsgruppen verdächtige Fälle eigenständig untersuchen und aufdecken. Manche Krankenkassen haben den Patienten auch die Möglichkeit gegeben, kostenlos einen Einblick in die Abrechnungen der näheren Vergangenheit zu erhalten, um die dort angegebenen Arzneimittel und Leistungen auf den Wahrheitsgehalt zu überprüfen und Hotlines für die Versicherten zur Meldung von Betrugsverdacht durch Ärzte eingerichtet. Teilweise setzen die Kassen mittlerweile auch Karten ein, die mit ihrem Ablauf direkt ungültig werden und nicht mehr weiter verwendet werden können.
Neben den Krankenkassen tragen vor allem die Kassenärztlichen Vereinigungen Verantwortung, als auch die Patienten selbst. Um festzustellen, ob die Chipkarte tatsächlich der Person gehört, die in der Praxis erscheint, haben Ärzte z.B. die einfache Möglichkeit, die Vorlage des Personalausweises oder Führerscheins zu verlangen und diesen dann mit der Chipkarte abzugleichen. Die Mehrheit der Ärztefunktionäre vertritt allerdings die Position, dass die Kontrolle alleine Aufgabe der Kassen ist.
Bereits mit der letzten Gesundheitsreform vor einigen Jahren wurde das Recht auf eine Patientenquittung eingeführt. So können Patienten beispielsweise vom Arzt bzw. der Ärztin eine Quittung über die von ihm/ihr abgerechneten Leistungen verlangen und so kontrollieren, ob die abgerechneten Leistungen auch tatsächlich erbracht wurden und Unregelmäßigkeiten z.B. der Krankenkasse melden. Leider gibt es noch keine Pflicht der Ärzte, auch ohne Nachfrage der Patienten eine Abrechnung vorzulegen. Diese Forderung der SPD nach mehr Transparenz scheiterte bisher leider an CDU und CSU.
Der Betrug durch Menschen ohne eigene Krankenversicherung wird künftig aber allein schon dadurch zurückgedrängt, dass vor kurzem mit der Gesundheitsreform eine Versicherungspflicht beschlossen wurde, die ab dem 1.1.2009 für alle Menschen in Deutschland (seit dem 1.4.2007 gilt sie schon für diejenigen, die der Gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen sind) gilt. Die Zahl der Menschen ganz ohne Krankenversicherung und damit die betrügerische Inanspruchnahme fremder Chipkarten durch Nicht-Versicherte wird – als Nebeneffekt dieser Maßnahme – deutlich sinken.
Der größte Schritt zur Bekämpfung von Chipkarten-Mißbrauch wird allerdings mit der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte getan. Denn die elektronische Gesundheitskarte wird ein Foto des/der Versicherten enthalten, so dass fremde Karten nicht mehr ohne weiteres benutzt werden können. Das aktuelle Versicherungsverhältnis kann zudem über die Karte online aktualisiert werden, um nicht mehr gültige Karten aus dem Verkehr zu ziehen und damit den Handel bzw. die Nutzung alter Karten zulasten der Versichertengemeinschaft generell zu beenden.
Die elektronische Gesundheitskarte befindet sich nach den Labortests zurzeit in den Feldtests und wird in verschiedenen Regionen Deutschlands in der Praxis getestet. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Tests soll die elektronische Gesundheitskarte schrittweise flächendeckend eingeführt werden. Der genaue Zeitpunkt steht allerdings noch nicht fest.
Grundsätzlich werden alle Bemühungen seitens der Kassen, der Ärzte und der Bundesregierung Betrug im Gesundheitswesen nicht komplett unmöglich machen können. Wir gehen aber schrittweise voran, Betrug so gut es geht zu erschweren bzw. zu verhindern und ein Schlupfloch nach dem anderen zu stopfen.
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Graf