Frage an Angelika Graf von Juergen K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Graf,
eine Frage zum Abstimmungsverhalten:
- eigentlich ist der Abgeordnete ja nur seinem Gewissen verantwortlich.
Trotzdem greift bei Abstimmungen in der Regel der Fraktionszwang. Im Gegenteil: es wird schon als "Heldentat" verkündet, wenn der Abgeordnete bei Entscheidungen ausnahmsweise von seinem Gewissen Gebrauch machen darf und nicht dem Fraktionszwang unterliegt.
Wären Sie so nett und könnten mir erläutern, warum Fraktionszwang über der Gewissensentscheidung steht.
Sehr geehrter Herr Kunz,
ich danke Ihnen für Ihre „Abgeordnetenwatch-E-Mail“ vom 9. Dezember 2006, in der Sie den Fraktionszwang ansprechen.
Der Fraktionszwang steht, anders als von Ihnen vermutet, nicht über der Gewissensentscheidung. Jede/r Abgeordnete kann bei jeder Abstimmung nach dem eigenen Gewissen abstimmen. Allerdings würde ein Verzicht auf jede Fraktionsdisziplin unweigerlich zum Chaos führen und die Regierungsarbeit praktisch unmöglich machen. Hinzu kommt, dass nicht alle Abgeordneten – allein schon aus Zeitgründen – zu jeder der unzähligen und tief ins Detail gehenden Gesetzesvorlagen eine eigene Meinung entwickeln können. Die Abgeordneten müssen sich daher in vielen Fällen auf die Einschätzung und Arbeit der Kollegen verlassen und darauf vertrauen. Ich hielte insofern einen völligen Verzicht auf Fraktionsdisziplin für falsch.
Im Übrigen sollte eine gegen die Fraktionsdisziplin gehende Entscheidung – aus Gewissensgründen – nur der letzte Weg sein, denn besser ist es immer, etwaige Bedenken bereits vor der Abstimmung zu thematisieren und auf eine Änderung der Vorlage zu drängen. Wenn eine Änderung nicht durchsetzbar ist, dann muss man sich meiner Meinung dem Mehrheitswillen der Fraktion beugen. Eine Ausnahme sind dabei für mich echte Gewissensentscheidungen – so habe ich beispielsweise gegen den Libanon-Einsatz gestimmt.
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Graf