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Frage von Christian M. •

Frage an Angelika Graf von Christian M. bezüglich Frauen

In manchen Gleichberechtigungsforen wurde festgestellt das es gesetzliche Diskriminierungen und Benachteiligungen nur noch gegen Männer gibt. Es wurde mal eine Diskriminierungsliste erstellt und was hat bisher die SPD getan um die Diskriminierungen und Benachteiligungen gegen Männer abzustellen? Die Interessen der Männer bzw. Männerpolitik wird diese von der SPD vertreten?

Diskriminierungsliste:
- Allgemeine Wehrpflicht: Nur Männer sind verpflichtet, obwohl grundsätzlich auch Frauen für den Militärdienst geeignet sind.
Lösungsmöglichkeiten: Milizsystem abschaffen und reine Berufsarmee schaffen, oder Wehrpflicht für beide Geschlechter (Wobei ich persönlich die zweite Lösung bevorzugen würde)

- Neu in der Liste: Frauen werden bezüglich der Vorschriften zur Haartracht bei der Bundeswehr bevorzugt. Frauen dürfen im Gegensatz zu Männern lange Haare tragen. ( http://people.freenet.de/crucytor/BdW/Leben_in_der_Gem.htm )

- Quotenregelungen im öffentlichen Dienst: Sind bisher immer nur eine einseitige Bevorzugungen von Frauen, in Bereichen in denen Frauen die Beschäftigungsmehrheit stellen gibt es keine ensprechende Regelung zugunsten von Männern (z.B bei Pflegebrufen, Grundschullehrern, Kindergärtnern, ...) (Ergänzung, siehe EUGH-Urteil im PS)

- Urteil des Bundesverfassungsgericht zum Sorgerecht für Väter
nichtehelicher Kinder: Spricht Kindern aus nichtehelichen Beziehungen generell den Müttern zu, und Widerspricht damit der Gleichwertigkeit beider Elternteile.

- Diverse Detailbestimmungen in Gleichbehandlungsgesetzen: Das fängt an bei den Zielen des Gesetzes §1 BGleiG mit "Nach Maßgabe dieses werden Frauen gefördert, um bestehende Benachteiligungen abzubauen". Dass eventuelle Benachteiligungen von Männern abzubauen seien wird nirgendwo gefordert.

Oder §16 die Gleichstellungsbeauftragten können nur Frauen sein. Das lustiger weise, obwohl es in §5 heisst, dass die Vorschriften Anwendung finden sollte, soweit nicht ein Bestimmtes Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit sei. Ist also Frau zu sein eine unverzichtbare Voraussetzung um die Funktion von Gleichstellungsbeauftragten zu erfüllen?

Oder auch die gesetzliche Definition von unterrepräsentiert, bei einem Frauenanteil unter 50%. Das bedeuted, das Frauen solange unterrepräsentiert sind, bis sie über 50% Anteil haben und damit Männer unterrepräsentiert sind, bzw. Frauen überrepräsentiert sind. Vernünftiger wäre eine Grenze wie in anderen Ländern bei 40%.

- SGB 5 § 25 Gesundheitsuntersuchungen:
(2) Versicherte haben höchstens einmal jährlich Anspruch auf eine Untersuchung zur Früherkennung von Krebserkrankungen, Frauen frühestens vom Beginn des zwanzigsten Lebensjahres an, Männer frühestens vom Beginn des fünfundvierzigsten Lebensjahres an.
Konkret wirkt sich das bei der Hautkrebsvorsorgeuntersuchung aus. Frauen können schon mit 30 eine gratis Vorsorgeuntersuchung in Anspruch nehmen, Männer erst mit 45 und das obwohl mehr Männer in dieser Altersgruppe an Hautkrebs sterben.

- Die UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) mit dem Fakulativprotokoll zu deren Umsetzung: Im Fakulativprotokoll werden Verfahrensweisen festgelegt, wie bei verstössen gegen diese UN-Konvention vorzugehen ist. Das Problem darin ist, dass die Konvention sich fast durchgängig einer sexistischen Sprache bediehnt, in der Form, dass für Frauen immer das gleiche Recht gelten muss wie für Männer. Die umgekehrten Fälle, in denen Männer eine Diskriminierung erfahren werden dadurch nicht erfasst. Somit wird über das Fakulativprotokoll eine separates Rechtsmittel geschaffen, dem sich im Endeffekt nur Frauen bediehnen können.

Exemplarisch führe ich hier mal Artikel 12 der Konvention zum Gesundheitssystem an:

Artikel 12
1. Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau im Gesundheitswesen, um Frauen zu den gleichen Bedingungen wie Männern Zugang zu den Gesundheitsfürsorgediensten, einschließlich der Dienste im Zusammenhang mit der Familienplanung zu gewährleisten.

Somit wäre mit diesen Artikel gegen die weiter unten angeführte unterschiedliche Bezahlung von Gesundheitsvorsorgen anzukämpfen, wenn sie zu Lasten von Frauen diskriminierend wäre. Da sie aber zu Lasten von Männern diskriminiert, bietet auch das die UN-Konvention/das Fakulativprotokoll keine Möglichkeit.

Nachzulesen ist das Fakulativprotokoll und die Konvention selbst unter http://www.gleichberechtigung-goes-online.de/pdf/ced_3.pdf
Im Text selbst ist ein Österreichbezug vorhanden, der Protokolltext an sich ist aber im Anhang des Dokuments vorhanden und der gilt auch für D, da auch D das CEDAW und das Fakulativprotokoll unterzeichnet haben.

- Die Frauenaltersrente, die an sich in D schon angeglichen ist (im Gegensatz zu Österreich), aber in einem Detail noch eine geschlechterungleiche Übergangsbestimmung enthält, die es Frauen unter bestimmten Bedingungen ermöglicht früher in Rente zu gehen. Genaueres ist unter http://www.renten.de/archiv/rente/3077.html nachzulesen. Soweit ich das sehe ist das die letzte Nachwirkung des ehemals ungleichen Pensionsalters von Frauen und Männern in D, die allerdings noch als Übergangsbestimmtung bis 2010 aktuell ist.
Ab hier die Gesetze die ich bei meiner letzten Liste neu gefunden habe.

- Neu in der Liste*
- SGB 6 § 56 Kindererziehungszeiten: Legt fest, dass Kindererziehungszeiten für die Pension automatisch der Mutter zugerechnet wird. Eine Aenderung ist möglich, erfordert allerdings eine übereinstimmende Erklärung des Vaters mit der Mutter. Damit die Mutter die Erziehungszeit angerechnet bekommt ist keine derartig Erklärung nötig.

- Im Landesrichtergesetz von Schleswig-Holstein findet sich unter Abschnitt II/§10 Richterwahl, folgender diskriminierender Abschnitt:

(3) Die Präsidentinnen oder Präsidenten eines oberen Landesgerichts werden auf Vorschlag des Ministeriums für Justiz-, Bundes- und Europaangelegenheiten vom Landtag mit der Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen gewählt. Der Vorschlag soll drei Personen enthalten und mindestens eine Frau berücksichtigen. Dem Vorschlag sind die Personalübersichten für jede vorgeschlagene Bewerbung beizufügen. Die vorgeschlagenen Bewerberinnen und Bewerber sind durch den zuständigen Landtagsausschuß anzuhören. Die Anhörung des Ausschusses soll in öffentlicher, die anschließende Beratung und Beschlußfassung müssen in nichtöffentlicher Sitzung stattfinden.

Mit der Formululierung: "Der Vorschlag soll drei Personen enthalten und mindestens eine Frau berücksichtigen." werden ganz klar Männer diskriminiert, da damit ein Dreiervorschlag von drei Frauen möglich ist, jedoch ein gleichartiger Dreiervorschlag aus drei Männern verhindert wird.

Das Gesetz als ganzes ist unter: http://193.101.67.34/landesrecht/301-5H.htm nachzulesen.

- Kurioses wie STGB §183 Exhibistionistische Handlungen. Da heisst es "Ein Mann, der eine andere Person durch eine exhibitionistische Handlung belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, oder mit Geldstrafe bestraft". Es heißt nicht ein Mann oder Frau, es heißt nur "Ein Mann ..."!

Weiterhin nicht gefunden habe ich noch existierende Gesetze in D, die Frauen benachteiligen oder Männer bevorzugen. Gibt es solche noch?

Portrait von Angelika Graf
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Martens,
sehr geehrter Herr Wenger,

vielen Dank für Ihre Emails. Sie beide thematisieren Männer-Diskriminierung in Ihrer Anfrage, da Sie thematische Überschneidungen haben, werde ich Ihre Emails zusammenfassend beantworten. Vorab: ich stehe für die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Gesellschaft und im Beruf. Gleichstellung bedeutet dabei nicht, ein Geschlecht zu bevorzugen, sondern auf teilweise strukturell angelegte Ungleichheiten zu reagieren. Die tatsächliche Gleichstellung ist in vielen Lebensbereichen noch nicht erfolgt, deshalb gilt nicht, ungleiches gleich zu behandeln, denn das wäre ungerecht. Ich stehe dafür, dass wir indirekte und strukturelle Diskriminierungen von Frauen und Männern abbauen.

Im Folgenden möchte ich zu einigen Punkten in Ihren Diskriminierungslisten Stellung nehmen: Männergesundheit - Die SPD steht für ein leistungsfähiges und solidarisches Gesundheitswesen. Die von uns durchgeführten Gesundheitsreformen haben die Versorgung aller gesichert und das Solidarprinzip gewahrt. Wir stehen für Solidarität: wer sie aufgibt gefährdet Wohlstand und gesellschaftlichen Frieden. Für mich heißt dass: Wer Hilfe braucht, der bekommt sie. Gleichzeitig bedeutet es auch: Rücksicht nehmen auf die, die die Hilfe finanzieren und damit garantieren. Ich und die SPD stehen dafür, dass die Geschlechterbelange in der Gesundheitsforschung, Gesundheitsvorsorge und -versorgung sowie in der Gesundheitsberichtserstattung auch künftig in geeigneter Weise verstärkt umgesetzt wird (siehe Antrag der Bundestagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/ Die Grünen (Drucksache 15/5030) "Auf dem Weg in ein geschlechtergerechtes Deutschland - Gleichstellung geht alle an" vom 9.3.2005).
Herr Martens, Sie sprechen in Ihrer Email die unterschiedlichen Altersgrenzen für kostenlose Hautkrebsuntersuchungen an und beklagen, dass Männer diese später in Anspruch nehmen müssen. Diese Richtlinien werden nicht von der Bundesregierung oder dem Parlament ausgehandelt, sondern vom Bundesauschuss der Ärzte und Krankenkassen, die dies medizinisch begründen.

Wir haben außerdem ein Präventionsgesetz vorgelegt, welches vorsieht, Prävention und Gesundheitsförderung in den Lebenswelten der Menschen anzusiedeln. Ausdrücklich werden dabei die unterschiedlichen Situationen von Frauen und Männern sowie Jungen und Mädchen berücksichtigt, auf die mit spezifischen Angeboten der Prävention und Gesundheitsförderung zugegangen wird. Das Präventionsgesetz wurde von der Mehrheit des Deutschen Bundestages beschlossen, wird jedoch, obwohl nicht zustimmungspflichtig, von der Unionsmehrheit im Bundesrat blockiert. Jungenarbeit - Das Kinder- und Jugendhilfegesetz KJHG enthält seit 1991 die Forderungen, "die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen zu berücksichtigen, Benachteiligungen abzubauen und die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen zu fördern." (in§ 9 Abs. 3). Hieraus ergibt sich ein Auftrag an geschlechtsbezogene Jungenarbeit, die in Landesjugendplänen der Länder als Förderschwerpunkt ausdrücklich vorgesehen ist.

Ende 2000 hat das SPD-geführte Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die Richtlinien für den Kinder- und Jugendplan ergänzt, danach ist in der Kinder und Jugendhilfe zu fragen, wie sich Maßnahmen und Gesetzesvorhaben jeweils auf Mädchen und Jungen auswirken und ob und wie sie zum Ziel der Chancengleichheit der Geschlechter beitragen können – die Einhaltung dieser Vorgabe ist die Foraussetzung für die Finanzierung der Maßnahmen aus dem Kinder- und Jugendplan. Dies soll dazu beitragen, tradierte patriarchalische Wahrnehmungen und in der Folge, die vorherrschenden Geschlechterrollen bei Jungen und Mädchen zu verändern.
Gleichzeitig mit dem von Ihnen angesprochenen "Girls´ Day" startete im April 2005 erstmals auch das Modellprojekt "Neue Wege für Jungs" – ebenfalls gefördert vom SPD-geführten Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Dies soll das eingeschränkte Berufswahlspektrum bei Jungen erweitern, die eine Auseinandersetzung mit männlichen Rollenbildern fördern und die Jungen in ihrer Sozialkompetenz stärken. Umgangsrecht nichtehelicher Väter - Grundsätzlich steht Eltern, die bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet sind, nach geltendem Recht die elterliche Sorge nur dann gemeinsam zu, wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen oder einander heiraten. Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.

Der Hintergrund ist, dass nichteheliche Kinder nicht nur in intakten nichtehelichen Lebensgemeinschaften geboren werden, sondern auch im Rahmen flüchtiger Beziehungen. Der Gesetzgeber hat deshalb angenommen, dass unverheiratete Eltern nicht immer die für die gemeinsame elterliche Sorge notwendige Kooperationsfähigkeit besitzen. Er hat die gemeinsame Sorge davon abhängig gemacht, dass die Eltern ihre Bereitschaft durch die Abgabe übereinstimmender Sorgeerklärungen dokumentieren. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Regelung in seinem Urteil vom 29. Januar 2003 im Wesentlichen für verfassungskonform erklärt. Es hat jedoch festgestellt, dass der Gesetzgeber verpflichtet ist, die tatsächliche Entwicklung zu beobachten und zu prüfen, ob die gesetzlichen Annahmen auch vor der Wirklichkeit Bestand haben. Diesem Auftrag ist die SPD-Bundestagsfraktion durch eine Expertenanhörung nachgekommen, die noch ausgewertet wird.

Unterhaltsrecht - Das SPD-geführte Bundesministerium der Justiz hat im April 2005 den "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts" vorgelegt. Ziel ist es, aus den gesellschaftlichen Veränderungen Konsequenzen zu ziehen und für mehr Verteilungsgerechtigkeit - insbesondere zugunsten der Kinder – zu sorgen. Außerdem bedarf es mehr Eigenverantwortung nach der Ehe, damit auch die Zweitfamilien eine realistische Chance haben. Beim nachehelichen Unterhalt soll die Eigenverantwortung gestärkt werden, die Möglichkeiten, nacheheliche Unterhaltsansprüche herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, sollen erweitert werden. Männliche Gewaltopfer - Die SPD-geführte Bundesregierung hat sich die Bekämpfung von Gewalt als ein vordringliches Ziel auf ihre Fahnen geschrieben. Das Gewaltschutzgesetz, das Anfang 2002 in Kraft trat, gilt für Frauen und Männer, als Opfer und als Täterinnen oder Täter. Erfahrungen zeigen jedoch, dass Männer häufiger Täter und Frauen häufiger Opfer von Gewalt, vor allem im häuslichen Bereich, sind. Inzwischen ist das Thema Gewalt gegen Männer jedoch auch stärker in das Bewusstsein gerückt.

Das Berliner Interventionsprojekt gegen häusliche Gewalt - BIG e. V. - hat zur Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes spezielle Formulare für Männer zur Beantragung zivilrechtlichen Schutzes nach dem Gewaltschutzgesetz erarbeitet. Der Aktionsplan zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung wurde Anfang 2003 von der SPD-geführten Bundesregierung beschlossen. Um sexuellem Missbrauch, dem auch Jungen zum Opfer fallen, vorzubeugen, sollen im Sinne einer geschlechterorientierten Präventionsarbeit auch jungenspezifische Aspekte besonders berücksichtigt werden. Vor dem Hintergrund, dass Jungen nicht nur Opfer von sexueller Gewalt sind, sondern dass sexuelle Gewalt hauptsächlich von männlichen Jugendlichen und Männern ausgeht, werden in der Präventionsarbeit auch täterpräventive Aspekte angewandt, indem z.B. mit Jungen an der Entwicklung gewaltfreier Konfliktlösungsmöglichkeiten gearbeitet wird.

Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen beantworten konnte. Schade finde ich, dass Sie in Ihren Fragen nicht auf die Bereiche eingehen, in denen Frauen immer noch diskriminiert werden; da Sie mir sicherlich zustimmen, dass jede Diskriminierung gegen ein Geschlecht, ebenso das andere diskriminiert. Wenn Sie sich über die ungleichen Lebensbedingungen von Frauen in Deutschland informieren wollen, empfehle ich Ihnen den Gleichstellungsbericht der Bundesregierung ( http://www.bmfsfj.de/Politikbereiche/gleichstellung,did 708,render=renderPrint,bereich=.html ) aber auch den Schattenbericht von Frauen-NGOs zu CEDAW ( http://baer.rewi.hu-berlin.de/w/files/lsb_wissen/w_comp_cedaw_schatten.pdf ).

Mit freundlichen Grüßen

Angelika Graf