Frage an Angelika Graf von Mario H. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Graf,
in ihren letzten Antworten meiner Vorredner beziehen Sie sich immer auf den Jugendschutz.
Da Sie legale offizielle Abgabestellen egal in welcher Form ablehnen, frage ich mich, wie wir es erreichen können, den Jugendschutz einzuhalten aber gleichzeitig einen legalen Rahmen im Umgang mit Cannabis für Erwachsene zu schaffen.
Was können wir Ihrer Meinung nach tun, um effektiv die unbescholtenen Bürger wegen Cannabisdelikten aus den Strafanstalten zu nehmen? Die geringe Menge Regelung wirkt in der Praxis nicht und Eigenanbauer ("Homegrower") haben oftmals zum Eigenbedarf eine wesentlich höhere Ernte als 10 Gramm, diese Menschen sind aber in der Regel nie Strafanfällig in sonstigen Belangen gewesen. Diese Menschen stecken hinter Gittern! Das ist die Realität. Ein Beispiel ist hier:
http://www.merkur-online.de/lokales/dachau/dachau/vater-sohn-zuechten-marihuana-2764516.html
Was halten Sie davon, ein Modellprojekt zu testen, bei dem der Besitz und Anbau (5-10 Pflanzen) von Cannabis legalisiert wird, der Handel aber nicht. Dadurch gibt es keine Abgabestellen und die Jugendlichen kämen nur über den Schwarzmarkt wie bisher gehandhabt an Cannabis. Die wenigsten Jugendlichen bauen selbst Cannabis an, da sie noch bei Ihren Eltern wohnen.
Zusätzlich und unabhängig davon sollten Cannabisblüten verschreibungsfähig werden. Es wirkt wunderbar als Schmerzmedikament und hat weitaus geringere Nebenwirkungen als Opiate.
Es kann nicht sein, dass ich als Schmerzpatient ohne Probleme heroinähnliche Substanzen verschrieben bekomme (z.B. Palladon), für Cannabis jedoch aufwändige Bürokratie betreiben muss um eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten.
Unser Nachbarland Tschechien hat Cannabisblüten in diesen Tagen verschreibungsfähig gemacht.
Was halten Sie davon, Cannabisblüten von Anlage I BtmG (nichtverkehrsfähige Betäubungsmittel) in Anlage III (verkehrsfähige und verschreibungsfähige Betäubungsmittel) zu verschieben?
Sehr geehrter Herr Hana,
vielen Dank für Ihre Abgeordnetenwatch-E-Mail vom 26. Februar 2012 zum Thema Cannabis.
Mir geht es nicht nur um Jugendschutz, sondern auch um die Suchtprävention insgesamt. Für mich ist insofern immer die Frage, was zu mehr Süchtigen und was zu weniger Süchtigen führt. Und einem Vorschlag, der in meinen Augen zu mehr Süchtigen führt, halte ich nicht für unterstützungsfähig.
Das von Ihnen im Link genannte Beispiel ist eigentlich kein gutes Beispiel für Ihren Vorschlag der Legalisierung des Anbaus in den eigenen vier Wänden. Denn laut dem Artikel nutzte der darin genannte Mann ja den Anbau keineswegs nur für eigenen Konsum, sondern für den Drogenhandel. Dass der Mann zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, liegt ja zudem laut Artikel daran, dass es sich keineswegs um einen „unbescholtenen“ Bürger gehandelt hat, sondern dass er - neben dem Drogenhandel - unter anderem auch eine über 30 Jahre alte Vorgeschichte mit mehrfacher Straffälligkeit vorzuweisen hatte und eine Therapie, mit der er eine Haftstrafe hätte vermeiden können, ablehnte. Aufgrund der bestehenden Geringe-Mengen-Regelung, wonach bei geringen Mengen von der Strafverfolgung abgesehen werden soll, erfolgt beim Besitz kleiner Mengen in der Regel keine Haftstrafe oder Ähnliches.
Das Problem mit dem Eigenanbau ist immer die Frage, inwiefern es wirklich beim Eigenanbau bleibt und wie dies - wenn überhaupt - kontrolliert bzw. begrenzt werden kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass Eigenanbauer dann „ein bißchen was dazuverdienen“ wollen, halte ich für hoch. Das zeigt ja auch das Beispiel aus dem von Ihnen genannten Artikel. Es käme mehr Cannabis in den Umlauf und die Möglichkeiten an Cannabis zu kommen würden sich - auch für Jugendliche - sehr wahrscheinlich erhöhen. Cannabis wäre dann sogar noch weniger begrenzbar als im Rahmen von Cannabis-Clubs und Ähnlichem.
Cannabis ist ja bereits seit 2011 zur Herstellung von Arzneimitteln verkehrsfähig und cannabishaltige Fertigarzneimittel sind verschreibungsfähig. Allerdings müssen auch cannabishaltige Arzneimittel ihre Wirkung genauso nachweisen wie andere - das ist auch im Sinne der Patientinnen und Patienten. Bei einer entsprechenden Anhörung im Bundestag hat die Bundesärztekammer allerdings vor einer Legalisierung von Therapien, die auf im Eigenanbau erzeugtem Cannabis beruhen, gewarnt. Diese könnten "Patienten ernsthaft gefährden".
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Graf