Frage an Angelika Graf von Max H. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Graf,
Ich beziehe mich auf die Fragen zum Thema Cannabis.
Vorab möchte ich klar stellen, dass ich kein Cannabis-Konsument bin.
In Ihrer Antwort vom 05.09.2012 haben Sie folgendes geschrieben:
ZITAT
....Eine neue Langzeitstudie, die zu dem Ergebnis kommt, dass Cannabis bei einem frühen Einstieg das zentrale Nervensystem unwiderruflich schädigen und die Intelligenz senken kann, unterstützt im Übrigen auch eine entsprechende Zurückhaltung bei einer Legalisierung.........
ZITAT ENDE
1.Frage: haben Sie die Studie gelesen? Wenn nein, bitte ich Sie dieses nachzuholen, da meine Fragen sich auf Einzelheiten der Studie beziehen.
2.Frage: Wissen Sie das lediglich IQ und Reaktionen der Probanden getestet wurden und zwar in einem Abstand von 25 Jahren, es sich nur um geringe Abweichungen handelte (6 IQ-Pkt. max.) und das keine körperliche Diagnose durchgeführt wurde?
3.Frage: Stimmen Sie mir zu, das relevante Variablen fehlen, die jene Abweichungen auch anders erklären können, z.B. Altersbedingt oder auch Berufsbedingt weil ein Konsument u.U. keinen hochqualifizierten Job hat und somit sein IQ nicht trainiert ?
4.Frage: Stimmen Sie mir zu das der Block Design Subtest (Test der visuell-räumlichen Organisation, Ausführungsplanung und Fähigkeiten zur Problemlösung ) bei Cannabis - Konsumenten bessere Werte aufwies gegenüber denen, die nie Cannabis zu sich genommen haben (siehe Tabelle Gesamtübersicht Studie: Never Used = -0,03, Used Never Regularly = -0,06, Used Regularly at 1 Wave = 0,00)?
5.Frage: Stimmen Sie mir zu, dass in der Studie nirgendwo behauptet wird "Cannabis würde bei einem frühen Einstieg das zentrale Nervensystem unwiderruflich schädigen" sondern die Befunde lediglich auf eine Neuropsychologische Störung hindeuten können und somit ein eindeutiger Beweis nicht gegeben ist?
6.Frage: Ist es nicht Fragwürdig, mit einer empirischen und hypothetischen Studie zu argumentieren?
Mit freundlichen Grüßen
Dipl. Ing. Max Hickel
Sehr geehrter Herr Hickel,
vielen Dank für Ihre Abgeordnetenwatch-Email vom 08. September 2012 zur Legalisierung von Cannabis.
Beim Lesen Ihrer Fragen habe ich den Eindruck, dass Ihrer Meinung nach politische Meinungen nur dann veröffentlicht werden können, wenn der- oder diejenige auch sämtliche Störvariablen und Koeffizienten auf hohem wissenschaftlichen Niveau mitdiskutieren und aus eigener wissenschaftlichen Berufung heraus bewerten kann. Sie werden mir vermutlich zustimmen, dass so eine hohe Erwartungshaltung gegenüber Volksvertreterinnen und Volksvertretern unrealistisch ist. Was ich daran aber fataler fände wäre der ausgrenzende Effekt solcher Hürden - dann könnten nur noch wenige Menschen überhaupt mitdiskutieren. Und das wäre für eine breite Debattenkultur über eine politische Positionen doch wenig hilfreich.
Ich erlaube mir in den von Ihnen zitierten Ausführungen lediglich, Studien von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von anerkannten Universitäten heranzuziehen und Ergebnisse, die in ebenso anerkannten Fachmagazinen vermutlich über ein peer-Review-Verfahren veröffentlicht wurden, Glauben zu schenken. Und auch nur insofern, als dass es wissenschaftliche Hinweise in eine entsprechende Richtung gibt. Ich habe nicht behauptet, dass diese Ergebnisse der letzte Stein der Weisen wären. Wenn Sie das von Ihnen angeführte Zitat noch einmal lesen, werden Sie sehen, dass die neuen veröffentlichten Ergebnisse nun einmal eine zurückhaltende Gesetzgebung bezüglich Cannabis eher unterstützen. Auch trotz Ihrer Argumente, die sicherlich ernstzunehmen sind, kann diese These in meinen Augen aufrecht erhalten werden. Für den wissenschaftlichen Diskurs, der sicherlich in Fachkreisen munter geführt wird, sind aber in erster Linie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zuständig. Zumindest ist die genannte Studie kein zusätzlicher Grund für eine Freigabe von Cannabis.
Wenn wir uns schon auf eine methodische Debatte einlassen würden, so hätte ich zu bemängeln, dass die Studie offenbar nicht ausschließen kann, dass die Cannabis-Konsumenten nicht schon von vornherein Voraussetzungen für einen niedrigeren IQ hatten und auch dieser Sachverhalt der Grund für die entsprechenden Resultate sein kann. Aus meiner Sicht hätten über den Einbezug realistischer Kontrollgruppen noch bessere Ergebnisse erzielt werden können. Nichtsdestotrotz sind die Ergebnisse dieser Studie nicht überraschend. In einigen Stellungnahmen zu der öffentlichen Anhörung "Cannabis-Clubs", die sich mit dem Thema der gesundheitlichen Auswirkungen aus medizinischer Sicht beschäftigen, wird dies bereits bestätigt
( http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a14/anhoerungen/Archiv/p_Cannabis/stellungnahmen/index.html )
Insbesondere die Gefahren von Cannabiskonsum auf Kinder und Jugendliche sind in den bisherigen Studien als nicht unerheblich beschrieben worden - auch das bleibt in meinen Augen eine unfragwürdige Behauptung. Solange Cannabiskonsum dieses besondere Gefährdungspotenzial hat, müssen wir diesen Stand der medizinischen Wissenschaft auch in der gesetzgeberischen Praxis im Sinne einer Reduktion der Anzahl von Süchtigen berücksichtigen. Was nicht heißt, dass die Entkriminalisierung bei den Geringen-Mengen-Regelung, die endlich auch bundesweit einheitlich geregelt werden sollte, deswegen vom Tisch ist.
Auch wenn ich Sie nicht überzeugt haben mag, so hoffe ich doch darauf, dass Sie meinen Standpunkt ein wenig nachvollziehen können.
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Graf