Frage an Angelika Glöckner von HansJoachim S. bezüglich Lobbyismus & Transparenz
Guten Tag Frau Glöckner
Gerade kommen neue Meldungen über die übelen Machenschaften von Parlamentarier und Mitgliedern der CDU /CSU in die Öffentlichkeit.
Das Bild der Mandatsträger und Verantwortlichen erscheint da in einem miserabelen Licht .
Das Go-Ko Lobby-Register ,welches nun vorgelegt wurde, ist inakzeptabel ,daher würde ich gerne Ihre persönliche Stellungnahme erfahren!
es stehen Wahlen an ,bei denen ich die Aussagen meiner Abgeordneten gewichte.
mit freundlichem Gruss
Sehr geehrter Herr Schäfer,
ich danke Ihnen für Ihre Anfrage zu dem nun innerhalb der Koalition von CDU/CSU und SPD beschlossenen Lobbyregister. Ihrer Anfrage entnehme ich, dass Sie über die gegenwärtigen Berichte über die Aufhebung der Immunität und staatsanwaltliche Durchsuchungen bei Bundestagsabgeordneten der CSU und der CDU aufgrund des Verdachtes der Bestechlichkeit empört sind.
Gegenwärtig steht der CSU-Abgeordnete Georg Nüßlein im Verdacht, den Ankauf von Corona-Atemschutzmasken durch die Bundesregierung und die bayerische Landesregierung vermittelt und hierfür erhebliche Provisionen erhalten zu haben. Der Berichterstattung habe ich entnommen, dass diese Zahlungen nicht versteuert worden sein sollen und der Anfangsverdacht der Bestechung und Bestechlichkeit bestehen soll.
Ebenfalls besteht laut Medienberichten gegenüber dem CDU-Abgeordneten Axel Fischer der Anfangsverdacht der Bestechlichkeit. Hierbei soll es um Vorwürfe gehen, dass Gelder angenommen worden seien, die in Verbindung mit den Interessen des autoritär regierten Landes Aserbaidschan stehen sollen.
Da es sich vorliegend um rechtsstaatliche und laufende Ermittlungen handelt, möchte ich einem Ergebnis dieser Ermittlungen in beiden Fällen nicht vorgreifen. Ausdrücklich möchte ich unterstreichen, dass selbstverständlich die Unschuldsvermutung gilt, bis gegebenenfalls das Gegenteil bewiesen ist. Jeder hat das Recht auf ein ordentliches und rechtsstaatliches Verfahren. Sollten sich die Vorwürfe jedoch erhärten, wäre das Verhalten in meinen Augen selbstverständlich vollkommen inakzeptabel.
Leider gab es bereits zuvor in jüngster Vergangenheit weitere Fälle, die dem Ruf von Politikerinnen und Politikern potentiell schweren Schaden zugefügt haben. Dies betrifft die offenbare Lobby-Tätigkeit des CDU-Abgeordneten Philipp Amthor für ein US-Startup genauso wie das Werben des früheren Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg für das Skandalunternehmen Wirecard. Auch dieses Vorgehen halte ich für massiv kritikwürdig.
Das Problem bei solchen Vorfällen ist nicht nur das gegebenenfalls in rechtlicher Hinsicht unzulässige oder auch aus moralisch-ethischen Gründen verwerfliche Verhalten einzelner Mandatsträger. Problematisch ist auch, dass solches Verhalten zu einem tiefen Vertrauensverlust gegenüber Abgeordneten und der Politik im Allgemeinen führen kann. Auch wenn es sich vorliegend um Einzelfälle handelt, können diese Misstrauen gegenüber Parlament und Regierung verursachen. Dies ist geradezu fatal.
Zugleich zeigen die beiden jüngsten Verdachtsfälle gegenüber den Abgeordneten Nüßlein und Fischer jedoch auch, dass die rechtsstaatlichen Mechanismen funktionieren und auch Abgeordnete nicht über dem Gesetz stehen. So haben die jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften in beiden Fällen unabhängig vom Abgeordnetenstatus der Verdächtigen umfangreiche Ermittlungen aufgenommen. Auch wurde in beiden Fällen vom Deutschen Bundestag die Abgeordnetenimmunität aufgehoben, um die Ermittlungen in vollem Umfang zu ermöglichen.
Als Abgeordnete der SPD-Bundestagsfraktion befürworte ich nachdrücklich, die Regeln für Abgeordnete im Hinblick auf die Transparenz einer möglichen Einflussnahme durch Interessenvertreter deutlich zu verschärfen. Die SPD hat sich seit zehn Jahren für ein Lobbyregister eingesetzt. Erst in dieser Woche hat unser Koalitionspartner CDU/CSU eingelenkt. Die jahrelange Blockade der Union konnte – gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Verdachtsfälle – endlich durchbrochen werden.
Endlich wird ein Lobbyregister eingeführt, welches nicht nur für den Bundestag, sondern auch für die Bundesregierung gilt. Auch in den Ministerien, in denen Gesetze erarbeitet werden, müssen Treffen mit professionellen Interessenvertretern bis zum Unterabteilungsleiter künftig registriert werden. Die Maßnahmen sollen dazu beitragen, politische Prozesse transparent und nachvollziehbar zu machen.
Die jetzt erlangte Einigung ist ein erster guter Schritt in die richtige Richtung. Allerdings konnten wir uns als SPD aufgrund der Weigerung der Unionsparteien nicht mit allen Forderungen durchsetzen. So konnten wir zwar erreichen, dass Kontakte nicht nur bis zur Ebene der Staatssekretäre dokumentiert werden müssen, sondern bis zur Unterabteilungsebene. Nicht durchsetzen konnten wir jedoch den sogenannten „exekutiven Fußabdruck“. Dieser sieht vor, dass Ministerien die Beteiligung von Lobbyisten an Gesetzentwürfen öffentlich dokumentieren müssen. Die Unionsfraktion hat dies leider abgelehnt. An dieser Stelle sehe ich weiteren Handlungsbedarf.
Ich halte es für wichtig, dass politische Entscheidungen für Bürgerinnen und Bürger transparent sind. Dazu ist erforderlich, dass öffentlich sichtbar ist, welche Einflüsse auf Gesetzesvorhaben und politisches Handeln wirken. Politik braucht den Austausch mit vielen unterschiedlichen Gruppen, um ihr Handeln an den Bedürfnissen der Menschen auszurichten. Dies muss aber nachvollziehbar gestaltet sein. Damit stärken wir auch in Zukunft unsere parlamentarische Demokratie.
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Glöckner