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Angelica Schwall-Düren
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Frage von Martin B. •

Frage an Angelica Schwall-Düren von Martin B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Schwall-Düren,

hier mal eine Frage zu den Maßnahmen der Bundesregierung in der Finanzkrise. An Sie gerichtet, da Sie auch im Beirat der Sparkasse sitzen.

Der Bund hat insgesamt bisher 18,2 Milliarden € für die Rettung der Commerzbank ausgegeben.
Er hat zugleich 25 % plus eine Aktie an dieser Bank erworben. 25 % ist gemessen an dem geflossenen Geld ausgesprochen wenig.
Der Betrag von 18,2 Milliarden beträgt alleine schon das Vierfache des aktuellen Marktwertes der gesamten Commerzbank, der bei ca. 4-5 Mrd. EUR liegt. Ca. 1,8 Mrd. hätten gereicht, um die 25 % zu kaufen.
Der Bund hat das Zehnfache bezahlt und belohnt damit die bisherigen Aktionäre
und den Vorstand der Commerzbank mit unseren Steuergeldern!!!!
Ist das nicht schon Veruntreuung von Steuergeldern?
Warum tut der Bund das? Warum hat die Bundesregierung nicht darauf gepocht, über 50 % oder sogar 75 % der Anteile zu übernehmen?
Warum dieses Geschenk an Zocker?
Warum werden die Vorstände nicht mehr an die "Kandarre" genommen?

Im gleichen Zusammenhang wird von Sprechern und Vertretern der Bundesregierung
immer wieder betont, die Bundesregierung wolle keinen Einfluss auf die Geschäftspolitik der Commerzbank ausüben.
Wieso das eigentlich nicht? Wer zahlt, schafft an. Ist eigentlich immer so.
Wissen Sie, das Ganze wirkt so, das man nun die Verluste dem Steuerzahler übereignen will und sobald dieses geschehen ist, wird wieder das Mantra der freien Märkte angestimmt.

Und jetzt lese ich, das der Bankenverband eine sog. "Bad Bank" fordert. Jawohl fordert!
Denen scheint wohl allmählich etwas durcheinander zu gehen. Sie dürfen "bitten" und der Bund bzw. Steuerzahler können dies "erwägen" oder seinlassen.
Und soll bloß keiner sagen, diese Leute hätten mit ihren Spekulationen irgendwelche volkswirtschaftlichen Werte geschaffen. Alles nur
Luftnummern.
Vielleicht können Sie diese Dinge dem Volke verständlich darlegen bzw. vermitteln.
Bin mal auf Ihre Antwort gespannt.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Brinkmann,

vielen Dank für Ihre Frage. Ich möchte Ihnen kurz erklären, warum die Bundesregierung das so genannte Rettungspaket für die Banken beschlossen hat, bevor ich konkret zur Commerzbank komme.

Es geht grundsätzlich darum, das Bankensystem vor dem Zusammenbruch bewahren zu können. Dabei geht es nicht darum, einzelne Banken zu retten, sondern einen kompletten Zusammenbruch des gesamten Bankensektors zu verhindern. Ein solcher Zusammenbruch hätte auch die Realwirtschaft mit in den Abgrund gerissen! Die Folgen wären für jeden einzelnen Bürger dramatisch gewesen: Abbau von Arbeitsplätzen, Verlust von Ausbildungsplätzen, Verlust von Sparguthaben und privater Altersvorsorge, wirtschaftlicher Stillstand bzw. Rezession. Auch die Auswirkungen auf die Stabilität und Werthaltigkeit unserer Währung wären unkalkulierbar gewesen.

Die Unterstützung der Banken ist mit Vorbedingungen versehen. Dazu zählen u. a.: Einschnitte bzw. Restriktionen bei den Managervergütungen und Überprüfung der geschäftspolitischen Ausrichtung. Ich habe mich während der Diskussion stets dafür eingesetzt, dass wenn der Bund Anteilseigner bei einer Bank wird, er Einfluss auf die Geschäftspolitik erhalten muss.

So ist es auch bei der Commerzbank geschehen. Sie muss durchaus mehrere Auflagen des Bundes erfüllen:

* Die Commerzbank stellt 2,5 Milliarden Euro zusätzlich für Mittelstandskredite zur Verfügung.
* Die Bank wird 2009 und 2010 für die jeweils vorangegangen Geschäftsjahre keine Dividende ausschütten.
* Der SoFFin (Sonderfond Finanzmarktstabilisierung) räumt der Commerzbank-Gruppe zusätzlich eine Garantie für Schuldverschreibungen über bis zu 15 Milliarden Euro ein. Für die Garantie zahlt die Bank eine Bereitstellungsgebühr von 0,1% pro Jahr des nicht in Anspruch genommenen Betrags.
* Die Gehälter der Spitzenmanager sind auf 500.000 Euro im Jahr begrenzt.
* Die Vorstandsmitglieder müssen auf Bonuszahlungen verzichten.

Die SPD-Fraktion spricht sich gegen eine zentrale „Bad Bank“ aus und wird diesen Vorschlag nicht unterstützen. Es kann keine zentrale Lösung geben, bei der der Staat eine „schlechte Bank“ einrichtet, die auf Kosten des Steuerzahlers kriselnden Banken die faulen Wertpapiere abnimmt. Was mit der Bilanzierung fauler Wertpapiere bei den einzelnen Banken passiert, wird derzeit diskutiert. Ich werde mich dafür einsetzen, dass nicht die Steuerzahler plötzlich die Risikopapiere übertragen bekommen.

Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Angelica Schwall-Düren