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Angelica Schwall-Düren
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Frage von Markus R. •

Frage an Angelica Schwall-Düren von Markus R. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Schwall-Düren,

die Nähe Ihres Wahlkreises zu Münster und dem Ruhrgebiet bedeutet, dass eine große Anzahl von Berufspendlern dort leben. Von der Bundesregierung wird immer wieder die Flexibilität von Arbeitssuchenden verlangt. Leider wird diese nicht durch politische Entscheidungen unterstützt, sondern behindert. Die Pendlerpauschale wurde gekürzt, die Benzinpreise haben durch Öko-Steuer und Mehrwertsteuererhöhung die Marke von Euro 1,50 überschritten und nun wird auch noch die Änderung der Kfz-Steuer diskutiert.
Wie soll unter diesen Bedingungen ein alleinverdienender Arbeitnehmer mit einem Bruttogehalt von Euro 1700,-, wie es im Einzelhandel und Handwerk durchaus normal ist, noch eine Familie ernähren, wenn seine Arbeiststelle 25km entfernt liegt?
Warum wird, trotz ´unerwarteten´ Steuermehreinnahmen, nicht die Öko-Steuer reduziert, um die Pendler für die gekürzte Pendlerpauschale zu entschädigen oder die alte Regelung wiederhergestellt?
Die Neuregelung der Kfz-Steuer wird von Politikern damit Begründet, dass die Bürger sich neue, sparsame Autos kaufen sollen. Wovon sollen die Bürger das neue Auto bezahlen, wenn die Tankfüllung schon einen Großteil des Geldes verschlingt, was nach Abzug von Steuern, Nahrung und Wohnung noch übrig bleibt?
Ich hoffe auf eine aussagekräftige Antwort.

M.f.G.

Reckert

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Reckert,

vielen Dank für Ihre Frage zur Zukunft der Pendlerpauschale und zur Besteuerung von Kraftfahrzeugen.

Die im Interesse unserer Kinder notwendige Haushaltskonsolidierung (derzeit belaufen sich die Schulden der öffentlichen Haushalte auf gut 18.000 Euro je Bürgerin und Bürger) hat die Koalitionsfraktionen dazu veranlasst, in vielen Bereichen Einsparungen vorzunehmen. Deshalb wurde auch die Zuordnung der Fahrtkosten zur Privatsphäre vorgenommen und die Entfernungspauschale erst ab dem 21. Entfernungskilometer gewährt.

Ich hätte es damals vorgezogen, wir hätten die Pendlerpauschale ab dem 1. Kilometer – allerdings für alle gekürzt – beibehalten. Die notwendigen Einsparungen wären aber nur zu erreichen gewesen, wenn gleichzeitig der Arbeitnehmer-Pauschbetrag abgesenkt worden wäre. Diese Alternative war innerhalb der Koalition aber nicht konsensfähig. Es war vor allem die CSU, die einen Kompromiss bei der Pendlerpauschale vor einem Jahr verhindert hat. Jetzt propagiert sie das Gegenteil, weil ihr neues Führungsduo in Bayern die Unterstützung verliert und der CSU bei den bayrischen Landtagswahlen im September 2008 der Verlust der Mehrheit droht. Was die CSU macht, ist reine Propaganda.

Die Koalition muss die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abwarten, um anschließend die erforderlichen Änderungen verfassungsgemäß vornehmen zu können.

Zu den hohen Spritpreisen der Gegenwart möchte ich folgendes sagen. Es ist eine Mär, dass sich der Staat eine goldene Nase an steigenden Benzinpreisen verdient, der Anteil der Steuern an den Spritpreisen hat sich im laufenden Jahr nicht verändert. Im Vergleich zu 2007 ist der Anteil der Steuern an dem Preis von Eurosuper-Benzin von 64,4 Prozent auf 59,6 Prozent gesunken, bei Dieselkraftstoffen ging der Anteil 2008 sogar um fast acht Prozent zurück und jede weitere Preissteigerung um einen Cent pro Liter lässt den Anteil des Staates um weitere 0,3 Prozent schmelzen.

Einen weit größeren Einfluss hat jedoch die gestiegene Weltnachfrage nach Öl bei gleichzeitig gleich hohem Angebot. Dieses Verhältnis wird sich zukünftig eher noch verstärken als abschwächen. Um dennoch auch in Zukunft die gewohnte individuelle Mobilität in Deutschland gewährleisten zu können, benötigen wir alternative Antriebstechniken, die vollständig oder teilweise ohne Benzin und Diesel auskommen. Ich möchte auf die Hybridtechnik und den Biosprit Ethanol hinweisen.

Schließlich bin ich der Meinung, dass die Ökosteuer vor dem Hintergrund des Klimawandels gerechtfertigt ist. Der Automobil-Verkehr ist zu einem Großteil für den hohen CO2-Ausstoß in Deutschland verantwortlich. Wenn wir also auf den Klimawandel einwirken wollen, müssen wir unser Verhalten ändern. Und dazu gehört auch, mit welchen Mitteln wir uns bewegen, wie wir wohnen und wie wir unsere Energie produzieren. Ich halte es außerdem für höchst zweifelhaft, dass die Spritpreise bei einer Steuerbefreiung sinken würden. Wahrscheinlicher ist, dass die Preise sich nicht ändern, die Gewinne der Ölkonzerne jedoch steigen würden. Ganz entscheidend ist darüber hinaus, dass mit dem gesamten Ökosteuer-Aufkommen die Rentenzahlungen mitfinanziert werden, um so höhere Rentenbeiträge zu verhindern.

Insbesondere der Klimaschutz erfordert, dass sich die Kfz-Steuer am auch CO2-Ausstoß und nicht allein am Hubraum orientiert. Hierzu wurden im Dezember 2007 vom Kabinett Eckpunkte verabschiedet, die Grundlage für die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern sind. Die Umstellung wird grundsätzlich auch von der SPD unterstützt.

Eine stärkere Belastung von Altfahrzeugen wollen wir dagegen vermeiden. Die SPD hat sich darauf festgelegt, die Neuregelung so zu gestalten, dass die Besitzer von Altfahrzeugen nicht stärker belastet werden als bisher. Gerade sie verfügen häufig über geringere Einkommen und können sich kurzfristig keinen schadstoffärmeren Neuwagen leisten. Wir streben daher an, die Umstellung ausschließlich im Bereich der Neuwagen einzuführen. Dies gibt dem Neuwagenkäufer die Möglichkeit, seine Entscheidung über ein Modell von dessen CO2-Ausstoß und der entsprechenden Kfz-Steuerbelastung abhängig zu machen. Wir setzen so einen starken Anreiz zum Kauf und damit auch zur Herstellung von emissionsärmeren Autos.

Schließlich ist es Schwerpunkt sozialdemokratischer Politik, Arbeitnehmer mit vergleichsweise niedrigen Einkommen nach Kräften zu fördern. Ich möchte an dieser Stelle nur darauf hinweisen, dass

• die rot-grüne Koalition den steuerlichen Freibetrag für Verheiratete bereits im Jahr 2004 von 14.470 auf 15.329 Euro angehoben und den Eingangsteuersatz von 25,9 Prozent im Jahr 1998 auf 15 Prozent seit 2005 gesenkt hat;
• auch der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung von 6,5 auf 3,3 Prozent gesenkt wurde;
• nicht nur die Möglichkeiten der Kinderbetreuung ausgebaut werden, sondern auch das Kindergeld von 112,48 Euro für das erste Kind (1998) auf 154 Euro für das erste Kind (ab 2002) erhöht wurde.

Wie Sie sehen, hat die SPD seit 1998 viel für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland bewirkt. Wir sollten die Erfolge angesichts der vielfältigen Herausforderungen (Schuldenabbau und Verringerung der Arbeitslosigkeit, Gewährleistung eines leistungsfähigen und effizienten Gesundheitssystems, Sicherung der Renten, Senkung der Sozialversicherungsbeiträge, Investitionen in Schulen, Bildung, Kinderbetreuung, umweltfreundliche Technologien und vieles mehr) nicht gering schätzen.

Seien Sie aber gewiss, dass auch uns die Belastung der Verbraucher durch die gestiegenen Energiepreise umtreibt. Eine kurzfristig wirkende Maßnahme zur Abhilfe wird die vom Bundestag beschlossene Reform des Wohngeldes sein, das in Zukunft auch die Heizkosten berücksichtigen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Angelica Schwall-Düren