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Angelica Schwall-Düren
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Frage von Mario P. •

Frage an Angelica Schwall-Düren von Mario P. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Dr. Schwall-Düren,
sie werden sicherlich mittlerweile von Offenen Briefen bezgl. Vorratsdatenspeicherung überschwemt. Daher sende ich meine Anfrage lieber über diesen Weg.
Ich bin mittlerweile sehr bestürzt über die Entwicklung in Deutschland eine immer größere Überwachung des Bürgers voranzutreiben. Das Argument "Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten" ist leider nicht wirklich schlüssig. Schon das Bundesverfassungsgericht hat am 15. Dezember 1983 (AZ. 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83) dem Gesetzgeber enge Grenzen bei der Erhebung und Speicherung von Daten über seine Bürger gesetzt. Nun soll im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung eine vollständige Überwachung meiner Kommunikation erfolgen (ich weiss das noch nicht der Inhalt protokolliert wird, Betonung auf "noch"). Dies kann nicht im Sinne einer freiheitlich organisierten Demokratie sein. Das Argument der Terrorismusbekämpfung oder Kriminalitätsbekämpfung ist leider ein sehr zweischneidiges Schwert. Wenn dies nur mit der Einschränkung Grundgesetzlich garantierter Rechte einhergeht, ist dies abzulehnen. Mal davon abgesehen, dass jemand der eine Bombe bauen kann und diese Informationen aus dem Internet bezieht, wohl in der Lage sein wird, seine Kommunikation zu schützen. Dies wird an den mangelhaften Erfolgen einer präventiven Ermittlung glaube ich auch sehr deutlich. Mittlerweile soll sogar mein Computer, ohne mein Wissen, durchforstet werden (ist ja hier in NRW verabschiedet). Da ich in Computerbranche arbeite weiss ich mich zum Glück zu schützen. Aber das ich einmal mich vor dem Staat schützen müsste und nicht nur vor Kriminellen und Script Kiddies (Phishing/Viren/Trojaner), hätte ich niemals gedacht.
Wie stehen Sie zu diesem Gesetzentwurf?

Mit freundlichen Grüßen
Mario Peschke

PS: im Falle das dieser Gesetzentwurf verabschiedet werden sollte, werde ich die angestrebte Verfassungsklage unterstützen.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Peschke,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 15. Januar 2007, die ich über www.abgeordnetenwatch.de erhalten habe. Ihre Entscheidung, an mich als Ihre zuständige Wahlkreisabgeordnete zu schreiben war richtig, denn auch Ihre Vermutung, dass ich mit E-Mails zur Vorratsdatenspeicherung in den vergangenen Monaten überschwemmt wurde, entspricht der Wirklichkeit. Daher muss ich an dem Prinzip festhalten, nur die E-Mails zu beantworten, die aus meinem Wahlkreis kommen, wie die Ihre.

In Ihrem Schreiben haben Sie Bedenken gegenüber der gesetzgeberischen Umsetzung der europäischen Richtlinie zur „Vorratsdatenspeicherung“ formuliert.

Die grundsätzlich bis Herbst 2007 umzusetzende Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) und damit auch Deutschland zur Einführung von Speicherungspflichten für bestimmte Telefon- und Internetdaten zu Zwecken der Terror- und Verbrechensbekämpfung für eine Dauer von mindestens sechs und höchstens 24 Monaten.

Die SPD-Bundestagsfraktion nimmt sowohl ihre Verantwortung für eine wirksame Kriminalitätsbekämpfung als auch ihre Verpflichtung für die Achtung der Bürgerrechte ernst. Meine Fraktion hat ihren Vorbehalt gegen die EU-Regelung zur „Vorratsdatenspeicherung“ erst aufgegeben, nachdem die Bundesregierung in Brüssel einen zufrieden stellenden Kompromiss erzielt hatte, dem letztlich auch das Europäische Parlament zugestimmt hat. Der deutschen Regierung ist es auf europäischer Ebene gelungen, die „Vorratsdatenspeicherung“ auf das zu reduzieren, was zur Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität tatsächlich erforderlich und angemessen ist.

Dabei hatten die Initiatoren der „Vorratsdatenspeicherung“ auf EU-Ebene mit den anfänglichen Entwürfen weitergehendes vorgesehen:

So sollte die Mindestspeicherfrist zwölf Monate betragen. Durch lange und intensive Verhandlung ist erreicht worden, dass es jetzt nur noch sechs Monate sind. In der Praxis bedeutet das, dass die Unternehmen, die die relevanten Daten heute bereits für erhebliche Zeiträume zu geschäftlichen Zwecken aufbewahren, keine wesentlich längeren Speicherungen vornehmen müssen als bisher.

Ursprünglich sollten auch so genannte „erfolglose Anrufversuche“ gespeichert werden. Damit konnten wir nicht einverstanden sein, denn die Speicherung dieser Daten wäre für die Telekommunikationsunternehmen sehr teuer geworden. Zudem gibt es keinen Bedarf für die Speicherung einer solchen Flut von Daten. Auch dieses Thema ist vom Tisch: „erfolglose Anrufversuche“ müssen grundsätzlich nicht gespeichert werden.

Ebenfalls gespeichert werden sollten Standortdaten am Ende von Mobilfunkverbindungen. Der Vorschlag wurde gekippt und somit verhindert, dass durch das Anlegen von engmaschigen Bewegungsprofilen in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger eingegriffen wird.

Beim Internet wird schließlich lediglich gespeichert, dass sich der Nutzer online befindet. Es werden ebenfalls Daten zur Internettelefonie und bezüglich der E-Mail-Dienste gespeichert. Inhalte, wie immer behauptet wird, also auch Informationen, welche Websites benutzt werden, werden auch hier nicht gespeichert. Denn Daten, die Aufschluss über den Inhalt einer Kommunikation (z. B. E-Mail oder Telefongespräch oder Seiten, die ein Nutzer aufgerufen hat) geben, dürfen nach der Richtlinie nicht gespeichert werden.
Die Richtlinie enthält Vorgaben für Regelungen zum Datenschutz und zur Datensicherheit, die mit Sanktionen bewehrt werden müssen. Die Sanktionen sollen insbesondere einen unbefugten Zugriff oder Umgang mit den Daten verhindern und die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen sichern.

Zur Umsetzung der EU-Richtlinie liegt bislang nur ein Referentenentwurf aus dem Bundesjustizministerium vom 8. November 2006 vor, der sich noch in der Ressortabstimmung befindet. Sobald ein Gesetzentwurf dem Deutschen Bundestag zugeleitet werden wird, wird die parlamentarische Beratung anfangen. Es ist davon auszugehen, dass aufgrund der Komplexität und des umgehenden Spektrums, das das Gesetz im Bereich der Strafprozessordnung umfängt, eine Anhörung im Deutschen Bundestag stattfinden wird. Sie können sicher sein, dass die SPD-Fraktion den Entwurf kritisch auf dessen Auswirkungen auf die grundgesetzlich verankerten Bürgerrechte prüfen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Angelica Schwall-Düren