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Anette Kramme
SPD
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Frage von Max S. •

Ist es für Sie denkbar 1. die Rechte von Arbeitslosen bei Sanktionen zu stärken? 2. Statistiken abzuschaffen so dass der Mensch im Vordergrund steht? 3. MA des JC bei Fehlern zur Verantwortung zu ziehen?

1. Arbeitslose müssen damit rechnen auch Sanktionen zu erhalten wenn sie nichts falsch gemacht haben da die Aussage im Anhörungsverfahren bis zur Widerlegung der Vorwürfe nicht gewertet wird. Das bedeutet das man evt. ohne Antwalt nicht zu seinem Recht kommt. Das verletzt Art.11 der Menschenrechte. Was gedenken sie dagegen zu tun?
2. Sind Sie gewillt die Statistiken für MA des JC abzuschaffen damit nicht das eingesparte Geld (durch Sanktionen usw) sondern die Menschen die wirklich gewillt sind wieder in Arbeit zu kommen im Vordergrund stehen?
3. Sind Sie bereit eine Möglichkeit zu schaffen die es den "Kunden" ermöglicht MA bei mutwilligen Fehlern oder Mobbing zur Verantwortung zu ziehen (Dienstaufsichtsbeschwerden werden von Kollegen bearbeitet die den jeweiligen MA sicher nicht belasten (Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus) und sind somit nutzlos.) ?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr S.,

danke für Ihre Fragen.

Antwort zu Frage 1:

Mit der Grundsicherung für Arbeitsuchende wird zum einen sichergestellt, dass der Lebensunterhalt und die Wohnkosten bezahlt werden können. Zum anderen wird die politische Grundentscheidung für eine aktivierende Arbeitsmarktpolitik umgesetzt. Das heißt: Wer den Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln decken kann, dem gewährleistet der Staat ein menschenwürdiges Existenzminimum. Dies ist und bleibt ein Kernversprechen unseres Sozialstaats. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sollen aber nicht nur mit finanziellen staatlichen Fürsorgeleistungen versorgt werden. Sie sollen gleichzeitig umfassend dabei unterstützt werden, dass ihre Hilfebedürftigkeit möglichst vermieden, überwunden oder verringert wird. Deshalb sind in der Grundsicherung sowohl Rechte als auch Pflichten für jeden Beteiligten, also Leistungsberechtigte und Jobcenter vorgesehen. Den Mitwirkungspflichten kommt eine nicht unbedeutende Rolle zu. Diese Mitwirkungspflichten müssen deshalb, wenn nötig, durchgesetzt werden können, erforderlichenfalls auch durch Leistungsminderungen. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 5. November 2019 die Mitwirkungspflichten und deren Durchsetzung im Grundsatz als verfassungskonform anerkannt.

Wird eine Pflichtverletzung vermutet, klärt das Jobcenter den Sachverhalt. Hierbei sind Betroffene zum Vorwurf der Pflichtverletzung und der damit im Zusammenhang stehenden Umstände anzuhören. Diese Anhörung erfolgt regelmäßig in einem persönlichen Gespräch, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es Leistungsberechtigten schwer fällt, die Umstände ihres jeweiligen Einzelfalles in einer nur schriftlichen Anhörung darzulegen. Werden in der Anhörung wichtige Gründe für die versäumte Mitwirkung oder eine außergewöhnliche Härte im Zusammenhang mit der konkreten Mitwirkungshandlung dargestellt, dürfen die Jobcenter die Leistungen nicht mindern.

Antwort zu Frage 2:

Die Integrationsarbeit der Jobcenter stellt immer den Menschen in den Mittelpunkt. Ziel der Jobcenter ist es, Menschen individuell zu betreuen und die jeweiligen Bedarfe jedes einzelnen Leistungsberechtigten zu berücksichtigen. Dennoch kommt ein großes soziales Sicherungssystem wie die Grundsicherung nicht ohne Statistiken und Kennzahlen aus. Statistiken werden zu unterschiedlichsten Zwecken angefertigt, u. a. für die öffentliche Berichterstattung sowie für Steuerungszwecke. Die auf die Jobcenter bezogenen, aber auch auf übergeordneten Ebenen - z.B. Bundesländer - zu verschiedenen Kennzahlen erstellten Auswertungen dienen u. a. dazu, Transparenz und Vergleichbarkeit über die Leistungsfähigkeit der Jobcenter zu schaffen. Diese und weitere prozessbezogene Kennzahlen tragen dazu bei, ein umfassendes Bild zum gesamten Leistungsprozess in den Jobcentern und zur Qualität des Integrationsprozesses zu erhalten. Dazu werden über Befragungen auch regelmäßig Meinungen von Leistungsbeziehenden einbezogen. Die Anzahl und die Höhe von Sanktionen spielen dabei keine Rolle. Insbesondere wird auch keine der Kennzahlen, die für die Zielsteuerung der Jobcenter relevant sind, durch Sanktionen beeinflusst.

Antwort zu Frage 3:

Eine entsprechende Möglichkeit besteht bereits. Sowohl für das BMAS als auch für die Bundesagentur für Arbeit (BA) ist es wichtig, dass alle Leistungsberechtigten und Ratsuchenden in den Agenturen für Arbeit und in den Jobcentern eine Möglichkeit haben, bei Schwierigkeiten im Umgang mit den Mitarbeitenden der Dienstelle Hilfe zu bekommen. Hierzu hat die Zentrale der BA das Kundenreaktionsmanagement eingerichtet, das als eine eigenständige und neutrale Anlaufstelle fungiert und die Beschwerden objektiv bearbeitet. Neben dem zentralen Kundenreaktionsmanagement der BA verfügen auch die einzelnen Agenturen und Jobcenter in der Regel über eigene Kundenreaktionsmanagementstellen.

Mit der Dienstaufsichtsbeschwerde wird das persönliche Verhalten eines Mitarbeitenden gerügt. Sie ist zu unterscheiden von der Sachbeschwerde, die sich gegen eine bestimmte fachliche Entscheidung oder Auskunft richtet. Für die Beantwortung der Dienstaufsichtsbeschwerde ist daher auch nicht die bzw. der Fachvorgesetzte, sondern die bzw. der Dienstvorgesetzte zuständig. Für die Jobcenter ist das die Geschäftsführerin bzw. der Geschäftsführer. Bei der Dienstaufsichtsbeschwerde hat die Beschwerdeführerin bzw. der Beschwerdeführer einen Anspruch darauf, dass die Beschwerde behandelt wird, dass also geprüft wird, ob das Vorgehen bzw. Verhalten eines bestimmten Mitarbeitenden dienstrechtlich zu beanstanden ist oder nicht. Es besteht auch Anspruch auf Erhalt einer Antwort, wie in der Sache entschieden ist und welche Maßnahmen auf die Beschwerde hin veranlasst worden sind. Eine nähere Begründung hingegen kann nicht verlangt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Anette Kramme

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