Frage an Anette Kramme von Heinz S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Kramme,
was haben Sie und Ihre Partei bisher konkretes unternommen und was wollen Sie tun, um den ständigen Kaufkraftverlust der Rentner entgegenzuwirken, der in den letzten 10 Jahren ca. 12% betragen hat.
Die Bundesrepublik hat ja offensichtlich genügend Geld, um diesen Verlust zu verhindern, denn bei den Beamtenpensionen ist das ja ohne Diskussionen möglich.
Was tun Sie weiterhin, um die Altersversorgung der Beamten, Abgeordneten und Rentner einander endlich spürbar anzugleichen?
Ich bitte um eine konkrete Antwort mit nachprüfbaren Fakten.
Mit freundlichen Grüßen
Heinz Schörner
Sehr geehrter Herr Schörner,
die SPD fordert in ihrem Grundsatzprogramm, die gesetzliche Rentenversicherung langfristig auf alle Erwerbstätigen auszudehnen, also auch Beamte einzubeziehen. Dieses Ziel kann jedoch nicht kurzfristig realisiert werden. Grund dafür ist zum einen, dass wesentliche Elemente der Beamtenversorgung durch Artikel 33 des Grundgesetzes geschützt sind. Zum anderen ist der Bund seit der Föderalismusreform nur noch die Versorgung der Bundesbeamten (und Berufssoldaten) zuständig. Für die Landesbeamten sind die jeweiligen Bundesländer zuständig. Notwendig wären also zunächst Änderungen im Grundgesetz. Diese bedürfen aber einer Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat, die auf absehbare Zeit nicht zu erwarten ist.
Das Grundsatzprogramm der SPD geht außerdem davon aus, dass die gesetzliche Rentenversicherung durch Betriebsrenten und öffentlich geförderte private Vorsorge ergänzt wird. Deshalb kann die Beamtenversorgung nicht allein durch die Rentenversicherung ersetzt werden, sondern die Beamtenschaft müsste dann, wie jetzt schon die Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes, ergänzend bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder versichert werden. Auch 84 Prozent der Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 1.000 Beschäftigten verfügen über eine zusätzliche Betriebsversorgung (in unterschiedlicher Höhe). Da die Beamtenversorgung beitragsfrei ist, muss bei ihrer Ablösung durch Rentenversicherung und Betriebsversorgung damit gerechnet werden, dass die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes eine Erhöhung der Bruttobezüge fordern, um die Beitragsbelastung auszugleichen. Außerdem werden bestehende Beamtenverhältnisse bzw. erworbene Versorgungsanwartschaften weitgehend unberührt bleiben müssen.
Auch wenn ein grundlegender Wechsel im System der Beamtenversorgung also kurzfristig nicht stattfinden kann, können Änderungen des Rentenrechts trotzdem wirkungsgleich auf die Beamtenversorgung übertragen werden, wie es schon in der Vergangenheit geschah.
Die Regelaltersgrenze steigt seit 2012 auch für Bundesbeamte von 65 auf 67 Jahre gleitend an. Ebenso wurde die weitgehend eingeschränkte Berücksichtigung von Ausbildungszeiten durch einen entsprechenden Abzug wirkungsgleich auf die Bundesbeamtenversorgung übertragen.
Mit dem Versorgungsänderungsgesetz 2001 ist der sog. Riester-Faktor, mit dem die Rentensteigerungen vermindert werden, in die damals noch bundeseinheitliche Beamtenversorgung übernommen worden. Allein damit wurde das Niveau der Bundesbeamtenversorgung bis Anfang 2011 in acht Schritten um insgesamt 4,33 Prozent gesenkt. Seitdem werden die Tarifabschlüsse - wie schon von 1999 bis 2002 - wieder jeweils um 0,2 Prozent gekürzt auf die Bundesbeamtenbesoldung und damit auch auf die -versorgung übertragen. Das gilt für jeden einzelnen Erhöhungsschritt, d. h. wenn der Tarifabschluss die Erhöhung auf drei Zeitpunkte in zwei Jahren verteilt, werden dreimal 0,2 Prozent abgezogen. In der Rentenversicherung ist der sog. Riester-Faktor in den Jahren 2008 und 2009 nicht angewendet worden, was jetzt noch nachgeholt werden muss.
Geplant war auch eine zusätzliche Kürzung der Beamtenversorgung wegen des in der Rentenversicherung ab 2005 eingeführten Nachhaltigkeitsfaktors. Der Entwurf des von uns eingebrachten Versorgungsnachhaltigkeitsgesetzes ist jedoch durch das vorzeitige Ende der Wahlperiode im Sommer 2005 gescheitert. Danach stellte sich heraus, dass der Nachhaltigkeitsfaktor in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die zunächst erwartete niveausenkende Wirkung hatte. Wir haben deshalb 2009 mit dem Dienstrechtsneuordnungsgesetz festgelegt, dass die Bundesregierung zum Stichtag 31. Dezember 2011 unter Berücksichtigung der allgemeinen Entwicklung der Versorgungssysteme prüft, ob die bisherigen und künftigen Einschnitte in der Beamtenversorgung des Bundes ausreichen. Das ist nach dem Prüfbericht der Bundesregierung vom 19. Juli 2012 bis jetzt der Fall. Wir werden die künftige Entwicklung im Auge behalten.
Über längere Zeiträume haben sich Rente und Beamtenversorgung bisher durchaus ähnlich entwickelt. Die jährlichen Veränderungen weichen aber wegen der Besonderheiten der unterschiedlichen Versorgungssysteme immer wieder voneinander ab. So stieg die Rente 2007, 2009 und 2011 stärker als die Bundesbeamtenversorgung. 2008, 2010 und 2012 verhielt es sich umgekehrt. In 2013 erhöhte sich die Bundesbeamtenversorgung zum 1. Januar und zum 1. August jeweils um 1,2 Prozent, die Rente in Westdeutschland um 0,25 Prozent, in Ostdeutschland um 3,29 Prozent. Davon zu unterscheiden ist noch die zahlenmäßig bedeutendere Beamtenversorgung in den einzelnen Ländern, deren Besoldungs- und Versorgungserhöhung sich überwiegend am Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) orientiert, aber aktuell unterschiedlich ausfällt.
Im Übrigen hat der Bund zum 1. Januar 2007 einen Versorgungsfonds errichtet, mit dem die Versorgungslasten für neu eingestellte Beamte gedeckt werden. Damit wird der Bundeshaushalt nicht erst in der Zukunft, sondern zeitnah mit den Versorgungskosten belastet, womit der bisherige Anreiz entfällt, wegen des scheinbaren Kostenvorteils eher Beamte als Tarifbeschäftigte einzustellen.
Die durchschnittliche Höhe von Renten und Pensionen ist im Übrigen nur schwer zu vergleichen:
• Bei der Beamtenversorgung handelt es sich um eine sog. Vollversorgung, die nicht nur die Rente ersetzt, sondern auch die ganz oder teilweise arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung, die die Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes und viele andere Arbeitnehmer, zumindest in Großunternehmen, erhalten.
• Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung bewirkt, dass darüber liegende Einkommensanteile bei der gesetzlichen Rente unberücksichtigt bleiben. Gleichwohl werden sie in der Regel versorgungswirksam. Gerade bei denjenigen Angestellten in der Privatwirtschaft, deren Gehälter die Beitragsbemessungsgrenze überschreiten, sind Pensionszusagen der Arbeitgeber üblich. Alternativ werden die Gehälter so bemessen, dass die Angestellten selbst eine zusätzliche Altersversorgung sicherstellen können.
• Es gibt in der heutigen Rentnergeneration zahlreiche Klein- und Kleinstrenten bei Personen, die nur kurzzeitig (versicherungspflichtig) gearbeitet haben und danach beispielsweise Hausfrau wurden oder als Selbstständige nicht mehr der Versicherungspflicht unterlagen. Beamte schieden in derartigen Fällen aus dem Beamtenverhältnis aus und wurden in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert, weshalb es Klein- und Kleinstpensionen zwangsläufig nicht gibt, sondern diese auch noch in Form von Renten anfallen. Das gleiche gilt für Zeitsoldaten, die stets in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert werden.
• Die beiden Statusverhältnisse des öffentlichen Dienstes (Beamte und Tarifbeschäftigte) sind nicht gleichmäßig über die unterschiedlichen Qualifikationen verteilt. Mehr als drei Viertel der Beamten (ohne Soldaten) gehören zu den Laufbahnen des gehobenen und höheren Dienstes, nur knapp ein Viertel gehört zu den Laufbahnen des einfachen und mittleren Dienstes (Stand 2010).
Mit freundlichen Grüßen
Anette Kramme