Frage an Anette Kramme von Brigitte S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Kramme,
es mehren sich Vorwürfe gegen Ärzte und Dipl.- Psychologen, wonach diese - warum auch immer - falsche Gutachten ablieferten, auf deren Grundlage z.B. falsche Gerichtsurteile gefällt wurden.
Im Zusammenhang mit dem bekannt gewordenen Fall des Herrn Gustl Mollath, der m.W. noch im BKH Bayreuth untergebracht ist, stieß ich auf dessen Forderungen in Bezug auf das evtl. Einholen eines neuen ärztlichen (psychiatrischen) Gutachtens.
Man kann diese - in einer "Kontrovers" -Sendung des BR öffentlich gemachten- Forderungen hören ab Min 6:05 auf dem Youtube- Video (Link: http://www.youtube.com/watch?v=Ib3SxLnzncM ).
Herr Mollath fordert demnach vor dem Hintergrund seiner konkreten Erfahrungen:
1.einen Sachverständigen, der nachlesbar anerkannte wissenschaftliche Methoden anzuwenden in der Lage und
2. charakterlich zuverlässig zu sein verspricht. Darüber hinaus sollte der Sachverständige
3.eine vollständige Bild- Tonaufnahme (und die Anwesenheit einer Vertrauensperson während des Explorationsgespräches) erlauben.
Hierzu habe ich folgende Fragen an Sie, die Sie m.W. von Beruf Rechtsanwältin sind:
1.Was spricht gegen die Einführung von gesetzlichen Bestimmungen, welche die Richter künftig verpflichten, grundsätzlich Gutachter aus einem anderem als dem Bundesland zu beauftragen, in dem das Gericht ansässig ist?
2.Was spricht -angesichts der weiten Verbreitung von Videoaufnahmen auch im öffentlichen Raum - gegen die rasche Einführung einer gesetzlichen Videodokumentationspflicht mit Erfassen aller Äußerungen des Probanden wie des Gutachters von Beginn (Aufklärung über den Begutachtungszweck und die Rechte des Betroffenen durch den Sachverständigen) bis zum Ende des Untersuchungsgespräches zur Qualitätssicherung?
3. Was spricht gegen eine gesetzliche Regelung zur Anwesenheitserlaubnis einer Vertrauensperson auf Wunsch des Betroffenen?
Mit frdl. Grüßen
Brigitte Schneider
Arbeitsgruppe Recht/ Psychiatriemißbrauch
Sehr geehrte Frau Schneider,
vielen Dank für Ihre Frage vom 13.04.2013.
Rechtsprechung ist im Wesentlichen Ländersache. Gegen die Einführung einer solchen gesetzlichen Verpflichtung, wie von ihnen in der ersten Frage aufgeworfen, spricht, dass die Bundesrepublik Deutschland ein föderaler Bundesstaat ist, d.h. die staatlichen Aufgaben zwischen Bund und Gliedstaaten sind so aufgeteilt, dass beide politischen Ebenen für bestimmte (verfassungsgemäß festgelegte) Aufgaben selbst zuständig sind. In Art. 20 Abs. 1 GG ist dies ausdrücklich festgelegt und gemäß Art. 79 Abs. 3 GG so unabänderlich.
Die Einführung einer gesetzlichen Videodokumentationspflicht mit Erfassen aller Äußerungen des Probanden wie des Gutachters von Beginn bis zum Ende des Untersuchungsgesprächs, wie von Ihnen in der zweiten Frage aufgeworfen, ist keine, bzw. noch keine zu ziehende Konsequenz aus dem Fall G. Mollath. Dieser hat, nachdem der damalige Richter am Amtsgericht Huber die Hauptverhandlung ausgesetzt und einen Facharzt mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt hat, sich nicht geäußert, bzw. kein Wort gesprochen.
Unter anderem auf Grund der Strafanzeige Mollaths, die von seinem Rechtsanwalt am 04.01.13 an die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg erstattet wurde, scheint die Angelegenheit noch nicht „reif“, um gesetzgeberische Konsequenzen für ein generell abstraktes Gesetz aus diesem einzelnen Fall zu ziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Anette Kramme