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Frage von Markus W. •

Frage an Andreas Storm von Markus W. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Storm,

ich bin Doktorrand an der TU Darmstadt und im Moment in Australien, um hiesige Forscher zu besuchen. Hier wimmelt es von Deutschen. Nicht irgendwelchen, sondern Spitzenforschern. Und die meissten sind nicht freiwillig hier, sondern sind vor dem Deutschen Forschungssystem geflohen.
Und einer der Gruende dafuer ist die Ihnen sicher bekannte sechs-Jahres-Regel: Man darf hoechstens 6 Jahre in Zeitvertraegen des oeffentlichen Dienstes verbringen. Dumm nur, dass die meisten Forschungsgelder befristet sind und folglich die Stellen ebenfalls befristet sind. Dadurch kommt es, dass man nach der Promotion effektiv 6 Jahre Zeit hat, eine Professur zu finden (andere Unbefristete Stellen gibt es nicht mehr). Wenn man nach 6 Jahren keine Professur hat, steht man vor dem Ende der eigenen Karriere. Selbst, wenn man gut ist und es Stellen gaebe. Die sind aber alle befristet.
Auf dieses Spiel lassen sich nur sehr wenige ein, die besten gehen ins Ausland. Auch fuer micht steht im Moment fest: Nach der Promotion werde ich entweder Forscher oder lebe in Deutschland. Das ist sehr schlecht fuer Deutschland, schliesslich kostet das Studium und die Promotion den Steuerzahler viel Geld. Und genau zur Produktivsten Zeit des Wissenschaftler-Lebens zwischen Promotion und Professur gehen die besten dann ins Ausland, geben ihr Wissen weiter, gruenden Firmen, zahlen Unmengen an Steuern oder kurz gesagt: Tun was fuer die Gesellschaft. Da hilft es dann auch wenig, wenn wir viel Geld ausgeben, um wenige von diesen Vertriebenen wieder nach Deutschland zu holen. Meistens ist es dann zu spaet.
Deswegen meine etwas provokante Frage: Warum hat es sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, Forscher fuer den Weltmarkt auszubilden? Und das auch noch kostenlos. Koennen sie das dem Baecker erklaeren, der Ihnen morgens die Broetchen verkauft und abends die Steuern zahlt, von denen Sie, ich und viele andere leben?

Viele Gruesse aus Canberra, Australien,

Markus Weimer

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Sehr geehrter Herr Weimer,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 7. Mai 2007 zum Arbeitsrecht in der Wissenschaft und zur Befristung von wissenschaftlichem Personal in Deutschland.

In diesem Kontext möchte ich Sie insbesondere auf das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) hinweisen, das am 18. April 2007 in Kraft getreten ist.

Das WissZeitVG enthält die aus dem Hochschulrahmengesetz (HRG) bekannten Sonderregelungen für die befristete Beschäftigung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals (ohne Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer) während der Qualifizierungsphase, die so genannte 12-Jahresregelung bzw. in Medizin die so genannte 15-Jahresregelung: Danach kann das wissenschaftliche und künstlerische Personal, das nicht promoviert ist, bis zu sechs Jahren befristet beschäftigt werden (§ 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG). Nach Abschluss der Promotion ist eine Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren, im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren zulässig (§ 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG). Bei einer kürzeren Phase vor Abschluss der Promotion als 6 Jahre verlängert sich der Befris-tungszeitraum nach der Promotion entsprechend. Diese Regelungen, die im Jahre 2002 eingeführt wurden, haben sich in der Praxis sehr bewährt. Parallel mit dem neuen Befristungsrecht war übrigens eine Übergangsregelung geschaffen worden, die auf jeden Fall eine sachgrundlose befristete Beschäftigung bis zum 29. Februar 2008 auch für diejenigen ermöglichte, die die genannten Fristen bereits ausgeschöpft haben.

Neu im WissZeitVG ist nun die in § 2 Abs. 2 des Gesetzes vorgesehene Möglichkeit, unabhängig von den Zeitgrenzen für die sachgrundlose Befristung während der sog. Qualifizierungsphase, auch darüber hinaus befristete Arbeitsverträge auf der Basis eingeworbener Drittmittel abzuschließen. Die Politik trägt damit dem Umstand Rechnung, dass die Arbeit in zeitlich befristeten Forschungsprojekten heute zum typischen Karriereweg der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Deutschland, aber auch weltweit, gehört. Mit dem neuen Gesetz werden deshalb die Möglichkeiten einer Beschäftigung in der Wissenschaft nach Abschluss der Qualifizierungsphase deutlich verbessert.

Anmerken möchte ich außerdem, dass die Auffassung, das bisherige Befristungsrecht hätte eine absolute Obergrenze für Zeitverträge im öffentlichen Dienst vorgesehen, definitiv falsch ist. Nach Ausschöpfung des Befristungsrahmens für die Qualifizierungsphase konnten schon bisher weitere befristete Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal abgeschlossen werden, allerdings - abgesehen von der oben genannten Übergangsregelung - nicht aufgrund des HRG, sondern nach Maßgabe des allgemeinen Arbeitsrechts, insbesondere also auf Basis des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG). Danach sind Befristungen zulässig, wenn sie durch einen Sachgrund gerechtfertigt sind.

Nähere Informationen zum neuen Wissenschaftszeitvertragsgesetz sind im Internetangebot des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bereitgestellt ( http://www.bmbf.de/de/6776.php ), auf die ich Sie hiermit gerne hinweisen möchte.

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Storm