Frage an Andreas Storm von Dietlind M. bezüglich Gesundheit
Sehr gehrter Herr Strom!
Ist es richtig- bzw bekannt, daß ein muslimischer Mann seine u.U. mehreren Frauen und Großfamilien-Mitglieder in seiner Krankenkasse unentgeldlich mitbehandeln lassen kann?
Wie werden ggf,solche zusätzlichen Kosten bei der Gesunheitsreform berücksichtigt?
Mit freundlichem Gruß! Dietlind Möller
Sehr geehrter Herr Möller,
vielen Dank für Ihre Frage über das Medium www.abgeordnetenwatch.de zum Thema „Regelung zur Krankenversicherung der im Heimatstaat lebenden Familien ausländischer Arbeitnehmer“.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat diese Angelegenheit bereits schon seit geraumer Zeit aufgegriffen und das zuständige Bundesministerium schriftlich sowie in mehreren Ausschuss-Sitzungen mündlich um eine ausführliche Erläuterung des Sachverhaltes gebeten. Danach stellt sich der von Ihnen angesprochene Themenkomplex wie folgt dar:
Wenn ein ausländischer Arbeitnehmer in Deutschland gesetzlich krankenversichert ist, wird er ebenso behandelt wie ein deutscher Arbeitnehmer; d. h. er und seine ggf. vorhandenen Familienangehörigen haben die gleichen Leistungsansprüche. Wohnen die Familienangehörigen eines Versicherten im Ausland, kommt ein Leistungsanspruch zulasten der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nur dann in Betracht, wenn für den ausländischen Staat die europäischen Verordnungen über Soziale Sicherheit gelten oder mit diesem ein bilaterales Abkommen über Soziale Sicherheit geschlossen wurde. Diese Regelungen beruhen auf Gegenseitigkeit.
Auf dieser Grundlage erhalten in der Türkei oder im ehemaligen Jugoslawien (Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Serbien und Montenegro) lebende Familienangehörige eines in Deutschland krankenversicherten Arbeitnehmers im Krankheitsfall Leistungen der Krankenversicherung ihres Wohnsitzstaates. Die der Krankenversicherung des Wohnsitzstaates hierdurch entstehenden Kosten sind von der deutschen Krankenversicherung zu erstatten.
Derartige Regelungen entsprechen der allgemeinen Praxis sowohl des zwischenstaatlichen Sozialversicherungsrechts (hier die bilateralen Sozialversicherungsabkommen) als auch des überstaatlichen Sozialversicherungsrechts (EU-Regelungen über Soziale Sicherheit – VO (EWG) Nr. 1408/71). Sie hat ihren Grund darin, dass die Beiträge der Versicherten in aller Regel nicht nur der Abdeckung des eigenen Krankenversicherungsschutzes dienen, sondern zusätzlich auch der Abdeckung des Schutzes der nicht erwerbstätigen Familienangehörigen.
Um den Verwaltungsaufwand gering zu halten, erfolgt die Erstattung der Kosten durch die deutsche Krankenversicherung mittels kalenderjährlich zu vereinbarender monatlicher Pauschalbeträge pro Familie. Der vereinbarte Monatspauschalbetrag wird je Familie unabhängig von der Zahl der anspruchsberechtigten Familienangehörigen gezahlt. Allerdings berücksichtigen die Pauschalbeträge die durchschnittliche Zahl der in diesen Staaten wohnenden Familienangehörigen und die von ihnen durchschnittlich verursachten Kosten. Damit ist es trotz des pauschalen Abrechnungsverfahrens indirekt von finanzieller Bedeutung, wer nach dem Recht des Wohnsitzstaates zu den mitversicherten Familienangehörigen zählt.
Die Abkommen regeln nur für den Fall der Kostenabrechnung auf der Grundlage von familienbezogenen Monatspauschalbeträgen, dass sich der Kreis der anspruchsberechtigten Familienangehörigen nach den Rechtsvorschriften des Wohnsitzstaates der Familienangehörigen richtet. Zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehören im Verhältnis zu den vorgenannten Vertragsstaaten regelmäßig die Ehefrau, sofern sie nicht selbst versichert ist, und die minderjährigen Kinder eines Versicherten. Geschwister eines Versicherten gehören nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis.
Aus der Sicht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion überwiegen bei einer genauen Abwägung des Sachverhaltes die geschilderten Nachteile, die mit einer kurzfristigen einseitigen Kündigung der Sozialversicherungsabkommen durch die Bundesrepublik Deutschland verbunden wären, die negativen Folgen der kritisierten Regelungen. Insbesondere die Ungewissheit über den zukünftigen sozialen Sicherungsschutz im Ausland nach einem ersatzlosen Außerkrafttreten der Abkommen stünde weder unter finanziellen Gesichtspunkten noch unter Gerechtigkeitsaspekten in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen einer solchen Maßnahme. Bei zukünftig abzuschließenden bilateralen Abkommen ist es für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion jedoch wichtig, dass die von Ihnen zu Recht kritisierten Umstände in den Sozialversicherungsabkommen zu Gunsten der gesetzlichen Krankenversicherung geregelt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Storm