Frage an Andreas Schmidt von Andreas L. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Schmidt,
ich wende mich an Sie in Ihrer Eigenschaft als Mitglied des Rechtsauasschusses.
Im Artikel 3(3) GG heißt es:
"Niemand darf wegen seines Geschlechtes...benachteiligt oder bevorzugt werden."
Im Jahre 1968 wurde nachträglich der Artikel 12a(1) eingefügt:
"Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden."
Für mich ein klarer Widerspruch: Wenn nur Männer und nicht Frauen zum Wehr- und Zivildienst eingezogen werden, dann werden Männer aufgrund Ihres Geschlechts benachteiligt.
Hierzu zwei Fragen an Sie:
1. Hat es diesbezüglich Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht gegeben und wie sind diese entschieden worden?
2. Wie ist Ihre persönliche Meinung zu diesem Thema: Würden Sie mir zustimmen, daß Männer aufgrund Ihres Geschlechtes benachteiligt werden, wenn nur sie einer staatlichen Dienstleistungspflicht unterliegen?
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Lindhorst
Sehr geehrter Herr Lindhorst,
mit Ihrer Frage bezüglich einer zunächst augenscheinlichen Benachteiligung des männlichen Geschlechts hinsichtlich der Verpflichtung zum Wehr– und Zivildienst sprechen Sie ein Thema an, welches auch in der Wissenschaft bis heute strittig diskutiert wird.
Als Antwort auf Ihre erste Frage verweise ich auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 27. März 2002 (Az.: 2 BvL 2/02) und die dazugehörige Pressemitteilung (Nr. 47/2002 vom 11. April 2002). Hierin bringt das Bundesverfassungsgericht zum Ausdruck, daß eine Beschränkung der Wehrpflicht auf Männer nicht gegen die Verfassungsgrundsätze verstößt. Entscheidungshintergrund ist das Argument, daß die Vorschriften des Art. 12 a GG den gleichen verfassungsrechtlichen Rang wie die des Art. 3 Abs. 2 und 3 GG besitzen. Zur weiteren Lektüre sei das Urteil des EuGH vom 11. März 2003 (Az.: C-186/01)sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. August 2004 (Az.: AN 15 K 04.00525) empfohlen.
Die Argumentation zu Ihrer zweiten Frage kann ich nachvollziehen. Dennoch bin ich der Überzeugung, daß der Wehr– oder Zivildienst keine Benachteiligung für das männliche Geschlecht bedeutet. Man kann den Dienst ebenso als eine gute Gelegenheit für junge Männer betrachten, während dieser Zeit verschiedenste Kompetenzen weiter auszubauen. Ich denke dabei z. B. an eine mögliche Steigerung des Verantwortungsbewusstseins, Erkenntnissen über Verhaltensformen in Gruppen oder aber auch medizinische Kenntnisse während der Zivildienstzeit oder technische Kenntnisse während der Bundeswehrzeit.
Ein weiteres Argument ist sicherlich jenes, welches sich hinter dem Titel der Kompensationstheorie verbirgt. Ich kann keinen gravierenden zeitlichen Nachteil für die männliche Bevölkerung aufgrund der Wehr– bzw. Zivildienstzeit erkennen. Frauen müssen mit zeitlichen "Benachteiligungen" während des Mutterschuzzes hinsichtlich der Arbeitszeit rechnen. Ich betrachte die persönlichen Einschränkungen der Geschlechter zum Wohle der Gemeinheit als ausgewogen.
Daher halte ich die Dienstleistungspflicht für Männer für angemessen.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Schmidt MdB