Frage an Andreas Schmidt von Marco S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Schmidt,
ein derzeit großes juristisches Problem scheint mir bei der Internet-Abmahnwelle seitens großer Kanzleien zu bestehen, die im Interesse der Medienkonzerne mit einem sehr undurchsichtigen und vom Gesetzgeber nicht kontrollierten System, vermeintliche Internetpiraten zu der Zahlung einer Geldstrafe und einer Unterlassungserklärung nötigen wollen.
Die Abmahnenden Unternehmen stützen sich hier bei auf das herausfiltern einer IP-Adresse, die sie in so genannten P2P-Netzwerken ausfindig gemacht haben. Diese IP-Adresse kann einem bestimmten Nutzer zugeordnet werden. Daher erscheint es vordergründig möglich, dass mit Hilfe der IP-Adresse der Übeltäter exakt bestimmt werden kann.
Natürlich kann man IP-Adressen fälschen (ist gar kein Problem), oder das System, dass die IP-Adressen herausfiltern kann manchmal nicht korrekt funktionieren.
Ich möchte es z.B. mit folgender Situation vergleichen:
Ein Unbekannter stiehlt in ihrem Stamm-Supermarkt eine Flasche Champagner und hinterlässt eine Visitenkarte mit Ihrem Namen darauf. Daraufhin werden sie zur Zahlung von EUR 80,00 verklagt und zur Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung genötigt.
Internetnutzer sind diesem Abmahnverfahren allerdings schutzlos ausgesetzt, da sie als angebliche "Störer" eine Straftat begangen haben...
Mir erscheint die Lage momentan so, als ob jeder Internetnutzer per se als möglicher Downloader illegaler Kopien gebrantmarkt ist. Die sehr undursichtigen Verfahren seitens sogenannter Anti-Piracy-Firmen beim ermitteln von IP-Adressen scheinen andererseits die Justiz nicht auf den Plan zu rufen, dass hier eine große Lobby mit einer Gesetzeslücke den ganz großen Reibach machen möchte. Aufgrund der überlasteten Justiz wird diese Methode sogar unterstützt, da die Herausgabe von Nutzerdaten seitens der Provider ohne Prüfung der sachlichen Richtigkeit seitens der Staatsanwaltschaften angeordnet werden.
Sehen Sie hier nicht auch ein Problem?
Mit freundlichem Gruß,
Marco Sievert
Sehr geehrter Herr Sievert,
vielen Dank für Ihre Frage vom 18. April 2008 zum Thema "Abmahnungen".
Auch wenn es in den Medien manches Mal gern etwas anders dargestellt wird, ist das von Ihnen beschriebene Problem durchaus bekannt. Wir haben gehandelt:
Am 11. April 2008 hat der Deutsche Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD das Gesetz zur Rechtsdurchsetzung im geistigen Eigentum (16/5048) beschlossen. Damit wird die Situation von Verbrauchern, die sich hohen Rechnungen für eine anwaltliche Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung ausgesetzt sehen, verbessert. Künftig sollen bei einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs die erstattungsfähigen Anwaltsgebühren für die Abmahnung nicht mehr als 100 Euro betragen.
Diese und weitere Informationen zu dem Gesetz finden Sie unter anderem unter: http://www.bmj.bund.de/enid/134b7cd79a2471829ad073e17a8875f5,0/Rechtsdurchsetzung_im_geistigen_Eigentum/Inhalt_des_Gesetzes_im_Einzelnen_1gb.html
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Schmidt MdB