Frage an Andreas Schmidt von Karl-Jürgen H. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Schmidt,
wenn ich den veröffentlichten Kommentaren zur geplanten Neufassung der Strafvorschriften zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung Glauben schenken soll, sollen als „sexuell aufreizend“ interpretierbare Fotos von Jugendlichen (zum Beispiel in Badekleidung) demnächst als Kinder- oder Jugendpornographie gelten. Damit gehen die geplanten Strafvorschriften über die unstrittige Ächtung von Darstellungen sexuellen Missbrauchs weit hinaus.
Hierzu habe ich einige Fragen an Sie als Vorsitzendem des Rechtsausschusses im Deutschen Bundestag.
1. Ob man es begrüßt oder nicht: Die permanente Aufzeichnung sämtlicher Lebensbereiche auf elektronischen Medien wird heute immer mehr zur Selbstverständlichkeit. Das gilt besonders für junge Menschen.
- Wessen sexuelle Selbstbestimmung wollen Sie schützen und wovor, wenn Sie Jugendlichen ihr Recht auf das eigene Bild unter Androhung drastischer Strafen einschränken?
2. Welchen Anteil der Bevölkerung und welchen Anteil von bisher als legitim erachteten Schriften und Darstellungen nehmen Sie zu kriminalisieren in Kauf?
Vielleicht sind die folgenden Fragen arg überspitzt, liegen aber dennoch auf der Hand:
- Wollen Sie jedes Straßenfoto aus den 1970-Jahren (Teanager in engen Jeans und Miniröcken mit sich abzeichnenden Geschlechtsorganen) zur Kinder- oder Jugendpornographie erklären?
- Wollen Sie aus den Kunsthallen Deutschlands alle Gemälde und Skulpturen mit Aktdarstellungen Jugendlicher entfernen und als Jugendpornographie vernichten lassen?
- Wollen Sie der gesetzestreuen Bevölkerung zumuten, in ihre Keller und Dachböden zu gehen, um Familienalben, Firmenarchive, Kunstbücher, alte Versandhauskataloge und Zeitschriften mit möglicherweise als „sexuell aufreizend“ interpretierbaren Fotos von Jugendlichen noch rechtzeitig zu entsorgen?
3. Ist es eigentliche Ziel der geplanten Änderungen, mit Hilfe des Strafrechtes stärker als bisher moralische Vorstellungen zu verankern?
Mit freundlichen Grüßen
Karl-Jürgen Hanßmann
Sehr geehrter Herr Hanßmann,
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion geht es darum, Kinder künftig noch besser vor Mißbrauch zu schützen. Das unterstütze ich sehr.
Zu dem Schutz vor Mißbrauch gehört sowohl der Schutz Minderjähriger in ihrer sexuellen Selbstbestimmung als auch der Schutz ihres Rechtes am eigenen Bild – insbesondere vor vermeintlichen "Kunstfotographen". Hierin eine geplante Kriminalisierung großer Teile der Bevölkerung zu vermuten, wäre nicht nur "arg überspitzt".
Es ist auch sachlich nicht haltbar.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Schmidt MdB