Frage an Andreas Schmidt von Wolfgang S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Schmidt,
Der ENTWURF der Fraktionen von CDU/CSU und SPD zum Thema "Unterstützung für Opfer der SED-Diktatur - Eckpunkte für ein 3. SED-Unrechtsbereinigungsgesetz" beginnt in den ersten 3 Absätzen mit schön klingenden Worten über "Würdigung der Opfer, solidarische Leistung, moralische Dimension, Einsatz für Werte der Freiheit" um dann im 4. Absatz "die Katze aus dem Sack zu lassen": Natürlich beschränkt auf wirtschaftlich bedürftige Opfer.
Noch heuchlerischer klingt dann die Begründung der Beschränkung auf wirtschaftlich bedürftige Opfer. Die für die bis 1989 in der DDR ansässigen NS-Opfer zu leistende monatliche Rentenzahlung jedenfalls erfolgt ohne jegliche Bedürftigkeitsprüfung. Wir halten dies auch durchaus für richtig. Genau deshalb meinen wir aber, dass dann mit zweierlei Maß gemessen wird und damit ein eklatanter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in unserer Verfassung in den "Eckpunkten" geplant wird.
Dennoch begrüßen wir die Willenserklärung in den "Eckpunkten" als ein - zwar unzureichend kleines - Schrittchen in die richtige Richtung, das wenigstens den am schlimmsten Leidenden eine kleine Hilfe zuteil werden lässt. Aber die schönen Worte in den ersten 3 Absätzen und die verlogene Begründung der Bedürftigkeitsklausel sollte doch aus dem zu schaffenden Gesetz besser draußenbleiben.
Wir meinen: Richtiger, moralischer und würdiger wäre es aber allemal, in dem weiteren Gesetzgebungsverfahren auf die Bedürftigkeitsklausel zu verzichten und dem Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes zu folgen.
Welche Meinung haben Sie, Sehr geehrter Herr Schmidt, zu diesem, von uns als Entwürdigend befundenen Eckpunktepapier und unseren Schlussfolgerungen dazu?
(Bund Stalinistisch Verfolgter (BSV) / Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) Sachsen-Anhalt)
Sehr geehrter Herr Stiehl,
vielen Dank für Ihre Frage vom 6. Februar dieses Jahres zur Bedürftigkeitsprüfung bei der Pension zur Unterstützung für Opfer der SED-Diktatur.
Ich verstehe Ihre Kritik bezüglich der erforderlichen Anspruchsvoraussetzungen bei der Opferpension sehr gut. Die von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion angestrebte unbürokratische Pauschalregelung zur Sicherstellung einer regelmäßigen Zahlung an die Betroffenen ohne die Forderung nach Nachweisen, welche die Opfer von Verfolgung heute zum Teil gar nicht (mehr) erbringen könnten, mußte aber, um durchsetzbar zu sein, in das bestehende System der bundesdeutschen Entschädigungsreglungen eingepaßt werden.
Der Sonderfall der in der früheren DDR lebenden und dort entschädigten NS-Opfer, welche insoweit nach der Widervereinigung einen Bestandsschutz genießen, konnte daher nicht als Maßstab herangezogen werde. Das System der bundesdeutschen Entschädigungsregelungen sieht jedoch die Anknüpfung an die wirtschaftliche Bedürftigkeit vor (vergleiche hierzu etwa die "Richtlinien der Bundesregierung für die Vergabe von Mitteln an jüdische Verfolgte zur Abgeltung von Härten in Einzelfällen im Rahmen der Wiedergutmachung" vom 3. Oktober 1980 (Bundesanzeiger 14. Oktober 1980).
Ziel der Union ist es, zeitnah zu einer Regelung zu kommen, um die heute noch unter den Folgen der DDR-Haft leidenden Opfer, baldmöglichst zu unterstützen. Wir konnten immerhin erreichen, daß die für die Rente erforderliche Haftzeit von zwölf auf sechs Monate verringert wurde. Dadurch können nach Schätzungen des Bundesministeriums der Finanzen weitere 6 000 bedürftige Opfer begünstigt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Schmidt MdB