Andreas Otto, MdA
Andreas Otto
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Eberhard S. •

Frage an Andreas Otto von Eberhard S. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Alle schon bisher im Berliner Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien bemängeln die katastrophale Wohnsituation in Berlin und werben derzeit mit unterschiedlichen Plänen damit, mehr angemessenen und billigen Wohnraum schaffen zu wollen. Dabei haben sich die bisherigen Maßnahmen in diesem Sektor als unzureichend oder sogar kontraproduktiv erwiesen, angefangen bei den Ferienwohnungen bis hin zur sogenannten Mietpreisbremse, die nach allen vorliegenden Erkenntnissen eher das Gegenteil bewirkt hat. Die desolate Mietsituation trägt zu einer weiteren sozialen Spaltung der Bevölkerung bei und führt zu zunehmenden Auseinandersetzungen.

Dabei gäbe es schon längst ein Instrument, das den betroffenen Mieter*innen und Mietinitiativen die Möglichkeit böte, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen: Artikel 28 Absatz 1 der Berliner Verfassung bekräftigt das Grundrecht jedes Menschen auf angemessenen Wohnraum. So fordert auch der UN–Sozialpakt von 1966, der in Deutschland völkerrechtlich verbindlich ist, angemessenen Wohnraum zu erschwinglichen Preisen für alle. Wie die Eberhard–S.–Stiftung für soziale Menschenrechte und Partizipation fordert das Deutsche Institut für Menschenrechte die Ratifikation des Zusatzprotokolls zum UN–Sozialpakt, durch die das Recht auf angemessenen Wohnraum in Deutschland endlich umgesetzt, d.h. auch gerichtlich einklagbar gemacht werden könnte.

Das Land Berlin ist dazu aufgerufen, den Artikel zu präzisieren und mit Leben zu füllen. Deshalb fragen wir Sie als Sprecher für Bauen und Wohnen der Berliner Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen:

Welche Schritte unternehmen Sie und Ihre Fraktion, um das verfassungsrechtlich garantierte Grundrecht auf angemessenen Wohnraum zu konkretisieren und als subjektives und gerichtlich durchsetzbares Recht für alle zu verankern?

Für eine Beantwortung unserer Frage, wenn möglich noch vor der Wahl, wären wir Ihnen dankbar.

Mit freundlichen Grüßen

E. S.
Vorstandsvorsitzender

Andreas Otto, MdA
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

danke für Ihre Frage.

Bündnis 90/Die Grünen setzen sich seit vielen Jahren für mehr Wohnraum ein. Wir wollen die ökologischen und die sozialen Fragen gleichermaßen lösen. Ich habe bereits in meiner ersten Legislaturperiode ab 2006 den Stop von Abrissen und Wohnungsprivatisierungen durch SPD und Linke, mehr Milieuschutzgebiete und die Unterstützung von genossenschaftlichen Wohnprojekten gefordert.

Mietwohnungen im Altbestand müssen erhalten werden, Eigentum sollte vorrangig im Neubau entstehen. Denn der Einsatz privaten Kapitals und gewünschte Eigenverantwortung dürfen nicht mit Verdrängung einher gehen.
Wir stehen für eine Wohnraumförderung, die langfristige Belegungsbindungen sichert und zukunftsfähige Gebäude in einer Stadt im Klimawandel ermöglicht. Für den Erwerb von Sozialwohnungen durch das Land Berlin fordern wir seit zehn Jahren eine Ankaufoffensive.

Die Verfassung von Berlin, auf die Sie abheben, formuliert das Recht auf Wohnraum in Artikel 28 (Recht auf Wohnraum und dessen Unverletzlichkeit) folgendermaßen:

(1) Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum. Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen, sowie die Bildung von Wohnungseigentum.

Dieser Artikel ist für uns Anspruch, insbesondere im Hinblick auf Haushalte mit geringem Einkommen. Die von Ihnen vorgeschlagene Einklagbarkeit lässt sich in der Tat bisher nicht daraus ableiten und spielte in der wohnungspolitischen Debatte der letzten zehn Jahre im Abgeordnetenhaus auch keine Rolle. Ich bin gerne bereit, mit Ihnen darüber zukünftig in die Diskussion zu treten.

Allerdings würde eine andere Rechtsverbindlichkeit nichts daran ändern, dass Berlin Wohnraum für alle Schichten braucht. Ich gehe cavon aus, dass langfristig 20 bis 25% der Haushalte staatliche Unterstützung brauchen, um eine adäquate Wohnung bezahlen zu können. Das ist die soziale Aufgabe. Daneben gibt es die ökologische: Z.B. gibt es ca. 100.000 Wohnungen in Berlin, die mit Asbestbauteilen ausgestattet sind. Der Senat verweigert bisher einen Sanierungsfahrplan und eine zentrale Erfassung.
All diese Aufgaben wollen gelöst werden. Mit oder ohne Verfassungsänderung.

Frdl. Gruß

Andreas Otto, MdA

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