Frage an Andreas Leupold von Friedrich S. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sie sind selbst noch ein junger Lehrer, daher würde mich interessieren, wie man Ihrer Meinung nach dem Lehrermangel in Thüringen begegnen soll bzw. wie man junge Lehrer in der Region halten kann. Ferner möchte ich gern wissen, ob das dreigliedrige Schulsystem Ihrer Ansicht nach reformiert gehört.
Sehr geehrter Herr Schliff!
Dem Lehrermangel sollte aus meiner Sicht mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen begegnet werden:Erstens sollten Lehramtsstudenten bzw. Lehramtsanwärter, die sich schon in der Studienphase verpflichten, für eine Zeitspanne für etwa fünf Jahre in strukturschwachen Regionen zu arbeiten, durch ein Prämiensystem an die ländlichen Gegenden gebunden werden. Ob dies nun durch einen Bafög-Erlass oder durch einen anderen finanziellen Anreiz geschieht, ist in der Fachdiskussion auszuloten.Zweitens müssen die Bewerbungsverfahren gestrafft und entbürokratisiert werden. Häufig gehen uns Lehramtsanwärter durch schnellere Zusagen aus Nachbarbundesländern verloren. Nach dem Vorbild Mecklenburg - Vorpommerns sollten wir auf ein vollumfänglich onlinegestütztes Schuldienstbewebungsverfahren umschwenken.Drittens muss sich dringend die Attraktivität des Grundschullehramtes erhöhen. In der Grundschulzeit wird die Basis für eine erfolgreiche Bildungsbiographie gelegt, jedoch ist der Mangel an Lehrern in den Grundschulen laut neuesten statistischen Erhebungen am gravierendsten. Grundschullehrer sollten nach den gleichen Tarifen wie Regelschul- und Gymnasiallehrer entlohnt werden.Viertens muss die Attraktivität des Lehrerberufs im allgemeinen massiv gesteigert werden. Überbordende bürokratische Aufgaben sollten Lehrer genauso wenig belasten wie die Herausforderungen zu überspannter Inklusions- und Integrationsansprüche. Auch müssen die Studienanforderungen in den Fachwissenschaften an tatsächliche Lehrstofferfordernisse in den Lehrplänen angepasst werden. Warum müssen künftige Lehrer in Mangelfächern wie Mathematik und Chemie mit spitzfindigen Fachsimpeleien überfrachtet werden, welche Studenten dieser Fächer abschrecken und sie hindern, diese Fächer zu studieren? Die universitären Studiengänge müssen also differenzierter auf die jeweiligen Facherfordernisse ausgerichtet werden.Grundsätzlich bin ich ein Anhänger des dreigliedrigen Schulsystems, da dies am ehesten den Leistungsstand unserer Schüler repräsentiert und ihren Lernerfordernissen gerecht wird.Jedoch nehme ich zunehmend die Tendenz wahr, dass zu viele Schüler auf das Gymnasium gehen, die jedoch auf der Regelschule besser aufgehoben wären. Dieses "Imageproblem" der Regelschule sorgt für eine Abwertung beider Schulformen: Der Leistungsanspruch am Gymnasium sinkt genauso wie auf der Regelschule. Die Regelschule sollte wieder das "Herzstück" des Schulsystems und eben die "Regel" sein, während das Gymnasium den leistungsstärkeren Schülern vorbehalten sein sollte. Dies würde mittelfristig zu einer Stärkung der dringend gebrauchten Handwerks- und Facharbeiterberufe führen und eine Überschwemmung der Universitäten mit untauglichen Studenten eindämmen.
Mit freundlichen Grüßen,
Andreas Leupold