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Andreas Lenz
CSU
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Frage von Martin B. •

Frage an Andreas Lenz von Martin B.

Hallo Herr Lenz,

Sie haben ja für die Vorratsdatenspeicherung gestimmt.
Welche Argumente haben Sie davon überzeugt, FÜR dieses Gesetz zu stimmen?
Vielleicht waren ja welche dabei, die in der breiten Öffentlichkeit noch nicht so bekannt sind.

Danke und schöne Grüße,

Martin Bergovec

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Bergovec,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 18. Dezember 2015, in der Sie mich bitten, Ihnen die Argumente zu erläutern, weshalb ich der Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung zugestimmt habe.

Die verspätete Antwort bitte ich ausdrücklich zu entschuldigen. Dies ist einem Büroversehen geschuldet.

Bei der Entscheidung über einen Eingriff in dem durch das Grundgesetz geschütztem Recht auf die Unverletzlichkeit des Post- und Fernmeldegeheimnisses (Art. 10) durch die Vorratsdatenspeicherung gilt es die beiden verfassungsrechtlichen Rechtsgüter Freiheit und Sicherheit gegeneinander abzuwägen. Die individuellen Persönlichkeitsrechte, wie sie im Grundgesetz verbrieft sind, stellen für mich einen wichtigen Wert dar.

Ich kann daher die Sorgen vieler Bürger vor einer lückenlosen Überwachung durch den Staat und eines Missbrauchs der gespeicherten Daten wirklich nachvollziehen. Deshalb habe ich mich sehr intensiv mit allen Positionen beschäftigt.

Das verabschiedete Gesetz berücksichtigt diese Güterabwägung meiner Ansicht nach. Viele Parlamentarier, auch ich, haben sich für eine sorgsame Ausgestaltung des Gesetzes bemüht. Vor allem muss auch für die jetzt getroffene Regelung sichergestellt werden, dass kein Missbrauch stattfindet.

Nichtsdestotrotz zeigt die Erfahrung, dass Straftaten durch die Vorhaltung von Verbindungsdaten aufgeklärt werden können, Drahtzieher aufgefunden werden können, letztlich auch Folgestraftaten verhindert werden können.

Nachfolgend möchte ich Ihnen daher die wesentlichen Aspekte der gesetzlichen Neuregelung aufzeigen:

· In Zukunft sollen Telekommunikationsunternehmen bestimmte Verkehrsdaten speichern, insbesondere die Rufnummer der beteiligten Telefonanschlüsse, Zeitpunkt und Dauer eines Anrufs, bei Mobilfunk die Standortdaten sowie wann und wie lange eine IP-Adresse einem bestimmten Computer, Smartphone o.ä. zugeordnet war, d.h. wann von diesem Gerät das Internet benutzt wurde.

· Nicht gespeichert wird der Inhalt von Telefongesprächen, welche Internetseiten aufgerufen wurden oder der Versand und Inhalt von E-Mails.

· Die Daten werden grundsätzlich zehn Wochen gespeichert; die besonders sensiblen Standortdaten lediglich vier Wochen. Nach Ablauf der Fristen müssen die Daten binnen einer Woche gelöscht werden. Für die Speicherung gelten hohe Sicherheitsanforderungen. Bei Verstößen drohen den Unternehmen Geldbußen von 100.000 bis 500.000 Euro.

· Genutzt werden dürfen die Daten von der Staatsanwaltschaft zur Verfolgung einzeln aufgeführter besonders schwerer Straftaten, insbesondere bei terroristischen Taten und anderen Delikten gegen Leib, Leben, Freiheit und sexuelle Selbstbestimmung, also etwa bei Mord, Totschlag oder schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern. Außerdem können die Länder ihre Polizeigesetze so ändern, dass ihre Polizeien die Daten auch nutzen dürfen, um konkrete Gefahren für höchste Rechtsgüter abzuwehren.

· Die Daten werden bei den Telekommunikationsunternehmen gespeichert. Die Strafverfolgungsbehörden können nur dann einzelne Daten nutzen, wenn ein Richter oder eine Richterin dies für den konkreten Einzelfall nach Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen erlaubt. Die Datennutzung unterliegt also einem umfassenden Richtervorbehalt.

· Von der Speicherpflicht ausgenommen sind Daten, die etwa bei der Kontaktaufnahme zu Telefonseelsorge-Hotlines anfallen. Daten, die bei der Kommunikation mit Personen anfallen, denen die Strafprozessordnung ein Zeugnisverweigerungsrecht einräumt (etwa Geistliche, Rechtsanwälte, Ärzte, Apotheker, Journalisten, Volksvertreter) dürfen von den Strafverfolgungsbehörden nicht genutzt werden. Zufallsfunde unterliegen einem Verwertungsverbot, d.h. sie dürfen in keinem Fall genutzt werden.

Mit dem neuen Gesetz werden nicht nur die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofes beachtet, sondern der Gesetzesentwurf ist auch deutlich restriktiver als das, was früher als Vorratsdatenspeicherung bezeichnet wurde:

· Es werden weniger Daten gespeichert; so sind etwa E-Mail-Daten jetzt aus-genommen.

· Es wird sehr viel kürzer gespeichert; die alte EU-Richtlinie sah eine Speicherung bis zu zwei Jahren vor.

· Die Voraussetzungen für den Zugriff auf die Daten sind strenger; der Kreis der Taten, für deren Aufklärung die Daten genutzt werden dürfen, ist enger.

Ich halte es für notwendig, dass man die Handhabe genau kontrolliert. Eine strenge richterliche und parlamentarische Kontrolle des Eingriffs in die Grundrechte nach Art 10. GG durch die Vorratsdatenspeicherung ist deshalb unverzichtbar.

Übrigens wird jetzt bereits ein Großteil der Daten durch die Telekommunikationsunternehmen gespeichert. Mir ist hier eine einheitliche Vorhaltung durch staatliche Behörden lieber.

Ich finde es wirklich gut, dass Sie mir geschrieben haben. Das zeigt mir auch, dass wir kritische Bürgerinnen und Bürger haben, die sich genau nach den Hintergründen und den Argumenten erkundigen, die uns Politiker zu unserer Entscheidung führen.

Bei Fragen schreiben Sie mir auch gerne direkt an: andreas.lenz@bundestag.de.

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Lenz

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