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Andreas Lämmel
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Frage von Uwe N. •

Frage an Andreas Lämmel von Uwe N. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

sehr geehrter herr lämmel,

wenn sich u.a ihr parteifreund volker kauder zum mindestlohn wie folgt äußert: "Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) warnte vor einer Signalwirkung des Post-Mindestlohns. "Es kann nicht sein, dass 9,80 Euro die Stunde zur Richtschnur werden für Mindestlöhne in anderen Branchen", sagte er der "Bild am Sonntag" ... Laut "Wirtschaftswoche" versuchen die im Arbeitgeberverband Intex organisierten großen Textilservice-Unternehmen und die IG Metall einen Stundenlohn von 9,02 Euro im Westen und 7,83 Euro im Osten für allgemeinverbindlich erklären lassen. Dann müssten sich auch die Betriebe daran halten, die nicht dem Arbeitgeberverband angehören." (Quelle: http://portal.gmx.net/de/themen/nachrichten/deutschland/soziales/5109050-Mindestlohn-sorgt-weiter-fuer-Streit-in-der-Koalition,cc=000000160300051090501aViH4.html )

stellen sich für mich zwei fragen:
1. sollte der mindestlohn eines abgeordneten auf 7.010,00€ begrenzt, alle vergünstigungen gestrichen und die teilnahme an sitzungen des bundestages zur pflicht erklärt werden?
2. warum wird nach 17 jahren deutsche einheit immer noch zwischen ost und west unterschieden, sind deutsche ost soviel weniger wert?

mfg
u.n.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Neumann,

vielen Dank für Ihre Fragen vom 17. Dezember 2007 zur Abstimmung über den Mindestlohn bei der Post und die Äußerungen des Unions-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder MdB. Ich weiß, dass seit Ihrer Frage viel Zeit vergangen ist, hoffe aber trotzdem, dass Sie an einer Antwort noch interessiert sind. Ich bin leider nicht eher zur Beantwortung der noch ausstehenden Fragen auf „abgeordnetenwatch“ gekommen, will das jetzt aber nachholen.

Zu Ihrer 1. Frage:

Bei der Abgeordnetenentschädigung handelt es sich um keinen „Mindestlohn“. Außerdem kann man einen „Mindestlohn“ nicht nach oben hin begrenzen. Er stellt vielmehr eine Begrenzung für die Lohnhöhe der untersten Tarifgruppe von abhängig Beschäftigten nach unten dar. Ein Mindestlohn macht keine Aussage über das sonstige Tarifgefüge darüber. Sie meinen wohl so etwas wie einen Maximallohn? Ich bin gegen die Festschreibung von Löhnen sowohl nach unten als auch nach oben. Ein Staat, der die Löhne festsetzt, wird vielleicht auch bald die Preise und Mengen festsetzen wollen. Das ist dann das Ende der Marktwirtschaft. Wohl bin ich aber für die Garantie einen Mindesteinkommens.

Die Höhe der Abgeordnetenentschädigung orientiert sich nach geltendem Recht an den Gehältern von gewählten hauptamtlichen Bürgermeistern und Oberbürgermeistern mittlerer Kommunen sowie von Richtern an Bundesgerichten. Ich halte dies für begründbar und angemessen. Die Abgeordnetenentschädigung blieb zwischenzeitlich jedoch hinter den gesetzlich vorgegebenen Orientierungsgrößen um etwa 12% zurück; weil die Abgeordneten im Lichte der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklungen wiederholt auf eine Erhöhung ihrer Diäten verzichtet haben.

Die Neuregelung der Abgeordnetenentschädigung, auf die Sie abstellen, gleicht den bisher entstandenen finanziellen Rückstand in zwei Schritten aus. Danach wird eine Anhebung der Entschädigung nur noch erfolgen, wenn sich die Vergütung der mit den Abgeordneten vergleichbaren Bürgermeister und Bundesrichter ändert. Dies ist an eine Absenkung der Altersversorgung der Abgeordneten gekoppelt, mit der Folge, dass schon zum 1. Januar 2008 der Steigerungssatzes der Altersversorgung um 16 % abgesenkt wird.

Im Plenum des Deutschen Bundestages gibt es bei bestimmen Tagesordnungspunkten durchaus „Präsenzpflicht“. In anderen Fällern sind meist nur die Mitglieder derjenigen Arbeitsgruppe anwesend, die für den Bereich „federführend“ ist. Dies entspricht der Arbeitsteilung in modernen Parlamenten. Ich weiß, dass es immer wieder schwer zu vermitteln ist, wenn der Plenarsaal sehr schwach besetzt ist und sich Außenstehende fragen, wo eigentlich die übrigen Abgeordneten sind. Sie sind in Arbeitsgruppensitzungen, parallel angesetzen Öffentlichen Anhörungen, Fachgesprächen, Diskussionsforen, bereiten Argumentationspapiere vor, lesen sich in Gesetzentwürfe ein, entwickeln Anträge, beantworten Verbands- und Bürgeranschreiben – um nur einige Impressionen aus meinem Arbeitsalltag zu nennen. Ich habe in der Regel einen 12-Stunden-Tag.

Die Hauptarbeit des Deutschen Bundestages findet außerdem nicht im Plenum statt, sondern in den Ausschüssen und Sitzungen der Arbeitsgruppen. Das Plenum ist „nur“ das „Fenster zur Welt“, in dem man seine Positionen öffentlichkeitswirksam vertritt. Selbstverständlich finden auch die Schlussabstimmungen im Plenum statt. Ich empfehle Ihnen, sich an den Abgeordneten ihres Wahlkreises zu wenden, um einmal bei einer Berlin-Fahrt teilzunehmen, die über das Bundespresseamt organisiert wird und in der Regel 2mal im Jahr stattfindet. Auf so einer Wahlkreisfahrt können Sie sich im Detail über die Arbeitsweise des Deutschen Bundestages informieren und Ihrem Abgeordneten alle Fragen stellen, die Sie interessieren – auch über seinen Tagesablauf. Wenn Sie aus Falkenstein im Vogtland sind, so wäre der für Sie zuständige Abgeordnete aus meiner Fraktion, der Kollege Robert Hochbaum.

Zu Ihrer 2. Frage:

Noch immer ist die Wirtschaftskraft zwischen Ost- und Westdeutschland unterschiedlich. Das hat Auswirkungen auf Arbeitslosigkeit, Preis- und Lohnniveau. Diese Zusammenhänge hier in ihrer vollen Dimension zu erklären, wäre zuviel verlangt. Ich schicke Ihnen aber gern mein Argumentationspapier „Aufbau Ost – Lust oder Last zu?“, in dem ich mich sehr gründlich mit den noch immer bestehenden Unterschieden und Möglichkeiten zu einer weiteren Angleichung der Lebensverhältnisse beschäftige, die selbstverständlich unser Ziel ist. Wenn Sie daran Interesse haben, schicken Sie mir bitte Ihre Kontaktdaten (Postadresse und/oder Emailadresse) zu, am besten an andreas.laemmel@wk2.bundestag.de.

Nur soviel: Ein deutschlandweit einheitlicher Mindestlohn von 7,50 Euro/Stunde würde den Osten erheblich benachteiligen, weil im Zuge seiner Einführung dort wesentlich mehr Menschen von Arbeitslosigkeit bedroht wären, die momentan unter 7,50 Euro/Stunde verdienen. Im Osten ist dies bei jedem Fünften, im Westen hingegen nur bei jedem Zwölften der Fall (Zahlen des IWH vom 25.01.2008). Denn nicht alle Unternehmen könnten den geforderten Mindestlohn auch zahlen und würden stattdessen Stellen abbauen. Die Einführung eines einheitlichen Mindestlohns wäre überdies nur ein Kurieren an Symptomen. Die Gründe dafür, dass ostdeutsche Unternehmen meist keine Westlöhne zahlen können, wären deswegen noch lange nicht beseitigt. Aber genau an diesen Ursachen müssen wir ansetzen und tun es auch.

Ich darf Sie weiterhin darauf hinweisen, dass die Gewerkschaften selbst in einigen Branchen Einstiegslöhne ausgehandelt haben, die unter dem von ihnen geforderten Mindestlohn von 7,50 Euro/Stunde liegen. Dies betrifft in Sachsen folgende Branchen (Quelle: Recherche des Verbandes der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie e.V. im Tarifarchiv der Gewerkschaften):

• Friseurhandwerk mit einem Stundenlohn von 3,06 Euro
• Erwerbsgartenbau mit einem Stundenlohn von 4,09 Euro
• Floristik mit einem Stundenlohn von 4,39 Euro
• Privates Transport- und Verkehrsgewerbe mit einem Stundenlohn von 5,68 Euro
• Sanitär-, Heizung-, Klimahandwerk mit einem Stundenlohn von 5,78 Euro
• Gebäudereinigerhandwerk mit einem Stundenlohn von 6,36 Euro
• Hotel- u. Gaststättengewerbe mit einem Stundenlohn von 6,78 Euro
• Öffentlicher Dienst mit einem Stundenlohn von 6,78 Euro
• Zeitarbeit des Bundesverbandes Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen (BZA) mit einem Stundenlohn von 7,38 Euro

Das bedeutet: Entweder haben die Gewerkschaften schlecht verhandelt, dann gibt es aber aufgrund der Tarifautonomie keinen Grund für staatliche Lohnfestsetzungen, sondern die Gewerkschaften müssen ihre Hausaufgaben machen. Oder Sie haben mit gutem Grund keine höheren Einstiegslohne mit den Arbeitgebern vereinbart. Beide Fälle sprechen gegen die Notwendigkeit und Zulässigkeit von staatlichen Lohnfestsetzungen.

Mit freundlichen Grüßen,
Andreas Lämmel