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Andreas Lämmel
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Frage von Daniel K. •

Frage an Andreas Lämmel von Daniel K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Lämmel,

in den letzten Tagen wird nach den Erfolgsmeldungen aus Japan und USA, wo eine Reprogrammierung menschlicher Hautzellen zu Stammzellen in Deutschland die Frage einer Notwendigkeit von Forschung an embryonalen Stammzellen und einer Änderung der Stichtag-Regelung verstärkt diskutiert. Diese sollte auch Thema des Bundesparteitages werden, seit heute jedoch wohl nicht mehr. Die Fraktion in Bundestag soll sich damit beschäftigen, war zu lesen. Daher meine Frage an Sie:
Wie stehen Sie zur Stammzell-Forschung? Setzen Sie sich für eine verstärkte Förderung der Forschung an adulten oder an embryonalen Stammzellen ein und warum?

Mit freundlichem Gruß
Daniel Kästner

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Kästner,

vielen Dank für Ihre Fragen vom 30. November 2007 zur Diskussion um eine mögliche Novelle des Stammzellgesetzes. Lassen Sie mich eingangs für die Leserinnen und Leser, die in dem Thema nicht so drin stehen, wie Sie es sicherlich tun, noch einmal kurz die momentane Rechtslage schildern:

Das Erzeugen menschlicher embryonaler Stammzellen unter Verwendung von Embryonen sowie die Herstellung von Forschungsembryonen sind durch das Embryonenschutzgesetz verboten. Die Einfuhr und Erforschung embryonaler Stammzellen ist grundsätzlich nach dem Stammzellgesetz verboten. Es ist jedoch eine Genehmigung zur Einfuhr zur Forschungsarbeit zu erteilen, wenn bestimmte Voraussetzungen sowie eine Stellungnahme der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung vorliegen. Danach darf der Import nur stattfinden, wenn die embryonalen Stammzellen im Herkunftsland vor dem 1. Januar 2002 (Stichtagsregelung) in Übereinstimmung mit der dortigen Rechtslage gewonnen wurden. Mit der Stichtagsregelung sollte bei Inkrafttreten des Stammzellgesetzes am 1. Juli 2002 sichergestellt werden, dass von Deutschland kein Anreiz zur Zerstörung von Embryonen ausgeht – denn die embryonalen Stammzellen vor dem Stichtag existierten bei Inkrafttreten des Gesetzes schon. Mit diesem Kompromiss sollten Lebensschutz von Anfang an und hochrangige Grundlagenforschung im Sinne einer „Ethik des Heilens“ in Einklang gebracht werden.

Am 10. November 2006 hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) eine ausführliche Stellungnahme zur Stammzellforschung vorgelegt, mit der sie die Entwicklungen der letzten Jahre sowohl auf dem Gebiet der adulten wie der embryonalen Stammzellen beschreibt und die Erfahrungen mit dem Stammzellgesetz von 2002 darlegt. Damit hat sie eine neuerliche Diskussion ausgelöst. Die DFG konstatiert, dass deutsche Forscher heute durch die ausschließliche Möglichkeit ältere Zelllinien zu verwenden und durch Rechtsunsicherheiten bei Auslandkooperationen zunehmend von internationalen Entwicklungen abgeschnitten werden, etwa weil sie befürchten müssen, sich nach deutschem Stammzellgesetz eventuell strafbar zu machen. Die Stammzellen, die vor 2002 hergestellt wurden, seien mit tierischen Zellen verunreinigt, würden international kaum noch verwendet und seien für medizinische Zwecke ungeeignet. Die DFG und andere Wissenschaftsorganisationen fordern daher eine Novelle des Stammzellgesetzes. Die Vorschläge reichen von einer einmaligen Verschiebung des Stichtages über einen permanent gleitenden Stichtag bis zur gänzlichen Abschaffung des Stichtages.

Sehr geehrter Herr Kästner, ungeachtet der ethischen Debatte, ob dem Embryo vom Zeitpunkt der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle der gleiche unbedingte Würde- und Lebensschutz wie einer bereits geborenen Person eingeräumt werden muss, ob dieser Schutz erst später einsetzt (z.B. mit der Nidation oder der Gehirnbildung) oder ob dieser Schutz nur ein bedingter ist, bleibt für mich Folgendes entscheidend: Aufgrund neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse, auf die Sie verweisen, können zur Gewinnung von pluripotenten Stammzellen auch adulte Stammzellen und neunatale Stammzellen aus dem Nabelschnurblut verwendet werden. Es bedarf also für die Forschung nicht unbedingt embryonaler Stammzellen aus in vitro-Fertilisation. Ich vertrete die Ansicht, dass dieser Weg weiterverfolgt werden muss und dass das darin liegende Potential insoweit ausgeschöpft werden muss, dass auch aus Forschungsgesichtspunkten keine verstärkte Forschung an embryonalen Stammzellen nötig ist.

Ich verfolge die Debatte um das Stammzellgesetz aufmerksam und kann Ihnen zusichern, dass ich bei einer Abstimmung über eine mögliche Novelle des Stammzellgesetzes keine leichtfertige Entscheidung treffen werde. Der Embryonenschutz und der Lebensschutz von Anfang an sind hochrangige Güter und mir sehr wichtig. Gern pflege ich Kontakte und den Meinungsaustausch zu diesem Thema. Die daraus ablesbaren Meinungsbilder werde ich in die Positionierung zu einer möglichen Abstimmung zum Stammzellgesetz mit einfließen lassen.

Mit freundlichen Grüßen,
Andreas Lämmel