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Andreas Lämmel
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Frage von Klaus S. •

Frage an Andreas Lämmel von Klaus S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Die "Politikverdrossenheit" hat sicher viele Gründe, insbesondere die geringe Wahlbeteiligung resultiert auch daraus, daß die Auswahl auf die (zufälligen) Direktkandidaten und die Listen weniger Parteien beschränkt ist.

- Wie stehen Sie zu einer Wahlmöglichkeit, die nicht nur auf die Auswahl der vorgegebenen Listen beschränkt ist, sondern auch eine Wichtung der darauf befindlichen Kandidaten ermöglicht ? Damit hätten nicht mehr nur Parteigremien, sondern der Wähler Einfluß auf die Chancen einzelner Kandidaten.

- Wie stehen Sie zu mehr direkter Demokratie (Volksentscheid, Volksbegehren) auch auf Bundesebene ?

- Halten Sie die 5%-Sperrklausel für notwendig ?

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Schneider

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schneider,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage vom 12. Dezember 2006 zum Thema direkte Demokratie an mich, die ich hier gern auf "abgeordnetenwatch.de" beantworte.

Gestatten Sie mir eingangs die Bemerkung, dass es keine "zufälligen" Direktkandidaten sind, zwischen denen Sie als Wähler bei einer Wahl entscheiden können. Vielmehr stimmen die Mitglieder einer Partei im Voraus über die Nominierung eines Direktkandidaten ab. Auch kann ich Ihre Position nicht teilen, dass sich die Auswahl auf "die Listen wenige Parteien beschränkt". Jede Partei kann sich, wenn sie die Kriterien des Wahlgesetzes erfüllt, an dieser Wahl mit einer eigenen Liste beteiligen. Bei der letzten Bundestagswahl im Jahr 2005 waren beispielsweise 31 Parteien zugelassen.

Eine Wichtung innerhalb dieser Listen findet zunächst durch die Abstimmung eines Parteitages statt. Trotzdem könnte über eine Wahlmöglichkeit der Wähler innerhalb der Listen eine größere Unabhängigkeit der Kandidaten erreicht werden. Ein solches Verfahren wird zur Zeit zumindest diskutiert, es würde den Wahlgang insgesamt jedoch nicht einfacher gestalten.

Das Thema Volksbegehren/Volksentscheid wird im Moment diskutiert. Volksbegehren und Volksentscheide gibt es auf Landesebene in allen Bundesländern und im kommunalen Bereich. Auf Bundesebene halte ich bis auf Ausnahmefälle (z. B. Abstimmung über EU-Verfassung, Neugliederung des Bundesgebietes) für kein geeignetes Mittel, um die Politikverdrossenheit, von der Sie sprechen, zu bekämpfen. Nach einer Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene halte ich es für nicht ganz unwahrscheinlich, dass nach kurzer Zeit und bei häufigem Einsatz des Instruments ein Abnutzungseffekt eintritt, so dass die Politikverdrossenheit nicht viel geringer wäre als sonst. Die Beteiligung an Volksabstimmungen, etwa in der Schweiz, ist bei unwichtigeren Fragen sehr gering. Die Kosten dafür sind demgegenüber jedoch enorm. Außerdem sehe ich die Gefahr, dass Gesetze über den plebiszitären Umweg gemacht werden, um die Verantwortung abzugeben. Schon alleine die "Drohung" einer politischen Gruppierung mit einem Volksentscheid zu einem kontrovers diskutierten Thema würde unter Umständen eine Medienschlacht auslösen und zu einer Polarisierung im Volk führen. Insofern ist ein Volksentscheid praktisch mir einer Wahl gleichzusetzen. In dieser Atmosphäre wäre eine auf Kompromiss und Ausgleich bedachte parlamentarische Diskussion kaum noch möglich.

Die 5%-Sperrklausel halte ich für notwendig, um eine Zersplitterung der Parteienlandschaft vorzubeugen, die eine Regierungsbildung erheblich erschweren und damit zum Erstarken extremistischer Parteien beitragen kann. Die schmerzvollen Erfahrungen der Weimarer Republik haben die Gründungsväter der Bundesrepublik zur Aufnahme dieser "Hürde" in das Wahlgesetz veranlasst.

Ich wünsche Ihnen und allen Leserinnen und Lesern auf diesem Weg noch ein gesundes und glückliches Neues Jahr.

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Lämmel