Frage an Andreas Lämmel von Sebastian S. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Lämmel!
Durch die von Ihnen mitbeschlossene Änderung des § 69 Abs. 2 SGB V wurde nicht weniger als die gänzliche Abschaffung der Anwendbarkeit des nationalen Kartellrechts nach GWB für einen Großteil der kleinen privaten Leistungserbringer im Gesundheitswesen (Pflegedienste, etc.) besiegelt. Damit werden diese ab 01.01.2011 der Marktmacht und Willkür der mächtigen gesetzlichen Krankenkassen endgültig schutzlos ausgeliefert. Der für alle Bürger in Deutschland geltende Schutz des Kartellrechts (der "Kleine" wird vor dem Missbrauch durch den "Großen" geschützt") wird für die o.a. Leistungserbringer nicht mehr gelten.
Wer gemeint hat, mit der Änderung der gerichtlichen Zuständigkeit nach § 51 SGG in kartellrechtl. Streitigkeiten vor die ordentliche Gerichtsbarkeit auch rechtliches Gehör zu finden, muss sich nun getäuscht sehen. Auf Beschluss des 14. Ausschusses (BT/ Drs. 17/3698) wurde § 69 Abs. 2 SGB V in letzter Minute neugefasst. (vgl. Seite 23 der Drucksache ). Im Ergebnis führt die Neufassung zu einem völligen Ausschluss der Anwendbarkeit der kartellrechtlichen Vorschriften des GWB für Leistungserbringer in weiten Bereichen des Gesundheitswesens. Eine Begründung für die Änderung des § 69 Abs. 2 SGB V gibt es nicht.
Die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Kartellrechts in der gänderten Fassung bei gleichzeitiger Zuweisung von kartellrechtlichen Streitigkeiten zur ordentlichen Gerichtsbarkeit durch die Änderung des § 51 SGG wird durch die Streichung des 2. Satz 2. HS ("...und bei deren Nichtzustandekommen eine Schiedsamtsregelung gilt") pervertiert und in das Gegenteil verkehrt. Die Schiedsamtsregelung nimmt auf § 89 SGB V Bezug, womit es nach der alten Fassung für alle nicht verkammerten Leistungserbringer (Pflegedienste, Physiotherapeuten etc.) möglich war, sich auf die Normen des GWB zu stützen.
Warum haben Sie mit Ihrem Abstimmungsverhalten unsere Rechte als kleines Unternehmen im Gesundheitswesen eingeschränkt?
Sehr geehrter Herr Stegmaier,
vielen Dank für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.
Nach der alten Fassung waren die in § 69 Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F. genannten Bereiche des GWB anzuwenden, wenn eine Verpflichtung zum Vertragsabschluss bei gleichzeitig vorhandener Schiedamtsregelung bestand. Den von Ihnen hergestellten Bezug zu § 89 SGB V kann ich nicht nachvollziehen.
In der neuen Fassung werden die anzuwendenden Teile des GWB erweitert und gleichzeitig die Gerichtsbarkeit von den Sozialgerichten an die Zivilgerichte überwiesen. Außerdem wird klargestellt, welche Regelungen und Beschlüsse der Anwendbarkeit des GWB unterliegen, indem die vorherige Formulierung (Verpflichtung zum Vertragsabschluss und Schiedamtsregelung) präzisiert wird.
In der Begründung des Gesetzes steht:
"Durch die Änderung des Satzes 1 werden die anzuwendenden Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen konkret benannt. Dies trägt dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot Rechnung. Satz 2 nimmt alle Verträge, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder ihre Verbände gesetzlich verpflichtet sind, vom Anwendungsbereich des Kartellrechts aus. Dies betrifft alle Versorgungsverträge, die entweder die Krankenkassen oder die jeweiligen Verbände mit den Leistungserbringern oder deren Verbänden zur Sicherstellung der Versorgung der Versicherten abzuschließen haben. Solche zwingenden Vertragsverpflichtungen finden sich z.B. in der Heilmittelversorgung
im § 125 Abs. 2 SGB V und in der Hilfsmittelversorgung im § 127 Abs. 2 SGB V. Die Ausnahme vom Kartellrecht trägt der Versorgungsrealität in der GKV Rechnung. So werden etwa in Teilbereichen der Hilfsmittelversorgung die Verträge regelhaft nach § 127 Abs. 2 SGB V auf Verbandsebene und damit kollektivvertraglich geschlossen. Ebenfalls ausgenommen vom Anwendungsbereich sind nach Satz 3 Beschlüsse, Empfehlungen, Richtlinien der Krankenkassen oder des Gemeinsamen Bundesausschusses, zu denen diese Institutionen gesetzlich verpflichtet sind. Die Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten mit der Maßgabe, dass der Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenkassen besonders zu berücksichtigen ist."
Die von Ihnen abgeleitete Unterscheidung der Anwendung auf "verkammerte" und "nicht verkammerte" Berufe ergibt sich aus meiner Sicht nicht und ist auch politisch nicht beabsichtigt. Die Neuregelung stellt keine Einschränkung der Anwendbarkeit des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) für Leistungserbringer im Bereich des SGB V dar.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Lämmel