Frage an Andreas Lämmel von Angelika H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Lämmel,
in der Antwort zur Frage von Herrn Thomas Damm nach dem Vorwurf der Klientelpolitik der CDU/FDP sprechen Sie von einer Fehleinschätzung, welche von den Medien gern verbreitet wird.
Hier auf der Startseite von abgeordnetenwatch.de lese ich im Artikel über den Auftritt unseres Außenministers Herrn Westerwelle vor der Deutschen Vermögensberatung AG (DVAG) im Februar 2010. Im Jahr 2009 schüttete die DVAG 400 000 € an die CDU und FDP aus. Im Artikel werden Zusammenhänge der politischen Entscheidungen wie private Altersvorsorge und private Krankenversicherung und Posten und Verträge in der DVAG der Politiker wie u.a. Helmut Kohl, Theo Weigel, Bernhard Vogel und Herrn Westerwelle beleuchtet.
Meine Fragen an Sie:
1. Warum sind Parteispenden von den Steuern absetzbar?
2. Warum werden in einer Demokratie Parteispenden nicht verboten?
3. Warum spricht Herr Westerwelle auf obiger Veranstaltung vor tausenden Versicherungsvertretern von "Arbeit muß sich lohnen" und verweigert dem Zeitarbeiter oder der Arzthelferin einen Mindestlohn?
Angelika Hörner
Sehr geehrte Frau Hörner,
vielen Dank für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.
Bevor ich Ihre Fragen beantworte, will ich kurz darauf eingehen, warum ich den Begriff „Klientelpolitik“ nicht korrekt finde.
Politik ist immer das Abwägen von verschiedenen, sich oft widersprechenden Interessen. Als Parlamentarier müssen wir dann gut informiert zwischen diesen Interessen vermitteln und einen Kompromiss finden. Da es nicht immer möglich ist, alle Interessen zu berücksichtigen, wird der Vorwurf der „Klientelpolitik“ oft erhoben, richtig ist er deshalb nicht.
Außerdem wird der Vorwurf der „Klientelpolitik“ thematisch und personell selektiv verwandt.
Das beste thematische Beispiel ist das Wachstumsbeschleunigungsgesetz der Koalition. In diesem Gesetz wurde der Mehrwertsteuersatz für Hotelübernachtungen gesenkt – dies hat uns viel Kritik und den Vorwurf der „Klientelpoltik“ eingebracht. Im gleichen Gesetz hat die Koalition auch das Kindergeld erhöht und dafür die vierfache Summe im Vergleich zur Mehrwertsteuerabsenkung verwandt. Der Vollständigkeit halber müsste der Vorwurf der „Klientelpoltik“ dann auch gegenüber der Koalition mit Bezug zur Kindergelderhöhung erhoben werden.
Der Vorwurf wird auch bevorzugt gegenüber Politikern von CDU,CSU und FDP erhoben. Schauen Sie doch bitte im folgenden Link, wie ehemalige Spitzenpolitiker von Rot/Grün heute mit ihren ehemaligen Kontakten Geld verdienen.
http://www.zeit.de/2010/43/DOS-Agenda-2010?page=1
Ich halte den Vorwurf der „Klientelpolitik“ daher nicht für zutreffend.
Nun aber zu Ihren Fragen:
1. und 2. Das Grundgesetz billigt in Artikel 21 den Parteien eine besondere Rolle bei der politischen Willensbildung zu. Für diesen Auftrag benötigen Sie entsprechende finanzielle Mittel. Parteispenden sind neben Mitgliedsbeiträgen und der staatlichen Wahlkampfkostenerstattung eine weitere Einnahmequelle. Die Spenden sind wichtig, um die Staatsferne der Parteien zu gewährleisten. Und sie sind auch eine Möglichkeit für Bürger politische Richtungen und Ziele zu unterstützen. Jede Partei in Deutschland kann abzugsfähige Spenden annehmen, sofern sie nicht vom Bundesverfassungsgericht verboten wurde.
Für die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden an Parteien gibt es weiterhin klare Regeln und Grenzen.
Parteispenden sind ausschließlich für natürliche Personen steuerlich absetzbar, Unternehmen können ihre Spenden somit nicht steuerlich absetzen. Zusätzlich sind Parteispenden nur bis zu einer jährlichen Höhe von 3.300 Euro pro Person (Zusammenveranlagung 6.600 Euro) absetzbar. (§§ 10 b II, 34g EStG). Das Grundgesetz verpflichtet in Artikel 21 die Parteien zur öffentlichen Rechenschaft „über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen.“ Spenden über 50.000 Euro sind zu veröffentlichen und sie können dann von allen Bürgern eingesehen werden.
Weitere Informationen zu Parteienfinanzierung finden Sie hier:
http://www.bundestag.de/bundestag/parteienfinanzierung/index.html
3. Diese Frage kann ich nicht beantworten, da ich weder für Herrn Westerwelle spreche, noch seine Termine koordiniere. Grundsätzlich halte ich es aber für unproblematisch, wenn Politiker bei Unternehmen, Vereinen, Gewerkschaften oder Verbänden sprechen.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Lämmel