Frage an Andreas Kaluza von Hans-J. C. bezüglich Staat und Verwaltung
Sehr geehrter Herr Kaluza,
ich habe an Sie zwei Fragen:
1. Wie kann man die öffentliche Haushalte ausgeglichen gestalten?.
2. Wie können die Kommunen mehr den Bürgerinnen und Bürgern dienen als mit der internen Beschäftgung zwischen den Ämtern selbst?
Sehr geehrter Herr Cassens,
als Wirtschaftsberater und Stadtrat möchte ich im Vorfeld der Haushaltsdebatten meine persönliche Einschätzung und die dazu gehörigen Vorschläge zur Kostensenkung und Kostenkontrolle für Sachsen-Anhalt unterbreiten.
Angesichts der immer knapper werdenden Ressourcen in der öffentlichen Verwaltung und deren großen Veränderungen in deren Umfeld, sind Enscheidungen dergestalt zu treffen, dass die vorhandenn Mittel (Sachkosten, Personal, Sachmittel, Know-how u.a.) auch dort zum Einsatz kommen, wo eine größtmögliche Wirkung erzielt werden kann. Diese Notwendigkeit entwickelt sich immer mehr zu einem zentralen Aspekt des Verwaltungshandelns. Es gilt mit den wenigen Mitteln ein Maximum an Wirkung zu erzielen. Das probateste Mittel gilt seit längerer Zeit die Budgetierung von Ein- und besonders der Ausgaben.
Natürlich sollte das gesamte System der Budgetierung auch mit Regelungen versetzt werden, die bei Überschreitungen der Budgetgrenzen Einbußen und bei Unterschreitungen zusätzliche Anreize schaffen könnte. Das erfordert die Einbeziehung aller Mitarbeiter der Verwaltung in diese Aufgabe. Bisher kamen die Impulse- z.T. unüberlegt und ohne spezifische Kenntnisse der Probleme am Arbeitsplatz von den Stadträten, der Kommunalaufsicht oder von den Spitzen der Verwaltung allein.
Die seit 1992 in Deutschland- auch in der Stadtverwaltung Magdeburg- praktizierte und nunmehr verfeinerte Möglichkeit zur Einbeziehung aller Verwaltungsmitarbeiter ist das System der Budgetierung des Haushalts in den Stadt- und Kreisverwaltungen mit doppelter Buchführung (Doppik)nach dem NKF- System.
Doppik ist nicht in erster Linie ein EDV- Problem sondern auch mehr als eine Buchführung, sie ist eine Verwaltungssteuerung. Sie löst die Kameralistik ab. Im derzeitigen kameralen Haushalt werden die Haushaltsmittel allein nach einem Zahlungsprinzip der Einnahmen/ Ausgabenrechnung ausgewiesen und zeigen den Geldmitteleinsatz auf, ohne die Verwaltungsleistungen zu würdigen. Die bisherige Steuerung erfasst die Personal-, Sachmittel, Investitionsmittel, Mittelzuweisung( Input), Sicht auf Haushaltsmittel ohne Leistungsbezug, Darstellung des Finanzmittelverbrauchs, ausgabenorientierter Zweckbindung der Mittel, die unter Berücksichtigung der politischen und rechtlichen Vorgaben sowie gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Einflüssen gesteuert werden. Es ist kein Aufgabenbezug, kein Auslastungsbezug, eine reine Fremdsteuerung der Finanzmittel erkennbar.. Es ist auch keine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der eingesetzten Ressourcen erkennbar, obwohl in den Haushaltsordnungen des Bundes und der Länder das Prinzip des wirtschaftlichen Verwaltungshandelns als Haushaltsgrundsatz beschrieben wird. So kann man auch der Öffentlichkeit die Art und die Notwendigkeit einer Verwaltung dokumentieren. Zukünftig sollen die Aufwendungen( Kosten) im Verhältnis zu Leistungen( Produkten) sichtbar gemacht werden. Dazu erfasst der Produkthaushalt die eingesetzten Ressourcen, errechnet deren Verbrauch den Leistungen zu. Durch das Gliederungsprinzip Produktbereiche, Produktgruppen, Produkte mit etablierter Kosten- und Leistungsrechnung werden die erforderlichen Daten für die Berechnung des Ressourcenbedarfs ermittelt. Den einzelnen Produkten werden im Rahmen des Produkthaushalts Budgets zugeordnet. Die gestellten Ziele: Menge, Qualität und Kosten der zu erbringenden Leistungen (Output) sind durch die einzelnen Verwaltungseinheiten umzusetzen bzw. zu erreichen. Die Verantwortlichkeiten werden festgelegt und es erfolgt eine Verbindung des Produktmanagements mit dem Ressourcenmanagement, also mit dem Haushalt.
Der Produkthaushalt ist als operatives Steuerungsinstrument anzusehen, es werden Leistungsbeziehungen zwischen den Organisationseinheiten und den erstellten Produkten sichtbar die sowohl in die strategischen Überlegungen einfließen, als auch zur internen Einflussnahme und Organisation der Verwaltungsabläufe genutzt werden können. Die Steuerung der Verwaltung über Produktbudgets und Zielvereinbarungen, die sowohl die Leistungsmengen, die Kosten als auch die Qualität erfassen, sind als Kontrollinstrumente des Produkthaushalts möglich. Das entscheidende Instrument, dessen sich die öffentliche Verwaltung bedienen muss, ist die Controlling =Steuerung( vom englischen“ to control“). Dabei handelt es sich um ein betriebswirtschaftliches Instrument, das die wirtschaftlichen Auswirkungen der Entscheidungsalternativen und dass Erreichen der Ziele aufzeigt. Hierbei unterscheidet man das strategische Controlling: mittel- bis langfristige Ausrichtung, dauerhafte Aufgabenerfüllung, zukünftige Ausrichtung und Umgestaltung des Verwaltungshandelns und die Entwicklung zukünftiger und optimale Nutzung vorhandener Erfolgspotentiale und das operative Controlling, das auf aktuelle Potentiale und deren Nutzung im Sinne der vereinbarten Ziele ausgerichtet ist sowie das Eingreifen bei Gefährdung der Zielerreichung oder drohender Budgetüberschreitung. Das Prinzip“ Der Controller berät, der Verwaltungschef entscheidet“ erhält ein neues Leitbild im Rahmen der gegebenen Verantwortung.
Als „Kochrezept“ empfehle ich:
Möglichst früh zu beginnen mit Jahresanfang 2006.
In die EDV-Technik im Hinblick auf Doppik zu investieren
Personalentscheidungen( z.B. NKF- Projektleitung, Amtsleitung, Kasse und Rechnungsprüfung) sind zu überprüfen und zu optimieren
NSM Instrumente sollten doppikfähig angelegt werden( KLAR, Gliederung, Berichtswesen)sein
Doppikeinführung ist verbindliches Haushaltsrecht, im Gegensatz zu NSM. Zum 1.Januar ist eine Eröffnungsbilanz erstmals doppisch aufzustellen, wobei Vereinfachungen bei der Erfassung und Bewertung des Vermögens zugelassen sind. Hier empfehle ich die Kooperation mit der Partnerstädten in Nordrhein-Westfalen oder Mecklenburg-Vorpommern, die dies z.B. gem. § 56 Gem. HVO NRW bereits praktiziert. Fehlerkorrekturen sind in den ersten Monaten des Jahres möglich.
Ziele der Reform des Gemeindehaushaltsrechts sind: Kosteneinsparung mit Hilfe der eigenen Mitarbeiter. Elemente des neuen Haushalts sind: Ergebnisrechnung, Finanzrechnung und insbesondere die quartalsmäßige Bilanz.
Nach dem in Magdeburg praktiziertem Modell erhält jedes Amt eine Vorgabesumme, die zwingend einzuhalten ist. Von den Einsparungen die jedes Amt erzielt, erhalten die Ämter 50 % zur Verbesserung der materiellen Ausstattung und Personalentlohnung. Die Sachgebiete, Amtsleitungen der Behörden und Dezernate erhalten sogen. KLR- Berichte, die Kosten- und Leistungsinformationen für ihre Zuständigkeitsbereiche, die in die Entscheidungsprozesse einfließen. Und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden über die Zeit-, Mengen- und Qualifikationsindikatoren in die Kosten- und Leistungsrechnung einbezogen.
Die vorhandenen Daten und Veränderungen sind wie folgt zu realisieren: Alle Arbeitszeiten sind zu erfassen, die Anlagenbuchhaltung ist zu pflegen, Vertrauenspersonen prüfen und bearbeiten die Zeiterfassung anonym, der Haushaltsbearbeiter hält die Aus- und Einzahlungsanordnung im Buchungssystem des Haushalts ein, und ergänzt KLAR- relevante Angaben, der Controller führt die KLAR durch, erstellt Berichte, bereitet Analysen vor und schlägt Maßnahmen und deren Umsetzung vor. Die Leitungsebene empfängt die Berichte, wertet sie auf und entscheidet an Hand der Daten.
Es ergeben sich für das Controlling folgende Aufgaben: Kontrolle: Soll- Ist, Zeitvergleiche, Abweichungs- und Ursachenanalysen, Strategische Kontrollen, Wirkungskontrollen, Budgetüberwachung. Steuerung: Vorbereitung der Entscheidungsprozesse, Koordination, Prozessbegleitung. Informationsversorgung: Entwicklung und Bereitstellung von Kennzahlen, Organisation eines entscheidungsorientierten und handlungsauslösenden Berichtswesens, Schaffung von Transparenz. Planung: Kontraktmanagement, strategische und operative Planung, Budgetvorbereitung, Entwicklung von Planungsinstrumenten.
Insbesondere der Steuerung und Kontrolle kommen Aufgaben in Form eines Regelkreises zu: Maßnahmen durchführen – Kennzahlen prüfen- Ursachen bei Abweichungen analysieren- Gegensteuern- Strategien und Maßnahmen planen- Ziele festlegen. Es kann eine relativ sichere Planung des Ressourcenbedarfs erfolgen in den Kostenstellen, ebenso die Planung der Produkt-/ Projektkosten und der Leistungsmenge. Die Beantwortung der Fragen“ Welche Produkte können wir uns leisten, was dürfen uns die Produkte kosten und zu welchen Kosten werden welche Dienstleistungen produziert“ können auf einem gesicherten Niveau beantwortet werden.
Auf dem bisherigen Niveau kann ich mir keine nachhaltigen Kosteneinsparungen in den Struktureinheiten vorstellen.
Deshalb mein Vorschlag:
Rasche Einführung der Budgetierung der Ein- und Ausgaben in den Ämtern und Dezernaten mit Stärkung der Eigenverantwortung bei der Kostenentwicklung.
Der Ausgleich der defizitären Haushalte ist langfristig nur so möglich.
Dieses System der Budgetierung der Haushalte ist ein Teil der Effizienzrevolution in der öffentlichen Verwaltung und sollte landesweit von der Landesregierung über das Landesverwaltungsamt, kreisfreie Städte, Landkreise, und Einheitsgemeinden sowie Verwaltungsgemeinschaften und Städten oberhalb 25.000 Einwohnern zur Pflichtaufgabe übertragen werden, damit eine fundierte Leitungstätigkeit mit vergleichbare Leistungsvorgaben erfolgen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Kaluza
Stadtrat