Frage an Andreas Hofmeister von Heinz B. bezüglich Innere Sicherheit
Nach Informationen des hessischen Innenministeriums befasst sich derzeit eine Kommission mit der Novellierung der Hundeverordnung im Rahmen der Gefahren Abwehr. Die registrierten beissvorfälle verharren auf unverändert, sehr hohem Niveau. Dabei ist erkennbar, dass die Anfang des Jahrhunderts vermutete “ genetische, gefährliche Eigenschaft “ hessischer Listenhunde, trotz Erweiterung durch zusätzliche Rassen, deutlich weniger als 10 % der registrierten gefahrenvorfälle. Thüringen hat die Listenhunde-Verordnung novelliert und für wirksame Gefahren Abwehr adäquate Rechtsgrundlagen geschaffen. Damit wurde die Vermutung rassespezifischer, genetischer Gefährlichkeit aufgrund der gewonnenen Erfahrungen nicht mehr gefolgt. Die Vorfälle und die frühere hundeverordnung waren mit der hessischen vergleichbar. Beabsichtigen sie, sich für eine Willkür-und Diskriminierungsfreie Novellierung sich einzusetzen und sich für eine wirksame Gefahren Abwehr einzusetzen( ev. Analog Thüringen: Sachkunde, Hundeführerschein,...)? Für ihre Antwort und Mitteilung ihres Abstimmungsverhaltens, auch wenn nur in der Fraktion, danke ich Ihnen.
Sehr geehrter Herr Baumann,
die „Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von Hunden (HundeVO)“ vom 22. Januar 2003 (GVBl. I S. 54), zuletzt geändert durch Verordnung vom 12. November 2013 (GVBl. S. 640), wird mit Ablauf des 31. Dezember 2021 außer Kraft treten. Die HundeVO wird daher vom zuständigen Innenministerium einer entsprechenden Evaluation unterzogen.
Aus der so genannten Beißstatistik der letzten zehn Jahre ergibt sich, dass „Listenhunde“ an
- leichten Verletzungen von Menschen mit 6,95% (152 von 2.186)
- mittleren Verletzungen von Menschen mit 7,01% (60 von 855) und
- schweren Verletzungen von Menschen mit 14,56% (15 von 103) sowie an
- tödlichen Verletzungen von Menschen mit 100,00% (1 von 1)
beteiligt waren. Im Hinblick auf die Verletzungen von Menschen durch Hunde beträgt daher der Anteil von „Listenhunden“ an den Beißvorfällen in den Jahren 2009 bis 2019 demnach insgesamt 7,24%. Der Rest (= 92,76%) der Beißvorfälle geht auf andere Hunderassen i.S.v. § 2 Abs. 2 HundeVO zurück.
Somit hat sich die Einführung der Rasseliste aus Sicht der Landesregierung bewährt, was auch von meiner Fraktion geteilt wird. Eine Willkür oder gar eine Diskriminierung kann ich nicht erkennen. Dass deutlich weniger als 10% der registrierten Beißvorfälle auf sog. Listenhunde zurückzuführen sind, spricht dafür, dass die von diesen Rassen ausgehenden (statistisch nachweisbar besonders hohen) Gefahren auf ein Minimum zurückgedrängt wurden und man somit von einer wirksamen und effektiven Gefahrenabwehr in Hessen sprechen kann. Daher wird das Land Hessen nach wie vor an einer Rasseliste festhalten. Ein Wegfall der Gefährdungsvermutung bei Listenhunden würde auch zu einer gravierenden Verschlechterung der bestehenden Rechtslage führen, da die zuständigen Behörden erst durch eine Auflagenerteilung reagieren könnten, wenn die Hunde auffällig werden. Ein derartiges „Recht des ersten Bisses“ darf es zu Lasten der Sicherheit nicht geben.
Zwar sind allein von der Rassezugehörigkeit eines Hundes keine Rückschlüsse auf dessen Wesen und damit seine Gefährlichkeit zulässig, gleichwohl sind einige Rassen aber statistisch besonders auffällig. Dies wurde auch vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 27. Januar 2004 – 11 N 520/03 bestätigt, der feststellte, dass im Hinblick auf statistische Erhebungen eine Gefährlichkeit vermutet werden kann. Diese Rechtsprechung wurde durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 2004 bestätigt. Die Rasseliste wird daher in Hessen insbesondere im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts regelmäßig im Lichte neuer Erkenntnisse und aktueller Statistiken über Beißvorfälle überprüft.
Im Hinblick auf die Einführung eines sog. Hundeführerscheins in Hessen gilt Folgendes: Die durch den mit Gesetz vom 25.06.2018 (GVBl. 2018, S. 302) neu eingeführten § 71a Abs. 1 S. 3 im Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) geschaffene Option, Sachkunderegelungen für das Halten und Führen aller Hunde zu treffen sowie eine Chip- und Registrierungspflicht vorzusehen, stellt eine Ergänzung zur bisherigen Gefahrenvorsorge in der Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von Hunden (HundeVO) dar. Damit kann das Erfordernis des Sachkundenachweises, das bereits für gefährliche Hunde nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 HundeVO besteht, auf alle Hunde erweitert werden. Zusätzlich können auch die Landkreise und die Gemeinden nach den §§ 73, 74 HSOG für ihre jeweiligen Gebiete entsprechende Regelungen erlassen. Insofern besteht wie in Thüringen somit auch in Hessen bereits die Möglichkeit für die Einführung eines sog. Hundeführerscheins.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Hofmeister