Frage an Andreas Gerhold von Isabel A. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrter Herr Gerhold,
Den Zahlen des Statistikamts Nord zufolge, wurde der Anteil an sozialem Wohnraum in Hamburg in den Vergangenen Jahren drastisch abgebaut. Stellte die Stadt Hamburg 1993 mit 211.243 noch 26,1 % Wohnungen als Sozialen Wohnraum, sind es 2011 lediglich noch 98.495 (11%).
Besonders Menschen in prekären Lebens- und Beschäftigungsverhältnissen, oder in Ausbildnung und Studium, wird so der Zugang zu zentralem Wohnraum unmöglich gemacht, während nicht wenige Häuser in zentralen Bezirken leer stehen.
1) Wie haben Sie bislang darauf hingewirkt, dass sozialer Wohnraum erhalten und ausgebaut wird?
2) Wie planen Sie zukünftig das Leben und insebesondere das Wohnen in der Stadt zu organisieren bzw. zu ermöglichen?
3) Die neue Mietpreisbremse birgt erneut unverständliche Ausnahmen. Wie sinnvoll ist es ihrer Meinung nach, dass Neubauten dauerhaft von der Mietpreisbremse ausgenommen?
4) Welche konkreten Projekte streben Sie an, um Auszubildenden das Wohnen in der Stadt zu ermöglichen?
Sehr geehrte Frau A.,
Ihre Analyse trifft es leider genau. Der Bestand an Sozialwohnungen
sinkt seit Jahrzehnten, und dass obwohl fast die Hälfte der Hamburger
Haushalte einen Anspruch auf eine mietpreisgebundene Wohnung hätte.
Dieser Trend muss endlich gestoppt werden. Daran ändert aber auch das
derzeitige Wohnungsbauprogramm des SPD-Senats nichts.
Zu 1.
Der angestrebte Drittelmix - ein Drittel Eigentumswohnungen, ein Drittel
frei finanzierter und ein Drittel geförderter Wohnugsbau – führt
weiterhin dazu, dass der Bestand Jahr für Jahr sinkt, weil immer noch
mehr Sozialwohnungen aus der Bindung fallen als neue entstehen.
Wohnugsbauprogramme und Ziele müssen sich aber am Bedarf orientieren.
Deshalb fordern wir den Anteil des geförderten Wohnungsbaus auf
mindestens 50% zu erhöhen. Zudem sollen die Bindungsfristen wieder
erhöht werden, um den Wiederaufbau eines angemessenen Bestand an
Sozialwohnungen zu fördern. Die Stadt soll städtische Grundstücke für
sozialen Wohnungsbau in Erbbaupacht, vorrangig an Genossenschaften
vergeben. Das hat mehrere Vorteile: Die Stadt bleibt im Besitz der
Grundstücke und die Investitionssumme sinkt, da nur monatliche
Pachtabschläge zu zahlen sind statt eines kompletten Grundstückspreises.
So kann günstiger gebaut und damit günstiger vermietet werden.
Genossenschaften schaffen zudem Gemeinschaftseigentum der Bewohner.
Auch als Bezirksabgeordneter habe ich mich in aller Regel – von einigen
speziell begründeten Ausnahmen abgesehen – für einen möglichst hohen
Anteil an gefördertem Wohnraum eingesetzt.
Zu 2
Die Mietenentwicklung, mit umso höheren Steigerungen je innenstadtnäher
ein Quartier, führt zu Verdrängung von einkommensschwächeren
Bevölkerungsteilen an den Rand der Stadt und den Rand der Gesellschaft –
die viel besprochene Gentrifizierung, die zu einer sozialen Spaltung
führt. Ich wünsche mir aber eine bunte, eine durchmischte Stadt. Deshalb
ist es besonders wichtig diese Verdrängung zu stoppen. Dazu muss z.B.
das Instrument der Sozialen Erhaltungs- und Umwandlungsverordnung
konsequent angewendet und auf Bundesebene nachgebessert werden. Im
innerstädtischen Bereich muss der Anteil geförderten Wohnraums,
insbesondere gegenüber den Eigentumswohnungen, erhöht werden.
Spekulativer Leerstand und Zweckentfremdung von Wohnraum muss konsequent
unterbunden werden. Wir möchten auch alternative Lebensformen besser
ermöglichen als das bisher der Fall ist.
Besondere Sorge bereitet mir die zunehmende Privatisierung und
Kommerzialisierung des öffentlichen Raums. Der öffentliche Raum erfüllt
eine wichtige soziale Funktion und muss allen offen stehen.
Zu 3
Die Mietpreisbremse der großen Koalition wird von Mieterverbänden als
Mietpreisbremschen kritisiert. Auch wir PIRATEN sehen die Ausnahmen
sowohl für Neubauten, als auch nach Sanierung als nicht sinnvoll an und
halten deshalb unsere Forderung nach einer echten Mietpreisbremse aufrecht.
Wir möchten aber auch indirekte Mieterhöhungen durch
Modernisierungsumlagen verhindern. Die Bundesregierung hat inzwischen
immerhin beschlossen, dass die Umlage bei den tatsächlichen Kosten
gedeckelt wird und nicht dauerhaft erhoben werden kann. Das ist aber
ebenfalls unzureichend. Jedes Unternehmen bildet für Instandhaltung und
regelmäßige Modernisierungen Rücklagen. Warum soll dass in der
Wohnungswirtschaft anders sein? Kein Unternehmen kann die Gewinne
komplett raus ziehen und bei Modernisierungsbedarf von seinen Kunden
Sonderzahlungen verlangen. Deshalb muss die Modernisierungsumlage
komplett gestrichen werden. Die Umlage für energetische Sanierung muss
bei der tatsächlichen Energiekostenersparnis gedeckelt werden.
Zu 4
Ich möchte die Förderrichtlinien zur Förderung des Wohnens für
Studierende und Auszubildende auf weitere, auch innerstädtische
Quartiere ausweiten. Auch das städtische Wohnungsunternehmen SAGA / GWG
sollte hier mehr in die Verantwortung genommen werden.
Mehr zum Thema Wohnungsbau und Stadtentwicklung finden Sie hier:
https://hamburgwahl.piratenpartei.de/programm/#stadtentwicklung
Gruß
Andreas Gerhold