Frage an Andreas Dressel von Matthias L. bezüglich Recht
Sehr geerhter Herr Dr. Dressel,
Es geht mir als Mitglied im Hamburger Fürsorgeverein um die aktuelle Novellierung des Hamburgischen Strafvollzugsgesetz.
Nur weil die Bundesregierung die Kompetenz auf die Länder übertragen hat, ist es nicht richtig, das hier eine Reform stattfindet, die erhebliche Veränderungen im Gesetz vorsieht, ohne das dies Notwendig wäre. Es sollte hauptsächlich ein Jugendstrafgesetz geschaffen werden, wo die Erziehung im Fordergung steht. Das geht in der Gesetzesvorlage unter.
Leider sind bei der Gesetzvorlage weder Sachverständge noch Experten angehört worden.
Eine solche einseitige Vorlage verstößt gegen die Demokratie, wonach die Beteiligten mit in die Entscheidung einzubeziehen sind.
Ich frage Sie daher sehr geehrter Herr Dr.. Dressel, ob Sie eine solche demokratiefeindliche Gesetzesvorlage ernsthaft ohne Anhörung im Rechtsausschuß passieren lassen ?
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Latteyer
Sehr geehrter Herr Latteyer,
vielen Dank für Ihre Hinweise, die ich vollständig teile. Der Senatsentwurf wird in der kommenden Woche in der Bürgerschaft beraten. Und ich gehe davon aus, dass dieser in den Rechtsaussschuss überwiesen wird. Dann muss es eine Sachverständigenanhörung geben. Alles andere wäre nicht nur gesetzgeberisch und damit demokratisch zweifelhaft (bei einer so gravierenden Entscheidung), sondern auch fachlich höchst angreifbar.
Denn: Nach allem, was man heute weiß, ist der CDU-Entwurf frei von jeder Fachkompetenz entstanden. Die Medienberichte über die Verbändebeteiligung waren jedenfalls deutlich (hierzu auch eine PM von uns, s.u.). Insofern werden wir Druck machen, dass die CDU hier auf die Fachwelt zugeht und abrüstet. Ob das angesichts des heraufziehenden Wahlkampfs gelingt, ist leider zu bezweifeln. Gefangene haben leider eine zu kleine Lobby und auf dem Rücken der Gefangenen kann die CDU ihr politisches Süppchen kochen. Da werden wir gegenhalten.
Wir selbst haben auch einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, der den Jugendstrafvollzug regelt (s. unten stehende PM). Nicht mehr, aber auch nicht weniger ist regelungsbedürftig.
Insofern: Seien Sie sicher, dass wir da aktiv bleiben!
Beste Grüße
Ihr
Dr. Andreas Dressel MdHB
Keine Verfassungsrisiken beim Strafvollzugsgesetz
SPD-Bürgerschaftsfraktion fordert Offenlegung aller Stellungnahmen
Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat vor „schweren verfassungsrechtlichen Risiken“ beim neuen Strafvollzugsgesetz gewarnt. Justizsenator Lüdemann will Details seiner Novelle heute vorstellen. „Beim Strafvollzug geht es um einen sensiblen Kernbereich staatlicher Hoheitsgewalt. Verfassungsrechtliche Risiken sind hier nicht zu akzeptieren“, sagte SPD-Justizexperte Rolf-Dieter Klooß am Dienstag. Er verwies auf kritische Stellungnahmen aus der Fachwelt am neuen Strafvollzugsgesetz. „Offenbar will Justizsenator Lüdemann in Manier seines Vorgängers Kusch aus politischen Gründen bewusst an die Grenzen gehen. Es besteht damit die Gefahr, dass Lüdemann die gefährliche Hinwendung seines gescheiterten Amtsvorgängers zum bloßen Verwahrvollzug in einem Gesetz festschreiben will“, ergänzte der SPD-Fachsprecher für Innenpolitik, Andreas Dressel. Nachdem die Behörde bereits von Hamburger Gerichten wegen Vorgängen im Strafvollzug gerügt worden ist, wolle die Justizbehörde ihre in vielen Punkten rechtswidrige Vollzugspraxis nun offenbar durch ein eigenes Gesetz legalisieren.
Vor diesem Hintergrund verlangt die SPD-Fraktion nun vom Senat, alle Stellungnahmen offenzulegen, die im Rahmen der Verbändebeteiligung vorgelegt worden sind. Dressel: „Die Bürgerschaft muss sich ein komplettes Bild machen können, bevor sie über das Gesetz entscheidet. Es kann nicht sein, dass unliebsame Einschätzungen unter den Tisch fallen.“ Klooß betonte, die SPD-Fraktion habe mit ihrem Entwurf eines Jugendstrafvollzugsgesetzes klare Maßstäbe gesetzt. „Unser Vorschlag ist im Gegensatz zum CDU-Entwurf kein Hamburger Sonderweg. Er liegt weiter auf dem Tisch.“
„Wenig Neues“ beinhaltet aus Sicht der SPD-Bürgerschaftsfraktion der CDU-Antrag zum besseren Schutz vor Sexualstraftätern. „Hier haben wir schon im März Vorschläge zum Beispiel für eine Ausweitung der Sicherungsverwahrung gemacht. Die CDU hat das damals abgelehnt“, so Dressel. „Wenn Behörden sich effektiver vernetzen, um aus der Haft entlassene Personen sicherer im Auge behalten zu können, ist das gleichwohl richtig. Und sicher gibt es beim behördeninternen Datentransfer zwischen Melde- und Strafverfolgungsbehörden etwas zu optimieren. Niemand kann wollen, dass bei einem Umzug ein entlassener Sexualstraftäter melderechtlich abtaucht. Einen größeren Schutz bietet aber, die Sicherungsverwahrung so zu verschärfen, dass wirklich gefährliche Täter gar nicht erst auf freien Fuß kommen“, so Dressel weiter: „Das ist der richtige und auch rechtstaatliche Weg, mit gemeingefährlichen Straftätern umzugehen.“
Jugendhaft: Sicherheit und Integration
SPD-Fraktion legt Gesetzentwurf zum Jugendstrafvollzug vor
Die SPD-Fraktion hat am Mittwoch einen Gesetzentwurf zur Jugendhaft vorgelegt. „Jugendvollzugsanstalten sind keine Landschulheime“, betonte SPD-Rechtsexperte Rolf-Dieter Klooß, warnte aber zugleich vor einem „Wettbewerb um die härtesten Knäste“. Es ginge um einen modernen und humanen Jugendstrafvollzug. Die Jugendhaft müsse ihrem Erziehungsauftrag gerecht werden und die Sicherheit der Bevölkerung gewährleisten. Die Initiative der Sozialdemokraten bilde dafür eine ausgewogene, gute Grundlage. Der CDU-Plan eines Hamburger Sonderwegs führe in die Irre.
Die Sozialdemokraten haben einen eigenen Entwurf für ein Jugendstrafvollzugsgesetz erarbeitet (Drs. 18/5831), nachdem der CDU-Senat angekündigt hatte, die Jugendhaft abweichend von den meisten anderen Ländern regeln zu wollen.
Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit der Aufforderung an die Gesetzgeber, den Vollzug von Freiheitsstrafen an Jugendlichen und Heranwachsenden in einem eigenen Gesetz zu regeln. Neun Bundesländer haben sich daraufhin zusammengetan, um einheitliche Regeln und Standards für die Jugendhaft festzulegen (darunter auch CDU-regierte Länder wie das Saarland und Thüringen). Der CDU-Senat hat bisher erklärt, sich dem nicht anschließen zu wollen. „Der Senat meint partout, einen eigenen Weg gehen zu müssen. Der Wettbewerb um den schändlichen Titel ´Wer hat den härtesten Knast’ scheint damit eröffnet“, fürchtet Rolf-Dieter Klooß. Der nun von der SPD-Fraktion vorgelegte Gesetzentwurf entspricht in den wesentlichen Teilen dem Musterentwurf der so genannten 9er-Gruppe. Der Vollzug soll dazu dienen, dass die Gefangenen nach Verbüßung der Haftstrafe ein straffreies Leben in sozialer Verantwortung führen können. Seine Aufgabe sei es, die Allgemeinheit vor Straftaten zu schützen:
„Jugendvollzugsanstalten sind Stätten der Erziehung, aber keine Landschulheime“, so Klooß. Die Aufgabe des Jugendstrafvollzugs ist es, den jungen Straftätern „einen Weg zurück in die Gesellschaft und in ein Leben ohne Straftaten zu zeigen“. Dafür brauche es Konsequenz und Beharrlichkeit. In dem SPD-Gesetzentwurf würden die Jugendlichen daher verpflichtet, aktiv an der Erreichung dieses Vollzugsziels mitzuwirken: „Nur so sorgen wir nicht nur kurzfristig, sondern nachhaltig für mehr Sicherheit.“