Frage an Andreas Dressel von Klaus- Peter S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dressel,
trotz der schrecklichen Amokläufe von Erfurt und Winnenden. Ich bin deutlich mehr durch die latente Gefahr die durch illegale, unangemeldete Schusswaffen ausgeht beunruhigt.Es werden mehr Menschen durch illegale Waffen die sich in bad hands befinden ermordet als durch angemeldete Sportwaffen. Hier liegt doch das eigentliche ungelöste Problem.Mit welchen Konzepten will man gegen unerlaubten Waffenbesitz vorgehen.Ist das bisgherige Strafmass ausreichend (Abschreckung) bei ermitteltem illegalen Waffenbesitz?
Mit freundlichem Gruß
Klaus-Peter Steinberg
Lieber Herr Steinberg,
um es klar zu sagen: Nein, ich finde, bei illegalem Waffenbesitz sollte es höhere Strafen geben. Doch das wird nicht reichen. Deshalb ist die aktuell angestrebte erneute Amnestieregelung bei "tätiger Reue" - d.h. freiwilliger Abgabe - ein wichtiger Schritt, um den dramatisch hohen, in seinen konkreten Ausmaßen leider unbekannten Waffenbestand zu reduzieren.
Zum Gesamtkomplex haben wir eine umfassende Initiative in der Bürgerschaft gestartet - die Regierungsfraktionen haben sich leider komplett verweigert. Wir bleiben trotzdem dran!
Zu Ihrer Information habe ich die entsprechenden Informationen beigefügt.
Beste Grüße
Ihr
Dr. Andreas Dressel MdHB
SPD-Initiative: Mehr Sicherheit durch weniger Waffen
Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat eine 14 Punkte umfassende Initiative zur Verschärfung des Waffenrechts und zum restriktiven Vollzug dieses Gesetzes in die Bürgerschaft eingebracht. "Jede Waffe weniger bedeutet weniger Missbrauchsgefahr. Die politisch Verantwortlichen sind daher verpflichtet, sämtliche Regelungen und auch deren Vollzug immer wieder zu überprüfen", sagte SPD-Innenexperte Andreas Dressel bei der Vorstellung eines entsprechenden Bürgerschaftsantrages. Er bezeichnete den SPD-Antrag "als Vorstoß und Beitrag zur bundesweiten Debatte". Er umfasst unter Anderem erhöhte Bußgelder für Menschen, die ihre Waffen nicht ordnungsgemäß und sicher aufbewahren, eine Einschränkung des Schießens von Minderjährigen, stärkere Reglementierungen der Anzahl der Waffen in Privathaushalten und eine Kampagne zur Begleitung dieser Entwaffnungsstrategie.
Dressel zeigte sich optimistisch, was entsprechende Entscheidungen des Senats betrifft. "Auch bei der Frage der Waffenverbotszonen oder beim Glasflaschenverbot auf dem Kiez hat sich schließlich die Linie der Vernunft durchgesetzt", sagte der Abgeordnete. Gleiches gelte für die nun diskutierten neuen Amnestie-Regelungen für die freiwillige Waffenabgabe. "Wir fordern das schon lange. Bisher hat die CDU das als sicherheitspolitische Amnesie verunglimpft. Wir sind froh, dass jetzt Bewegung in die Debatte kommt", so Dressel mit Blick auf aktuelle Bund-Länder-Gespräche.
"Es ist nicht zu bestreiten, dass ohne Zugriff auf Schusswaffen Taten wie zuletzt in Winnenden nicht möglich wären", sagte Dressel. Gleichzeitig betonte er, eine Verschärfung des Waffenrechts und seines Vollzugs dürfe nicht die einzige Konsequenz aus Amokläufen mit Schusswaffen sein. Die Zunahme bei den erfassten Waffendelikten mache den Handlungsbedarf aber deutlich: Seit 2006 ist die Zahl der entsprechenden Delikte um fast 40 Prozent gestiegen. Wurden 2006 noch 1394 Straftaten gegen das Waffengesetz registriert, waren es 2008 schon 1914 - ein Anstieg von über 37 Prozent. Dieser Anstieg sei - auch im Zusammenhang mit der steigenden Waffenzahl insgesamt - besorgniserregend und nicht allein mit einer verstärkten Kontrolldichte zu erklären.
Die Vorlage der Kriminalstatistik 2008 habe zudem deutlich gemacht, dass die Zahl der Schusswaffenverwendungen im Rahmen der registrierten Kriminalität in Hamburg zugenommen hat: In 2008 wurde in 390 Fällen mit der Schusswaffe gedroht (ein Anstieg von 7,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr) und in 102 Fällen mit der Schusswaffe auch geschossen (ein Anstieg von 8,5 Prozent).
Der von der SPD eingereichte Bürgerschaftsantrag, der insbesondere auf eine Bundesratsinitiative bzw. auf entsprechende Anträge in den laufenden Bund-Länder-Gesprächen im Rahmen der Innenministerkonferenz abzielt, umfasst unter Anderem folgende Forderungen:
1. Die sichere Aufbewahrung von Waffen muss vom Waffenbesitzer gegenüber der Waffenbehörde oder einer vergleichbaren Institution (z. B. TÜV) zwingend und durch qualifizierte Bestätigung in regelmäßigen Abständen und bei sich verändernden Umständen nachgewiesen werden. In diesem Zusammenhang kann es sinnvoll sein, biometrische Sicherungssysteme bei Waffenschränken zum Standard zu machen.
2. Der Bußgeldrahmen für die nicht ordnungsgemäße Aufbewahrung von Schusswaffen ist auf bis zu 50.000 Euro zu erhöhen. Derzeit liegt die Höchstgrenze bei 10.000 Euro.
3. Angesichts der fundamentalen Risiken, die sich aus einer unsicheren Aufbewahrung von Waffen ergeben, soll nicht nur im gewerblichen Bereich, sondern auch bei privaten Waffenbesitzern durch vermehrte Besichtigungen bei den Erlaubnisinhabern vor Ort überprüft werden, ob den waffenrechtlichen Aufbewahrungspflichten entsprochen wird. Gerade bei den privaten Erlaubnisinhabern darf nicht einfach auf deren Selbstauskünfte vertraut werden, da sonst die Gefahr besteht, dass gefährliche schwarze Schafe unentdeckt bleiben.
4. Wer eine Schusswaffe kaufen und besitzen will, muss seine persönliche Eignung nachweisen - durch ein fachärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis über die geistige Eignung zum Besitz von Waffen.
5. Es ist zu prüfen, ob etwa durch Festlegung angemessener Obergrenzen für den Waffenbesitz oder Veränderungen bei der Erwerbsstreckung verhindert werden kann, dass die Waffenarsenale im Besitz von Sportschützen immer größer werden. Die Prüfung sollte sich auch auf entsprechende Regelungen für Jäger beziehen.
6. Insbesondere die Verbreitung großkalibriger Waffen und durchschlagskräftiger Munition muss verstärkt auf diejenigen Gruppen begrenzt werden, für die sie entwickelt wurden Das gilt etwa für Polizei und Militär. Das kann auf das Verbot großkalibriger Waffen im Schießsport hinauslaufen.
7. Die Regelungen für das ausnahmsweise Schießen durch Minderjährige auf Schießstätten sind zu überprüfen. Gerade der Waffenzugang von Jugendlichen ist einzuschränken.
8. Kauf und Verkauf von Gas- und Schreckschusswaffen sollen erschwert werden: Nicht erst das Mit-sich-Führen, sondern bereits der Erwerb einer Gas- und Schreckschusswaffe soll an die Prüfung der Zuverlässigkeit bzw. ein polizeiliches Führungszeugnis und die persönliche Eignung des Käufers gebunden werden. Ferner ist der Verkauf so genannter Scheinwaffen (Gas- und Schreckschusswaffen) auf solche Geschäfte zu beschränken, die auch die Erlaubnis besitzen, mit genehmigungspflichtigen Waffen zu handeln. Eine zwingende Registrierung solcher Waffen beim Verkauf ist vorzusehen.
9. Weitergehende Restriktionen für Hieb- und Stoßwaffen bleiben unumgänglich. Im Lichte der Erfahrungen mit den Waffenverbotszonen und der weiteren Rechtspraxis muss geprüft werden, inwieweit ein weitergehendes Verbot sämtlicher Arten von Hieb- und Stoßwaffen sowie Spring- und Fallmessern, die einzig dem Zweck dienen, andere zu verletzen, möglich ist. Um dieses Verbot praktikabel zu halten, sind Taschenmesser und andere Gegenstände des täglichen Bedarfs davon nicht erfasst.
10. Inhaber von Geschäften, die mit Waffen handeln, sollen überzeugt werden, Waffen nicht in Schaufenstern auszustellen. Das soll in einem ersten Schritt zumindest Geschäfte in Waffenverbotszonen betreffen. Gerade in Waffenverbotszonen ist die Werbung für Waffen inakzeptabel.
11. Das Hamburger elektronische Waffenregister soll so weiterentwickelt werden, dass auch ein effizientes und für Parlament und Öffentlichkeit transparentes Controlling der Hamburger Vollzugspraxis beim Waffenrecht möglich wird. Bisher gibt es etwa über Zahl und Ergebnisse der Prüfungen der Zuverlässigkeit von Erlaubnisinhabern und der sicheren Aufbewahrung von Waffen keinerlei Daten. Damit wird die Beurteilung der Effizienz der Vorschriften unnötig erschwert.
12. Konsequent durchzusetzen ist insbesondere das Verbot jeglicher Waffen an Schulen, indem insbesondere die Lehrerinnen und Lehrer unterstützt und ausreichend auf ihre Möglichkeiten hingewiesen werden, in geeigneten Fällen bei Anhaltspunkten in mitgeführten Sachen oder der Kleidung nach Waffen zu schauen und diese sicherzustellen.
13. Es ist zu prüfen, ob und inwieweit gefährdete Discotheken und Szenelokalitäten stärker verpflichtet werden können, konkrete und verbindliche Sicherheitskonzepte zu erarbeiten, in denen die Betreiber gegenüber den Behörden darlegen müssen, welche Maßnahmen sie gegen Gewaltdelikte und Waffen, gegen Drogen und übermäßigen Alkoholkonsum treffen.
14. Bis spätestens Juni 2009 ist eine behördenübergreifende, die vorgenannten Maßnahmen öffentlichkeitswirksam begleitende Kampagne "Hamburg rüstet ab!" zu starten, die insbesondere an Schulen und in Jugendeinrichtungen Wirkung entfalten soll.
So sehr die überfällige Einführung des Hamburger Waffenregisters zu begrüßen sei, so enttäuschend sei die fehlende Umsetzung der waffenpolitischen Forderungen des CDU-GAL-Senats, so Dressel abschließend. Zwar heißt es im Koalitionsvertrag, "die mit der Waffenverbotszone St. Pauli begonnene Entwaffnungsstrategie wird fortgesetzt. Die rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten, derartige Zonen auszuweiten, werden intensiv geprüft und nach Möglichkeit zügig umgesetzt." Getan habe sich aber nichts, der Senat prüfe noch. Auch von der im Koalitionsvertrag angekündigten "behördenübergreifenden öffentlichen Aufklärungskampagne, die insbesondere an Schulen ansetzen soll", sei bisher nichts zu sehen.