Frage an Andrea Voßhoff von Nico F. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Was erhoffen sich die CDU / CSU von der Untergrabung der Tarifautonomie? Jedem Menschen der in irgendeiner Weise abhängig beschäftigt ist, sollte doch klar sein, dass Betriebsräte niemals mit dem Arbeitgeber tarifliche Bestimmungen aushandeln können. Dies aus dem einfachen Grund, dass jeder Betriebsrat ein ganz normaler Arbeitnehmer im Betrieb ist und somit auch leicht erpressbar! Nun gut man könnte nun behaupten, dass ja immernoch 2/3 der Belegschaft pro Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sein müssen, die jedoch ist für mich kein Argument gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten in unseren Regionen. Da die Beschäftigten in Brandenburg ja leider in Angst um ihren Arbeitsplatz leben müssen, würden sie eben aufgrund dieser Angst nie gegen eine solchen Verhandlung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat stimmen. Das wiederrum hieße, dass wieder einmal die Arbeitgeber nicht nur bei den Steuerentlastungen sondern auch im Betrieb gewonnen hätten. Warum konzentriert sich die CDU nicht lieber auf das Schaffen von Arbeitsplätzen indem man mal die Lasten in Deutschland anders das heißt, auch zu Lasten der Arbeitgeber verteilt und nicht wie abgedacht die Erhöhung von Steuern das heißt von Belastungen der "kleinen Leute"?
Sehr geehrter Herr Faupel,
ich bedanke mich für Ihre Anfrage vom 08.08.2005.
Die CDU/CSU achtet natürlich die Tarifautonomie. Die rechtliche Absicherung der betrieblichen Bündnisse für Arbeit mag nicht unbedingt die Rechte der Gewerkschaften stärken, die der Arbeitnehmer im Betrieb doch allemal. Vorfahrt für Arbeit und Beschäftigungssicherung heißt auch, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eine schnellere Anpassung an die veränderten Rahmenbedingungen zu ermöglichen. Wenn Arbeitgeber und Belegschaft erst dann betriebliche Bündnisse zur Rettung von Betriebsstandorten und Arbeitsplätzen schließen können, wenn bereits der Konkurs bevorsteht oder Abwanderungspläne konkret werden, ist es vielfach zu spät. Betriebliche Bündnisse müssen geschlossen werden, solange der Betrieb noch die Kraft hat, im Wettbewerb in die Offensive zu gehen. Deshalb werden wir für betriebliche Bündnisse für Arbeit eine rechtliche Grundlage schaffen.
Wir wollen deshalb das Günstigkeitsprinzip im Tarifvertragsgesetz dahin gehend ergänzen, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber abweichend von einem Tarifvertrag einzelvertragliche Vereinbarungen schließen können, wenn dies der Beschäftigungssicherung oder dem Beschäftigungsaufbau dient. Als günstiger gilt dabei eine abweichende Vereinbarung, wenn die Zustimmung des Betriebsrates und von 2/3 der Belegschaft vorliegt.
Ihre Sorge, damit seien Betriebsrat und Belegschaft dem Arbeitgeber ausgeliefert, teile ich nicht. Gerade Ihre Aussage, ein Betriebsrat sei ein "normaler Arbeitnehmer" und damit "leicht erpressbar" ist unzutreffend. Die Arbeit der Betriebsräte ist so wichtig, dass der Gesetzgeber ihnen einen besonderen Kündigungsschutz zugedacht hat. Er ist eben kein "normaler Arbeitnehmer", sondern als Arbeitnehmervertreter unverzichtbar. Das Mitbestimmungsrecht ist ein "Kind" der Union. Es ist einer der ersten Anträge, den die damalige CDU/CSU-Bundestagsfraktion wenige Monate nach Gründung der Bundesrepublik eingebracht hat: Neuordnung der Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern". Die Union steht nach wie vor zum Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer. Gerade durch die geplante Änderung wird das Recht des einzelnen Arbeitnehmers, über die Bedingungen in seinem Betrieb mitzubestimmen, doch wieder gestärkt.
Sehr geehrter Herr Faupel, Sie schreiben, dass Arbeitgeber bei den Steuerentlastungen "gewonnen hätten", und unterstellen, dass die CDU die Belastungen der "kleinen Leute" erhöhen wolle. Das ist nicht richtig.
Gerade für die Arbeitnehmer wollen wir eine stärkere Entlastung, also wieder mehr netto in der "Lohntüte": Wir wollen die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von 6,5 % auf 4.5 % absenken. Dazu bedarf es angesichts des desaströsen Bundeshaushaltes einer "Gegenfinanzierung, wie sollte es sonst umsetzbar sein? Wir schlagen dazu die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 % auf 18 % vor, auch wenn es nicht unbedingt große Sympathien hervorruft, es ist aber ehrlich und - ich meine - alternativlos. Wir wollen den Eingangsteuersatz bei Lohn- und Einkommensteuer ab 01.01.2007 auf 12 % senken. Wir werden dann einen einheitlichen Grundfreibetrag von 8.000 Euro für jede Person - sei sie Erwachsener oder Kind - einführen. Das bedeutet, dass eine Arbeitnehmerfamilie mit zwei Kindern rund 38.200 Euro im Jahr einkommensteuerfrei behalten wird. Das werden dann für diese Familie 5.000 Euro mehr sein als heute.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Voßhoff, MdB