Frage an Andrea Lindholz von Heike R. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht
Sehr geehrte Frau Lindholz,
Herr Schäuble fordert, wohl durchdacht und analysiert, Asylzentren außerhalb der EU, was auch Gauland von der AFD bereits schon 2018 gefordert hat.
quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/bundestagspraesident-schaeuble-asylzentren-migration-100.html
quelle_ https://afdkompakt.de/2018/06/28/endlich-asyl-zentren-ausserhalb-der-eu-einrichten/
Welche Aktivitäten laufen derzeit oder laufen jetzt an, um Schäubles Vorschlag zügig umzusetzen?
Die Akzeptanz in der deutschen Bevölkerung wäre dann sicher gegeben und der gesellschaftlich Zusammenhalt nicht mehr so gefährdet wie derzeit.
quelle: https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.umfrage-zur-migration-buerger-befuerchten-zerfall-der-gesellschaft.1f336641-0d68-4867-a473-61f1e9a1c59c.html
Werden wir unseren Ratsvorsitz im Schäuble Sinne nutzen?
Frau Lindholz, Unterstützen Sie als Abgeordneter aktiv den Schäuble Vorschlag, wenn ja, wie?
H. R.
Sehr geehrte Frau Rogall,
der Analyse des Bundestagspräsidenten in dessen FAZ - Gastbeitrag vom 06. Juli 2020 stimme ich in fast allen Punkten zu. Allerdings warne ich ausdrücklich davor, auf die Augenwischerei der AfD hereinzufallen. Was die AfD unter dem genannten Link fordert, entspricht nicht (!) den Forderungen des Bundestagspräsidenten. Herr Dr. Schäuble fordert exterritoriale Asylzentren außerhalb der EU, damit dort z.B aus Seenot gerettete Personen ihren Asylanspruch bereits vor der Einreise in die EU prüfen lassen können, Anreize zur lebensgefährlichen Überfahrt genommen werden und im Endeffekt nur noch schutzberechtigte Personen in die EU einreisen. Die AfD fordert hingegen Asyl-Zentren für abgelehnte Asylbewerber, also Personen die bereits nach Deutschland oder Europa eingereist sind. Damit zeigt die AfD, dass sie weder die Migrationsproblematik in ihrer Gesamtheit begriffen hat, noch die verfassungsrechtlichen und völkerrechtlichen Grundlagen der deutschen bzw. europäischen Asylpolitik hinreichend kennt - von den humanitären Implikationen ganz zu schweigen.
Die AfD argumentiert hier wieder mal an der Sache vorbei und hochgradig populistisch. Denn am 28. Juni 2018 haben die Regierungschefs der EU bereits offiziell Rat und Kommission aufgefordert, ein Konzept für sogenannte exterritoriale "Ausschiffungsplattformen" mit Drittländern, sowie der UN bzw. ihren Tochterorganisationen UNHCR und IOM auszuloten. Den Beschluss des Rates vom 28. Juni 2018 finden Sie unter folgendem Link. Den entsprechenden Passus finden Sie unter Ziffer 5. https://www.consilium.europa.eu/media/35938/28-euco-final-conclusions-de.pdf
Ich bedaure, dass die EU bei der Umsetzung dieses Beschlusses bislang keine größeren Fortschritte verzeichnen konnte. Dabei sollte man aber berücksichtigen, dass aufgrund der Europawahl 2019 sowohl die alte als auch die neue Kommission nicht viel Zeit für die Umsetzung hatte. Die Forderung nach Asylzentren in Afrika ist auch viel älter als die AfD und wurde sogar mal von einem Bundesinnenminister der SPD unterstützt. https://www.faz.net/aktuell/politik/asylpolitik-schily-fuer-fluechtlingslager-in-afrika-1178370.html
Auch das zeigt, wie schwierig die Umsetzung dieses Vorhabens ist. Bislang hat sich noch kein Staat - außer die Türkei im Rahmen des EU-Türkei Abkommens - bereit erklärt, derartig umfassend mit der EU in Migrations- und Asylfragen zu kooperieren. Grundsätzlich bin ich aber der Meinung, dass die EU trotz aller Schwierigkeiten auch diesen Ansatz weiterverfolgen sollte. Am Ende kommt es entscheidend darauf an, wie eines oder mehrere Drittländer in Nordafrika zur Kooperation bewegt werden könnten. Hier sind diverse Möglichkeiten vorstellbar, allerdings ist ein Durchbruch bei diesem Unternehmen bislang nicht absehbar.
Daher wird der Bundesinnenminister die laufende deutsche Ratspräsidentschaft vor allem dafür nutzen, die seit Jahren überfällige Reform des Gemeinsame Europäischen Asylsystems (GEAS) voranzutreiben. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist der deutsche Vorschlag, Asylzentren an den EU-Außengrenzen einzurichten, um dort kursorische Vorprüfungen des Asylanspruchs durchzuführen. Nur nach einer positiven Vorprüfung soll die Weiterverteilung innerhalb der EU möglich sein. Bei negativem Ausgang soll die Rückführung unmittelbar durch Frontex erfolgen. Ein solches System hätte die Zahl der Asylbewerber in der gesamten EU letztes Jahr von 700.000 auf 200.000 tatsächlich schutzberechtigte Personen reduziert, deren Verteilung sicherlich weit weniger umstritten gewesen wäre. Doch auch die Umsetzung dieses Ansatzes scheint angesichts des Widerstandes der Staaten an den EU-Außengrenzen schwierig.
Grundsätzlich folgt die unionsgeführte Bundesregierung seit jeher dem Ansatz, eine geordnete Asylmigration über Aufnahmeverfahren direkt aus den Krisengebieten zu ermöglichen und setzt sich gleichzeitig für den Schutz der EU-Außengrenzen ein. Die Schwierigkeit besteht nun darin, im vereinten und grenzfreien Europa, diesen Ansatz auf europäischer Ebene durchzusetzen: Sichere gemeinsame Grenzen - Vertretbare gemeinsame Aufnahmeprogramme
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Lindholz MdB