Frage an André Stephan von Andreas S. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Herr Stephan,
Wie stehen Sie zu den neuen Abschlüssen BA und MA, die neuerdings an Berliner Hochschulen erworben werden können. Halten sie diese tatsächlich für international konkurrenzfähig?
Wie wollen Sie verhindern, dass Studenten immer länger studieren müssen, weil Sie mit mehreren schlecht bezahlten Jobs ihr Studium fianzieren müssen? Welche Finanzierungsmodelle haben Sie für Studenten?
Danke für die Antworten
Andreas Sander
Sehr geehrter Herr Sander,
sie haben Recht: Bei der Umstellung auf Bachelor und Master gibt es große Probleme, die vor allem auf dem Rücken der Studierenden ausgetragen werden. Warum soll hier beispielsweise der Bachelor nur 6 Semester dauern, wenn er anderswo reihenweise verlängert wird? Außerdem ist es kaum zu übersehen, dass die Universitäten mit der Umstellung überfordert sind. So wird einfach versucht, die bisherigen Studienordnungen in die neue Struktur zu pressen. Das klappt nicht und ist von den "Erfinderinnen und Erfindern" dieses Systems auch nicht gewollt.
Das Hauptargument für die Umstellung aber die Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung von Studienleistungen verkehrt sich in sein Gegenteil. Weil es jetzt nicht mehr nur um die Anerkennung von Leistungsscheinen geht, sondern auch um die Anerkennung der Benotung, gehen jedenfalls die Berliner Universitäten dazu über, solche Nachweise nur noch von anerkannten Partneruniversitäten zu akzeptieren. Das Ergebnis ist nicht mehr, sondern weniger Mobilität für Studierende, Nachwuchswissenschaftlerinnen wie Nachwuchswissenschaftler.
Dennoch: Ich bin im Prinzip für die Umstellung der deutschen Systeme auf Bachelor und Master. Nicht der Bolognaprozess als solcher ist problematisch, sondern der Umgang der hiesigen Hochschullandschaft damit. Ein Bachelor-Studiengang muss nicht automatisch zur "Verschulung" führen, wie beispielsweise Stanford und andere amerikanische Universitäten zeigen. Eine Umstellung der deutschen Magister- und Diplomstudiengänge auf die Bachelor- und Masterstruktur muss nicht automatisch dazu führen, dass alle nur noch den Bachelor studieren dürfen. Letzteres ist allerdings von anderen Parteien politisch gewollt und deshalb politisch gemacht.
Zu ihrem zweiten Punkt: Es muss eine elternunabhängige sichere Studienfinanzierung geben. Seit ihrer Gründung streiten Bündnis 90/Die Grünen dafür, die finanzielle Situation der Studierenden zu verbessern. Immerhin hat es unter rot-grün eine deutliche Anhebung des Bafögs gegeben eine Weiterentwicklung des Bafögs zu einer elternunabhängigen Finanzierung des Lebensunterhalts von Studierenden ist an dem damaligen Bundeskanzler Schröder gescheitert. Und unter der neuen Bildungsministerin Anette Schavan wird statt über die überfällige erneute Anpassung des Bafögs über die Abschaffung bzw. die vollständige Umstellung auf ein Kreditsystem diskutiert. Möge die SPD im Bunde mit der CDU das von ihr selbst Anfang der 70er eingeführte Bafög beerdigen: Mit uns war und ist das nicht zu machen!
Ebenso wenden wir uns gegen Studiengebühren. Es ist den Bündnisgrünen zu verdanken, dass es bisher nicht zu Studiengebühren und Studienkonten in Berlin gekommen ist. Der von uns in Berlin unterstützte Druck der studentischen Basis hat dazu geführt, dass Senator Flierl sein ursprüngliches Studienkontenmodell wieder einpacken konnte. Nach der Wahl wird das Thema aber erneut auf der politischen Agenda in Berlin erscheinen. Wir Bündnisgrüne haben uns erneut festgelegt: keine Studiengebühren in Berlin. Aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit, aus bildungspolitischen Gründen aber selbst auch aus wirtschaftspolitischer Vernunft. Anders als rot-rot sehen wir die Studierenden in der Stadt nicht als Last, sondern als das Pfund für die Zukunft der Stadt. Dieser Zukunft muten wir nicht noch weitere Hürden zu.
Mit freundlichen Grüßen,
André Stephan