Frage an André Berghegger von Gert G. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Dr. Berghegger,
die finanziellen Auswirkungen des Gesundheitsmodernisierungsgesetz von 2003 auf die Empfänger von aus eigenem Einkommen abgeschlossenen Direktversicherungen und auf die Betriebsrenten-Empfänger (öffentlicher Dienst) sind Ihnen ja als Haushälter im Bundestag bekannt. Weitere Details wird Ihnen Ihr Kollege Dr. Carsten Linnemann zur Verfügung stellen.
Wann können die Betroffenen mit der Rückabwicklung des GMG-Gesetzes rechnen, und zwar von Anfang an??Die Finanzierung muss mit krankenkassenfremden Leistungen (hier: Euro 10,6 Mrd. Zahlungen der gesetzlichen Krankenkassen für die ALG II Bezieher) verrechnet werden.
Mit freundlichen Grüßen aus Bünde/Ostwestfalen-Lippe(OWL)
G. G.
Sehr geehrter Herr Grottendiek,
vielen Dank, dass Sie sich über Abgeordnetenwatch an mich gewandt haben.
Wie Sie richtig wiedergeben, sind Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge sowie andere mit der Rente vergleichbare Einnahmen bzw. Versorgungsbezüge seit 2004 beitragspflichtig. Lassen Sie mich zunächst deutlich aussprechen, dass ich den Unmut der Betroffenen über diese Regelung gut nachvollziehen kann und deswegen an einer Lösung interessiert bin: Es darf nicht sein, dass Beitragszahler in der Rente zu hoch belastet werden - und wir dies gerade auch in den Fällen berücksichtigen müssen, in denen durch eine private oder betriebliche Altersvorsorge gezielte Vorkehrungen für eine gute Rente getroffen wurden.
Auf dem letzten Bundesparteitag hat sich die CDU auf einen Antrag meines Fraktionskollegen Dr. Carsten Linnemann, MdB, für eine Abschaffung der gegenwärtigen Doppelverbeitragung ausgesprochen. Ein seriöser Vorschlag für eine Gegenfinanzierung ist aber die zwingende Voraussetzung dafür, dass wir eine Änderung vornehmen können: Schließlich nimmt die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) jährlich rund 5,8 Mrd. Euro aus der Verbeitragung von Versorgungsbezügen der versicherungspflichtigen Mitglieder ein. Der größte Teil hiervon geht auf Beiträge für Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge zurück. Eine komplette Rückabwicklung wie Sie fordern, würde rund 40 Mrd. Euro kosten und hätte jährliche GKV Mindereinnahmen von knapp drei Mrd. Euro im Jahr zur Folge. Diese Einnahmeausfälle wären durch andere Versicherte - und zwar auch von jenen mit gegebenenfalls geringeren Einnahmen - mit auszugleichen oder durch das Absenken des Leistungsvolumens zu kompensieren.
Bereits eine Halbierung der Beiträge auf Betriebsrenten würde daher für die Versichertengemeinschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung jährlich allein rund 2,9 Mrd. Euro weniger Einnahmen bedeuten. Diese Mindereinnahmen hätten dann alle Versicherten zu verkraften, die dann entsprechende Beitragserhöhungen oder Leistungskürzungen zu tragen hätten. Das möchte ich - gerade auch mit Blick auf Versicherte mit niedrigem Einkommen - nicht. Deswegen haben wir gegenüber dem Bundesfinanzminister deutlich gemacht, dass die Einnahmeausfälle ausgeglichen werden müssten. Erlauben Sie mir, dass ich darauf hinweise, dass das Bundesverfassungsgericht die Anordnung des vollen allgemeinen Beitragssatzes auf Versorgungsbezüge übrigens als verfassungsgemäß bestätigt und festgehalten, dass die Maßnahme zur Deckung einer zunehmenden Finanzierungslücke erforderlich und für die betroffenen Rentner zumutbar war (siehe BVerfG, Beschluss vom 28. Februar 2008 - 1 BvR 2137/06).
Wenn wir nun über Änderungen und Gerechtigkeit diskutieren, müssen wir neben der nötigen Entlastung der Beitragszahler im Rentenalter auch die Frage der Generationengerechtigkeit gegenüber den jüngeren Beitragszahlern in den Blick nehmen: So steigt der Anteil von Rentnerinnen und Rentnern in der gesetzlichen Krankenversicherung stetig an - mit einem entsprechenden Anstieg an Leistungen der Krankenversicherten. Dadurch muss die jüngere Generation mehr zur Solidargemeinschaft beitragen als die vorherigen Jahrgänge. Momentan tragen Rentner selbst nur noch rund 40 Prozent ihrer Leistungsausgaben in der GKV mit ihren Beiträgen, während es 1973 noch circa 73 Prozent waren. Das heißt im Umkehrschluss, dass der größte Teil der Versorgungskosten, also rund 60 Prozent, von der Solidargemeinschaft der Versicherten insgesamt getragen wird. Aus diesem Grund müssen wir bei künftigen Gesprächen hierzu bedenken, dass die Belastungen für alle Betroffenen in der Versichertengemeinschaft verträglich ausgestaltet werden. CDU/CSU und SPD haben sich darauf geeinigt, dass Bundesminister Hubertus Heil MdB und Bundesminister Jens Spahn MdB mit Vertretern der Fraktionen gemeinsam eine Lösung finden. Ziel ist es, die Attraktivität der betrieblichen Altersvorsorge wieder zu erhöhen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. André Berghegger, MdB