Frage an André Berghegger von Philipp P. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Berghegger,
schächten ist in Deutschland grundsätzlich nicht gestattet, die Einfuhr von Fleisch im Ausland geschächteter Tiere ist dagegen legal.
Dieses ohnehin schon weiche Verbot wird in der Praxis jedoch weiter aufgeweicht.
https://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/__4.html
https://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/__17.html
Zum einen gibt es die Möglichkeit in Deutschland Tiere unter Betäubung zu schächten.
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/schlachten-kurs-grub-1.3998717#
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/schlachten-kurs-grub-1.3998717-2
Außerdem wird Fleisch von im Ausland geschächteten Tieren nach Deutschland importiert.
https://youtu.be/MXN2piFmWLo
Die Nachfrager beruft sich auf religiöse Interessen und die Freiheit zum Bekenntnis/Religion.
In Deutschland gilt jedoch die Freiheit sich zu einem Bekenntnis oder einer Religion zu bekennen.
Es gilt jedoch nicht die Freiheit der Bekenntnisse/Religionen alles zu tun, bzw. Narrenfreiheit unter dem Deckmantel der Religion.
Das schächten ist ein mitunter minutenlanger Todeskampf für die Tiere.
Wen Sie sehr starke Nerven haben können Sie sich hier anschauen was schächten für die Tiere bedeutet.
https://www.youtube.com/watch?v=paH6JmVL2FA
Was werden Sie gegen diese Tierquälerei tun?
Mit freundlichen Grüßen
P. P.
Sehr geehrter Herr Ponitka,
der CDU ist der Schutz der Tiere sehr wichtig. Das gilt für jede Art der Tierhaltung und umfasst auch die Schlachtung. Diese muss tierschutzkonform erfolgen und grundsätzlich mit einer guten Betäubung. Das betäubungslose Schächten ist in Deutschland grundsätzlich verboten. Aus verfassungsrechtlichen Gründen kann das Verbot aber nicht ausnahmslos gelten, da die ebenfalls grundgesetzlich geschützte Religionsfreiheit tangiert ist. In der Vergangenheit gab es bereits verschiedene gesetzliche Initiativen für Verschärfungen, vor allem vom Land Hessen, aber auch aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Diese sind nach Prüfung der verfassungsmäßigen Hürden durch das Bundesministerium der Justiz nicht weiter verfolgt worden. Zudem gibt es höchstrichterliche Beschlüsse, an denen die Politik nicht vorbeikommt. So hat das Bundesverwaltungsgericht im November 2006 entschieden, dass auch die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen zum betäubungslosen Schächten nicht entgegensteht. Wir beabsichtigen nach den erwähnten gescheiterten Anläufen keine neuen Initiativen zur Verschärfung der Gesetzeslage beim Schächten mehr zu ergreifen. Es wäre dem Anliegen nicht gedient, wenn ein Gesetz erlassen würde, dass einer Prüfung vor Gericht nicht standhalten würde und stattdessen öffentlichkeitswirksam verworfen werden müsste. Wir setzen uns dagegen dafür ein, dass die Behörden die Ausnahmegenehmigungen nur sehr restriktiv erteilen. Unserer Kenntnis nach ist dies auch die gehandhabte Praxis in Deutschland. Gleichzeitig werben wir bei den jüdischen und muslimischen Mitbürgern für eine Akzeptanz der reversiblen Elektro-Kurzzeitbetäubung.
In der EU ist ein Verbot des betäubungslosen Schlachtens aufgrund der Mehrheitsverhältnisse als auch aufgrund verfassungsrechtlicher Aspekte nicht durchsetzbar. Deshalb ist das Fleisch auch aus Ländern ohne eine strikte Verbotsregelung, wie wir sie in Deutschland, Schweden oder Polen haben, auf dem EU-Binnenmarkt handelbar. Um muslimischen Kunden eine Entscheidungshilfe zu geben, werden diese Produkte in der Regel von den anbietenden Lebensmittelunternehmen freiwillig mit Halal (d. h. erlaubt oder islamkonform) gekennzeichnet. Halal-Lebensmittel müssen aber nicht zwingend aus betäubungsloser Schlachtung stammen. Je nach Auslegung der islamischen Texte gibt es abweichende Halal-Standards, die zum Teil auch eine Betäubung erlauben. Die unterschiedlichen Anforderungen und Auslegungsweisen der einzelnen Gruppierungen des Islam ist u. a. auch ein Grund dafür, warum es eine Vielzahl von Halal-Siegeln gibt.
Aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen innerhalb des muslimischen Glaubens ist die Freiwilligkeit der Kennzeichnung das gebotene Mittel. Standards müssten von den Vertretern des muslimischen Glaubens selbst erarbeitet werden, staatlich vorgegebene Standards dürften auf Ablehnung derjenigen Gruppen treffen, deren Vorstellungen nicht zur Gänze berücksichtigt wurden. Der Versuch einer Aktualisierung des Codex-Alimentarius-Standard CAC/GL 24-1997 "General Guidelines for the Use of the Term Halal" war bislang aufgrund unterschiedlicher Ansichten der Teilnehmerstaaten nicht erfolgreich.
Eine verpflichtende Halal-Kennzeichnung bzw. eine Kennzeichnung der Schlachtmethode ist im Rahmen der Novellierung des Lebensmittelkennzeichnungsrechts der EU 2011 diskutiert worden. Dabei kam keine Mehrheit zustande. Nationale Kennzeichnungsregelungen sind nur eingeschränkt erlaubt und müssten WTO- und binnenmarktkonform erfolgen, d. h. sie müssten sich z. B. auf Gesundheitsschutzaspekte beziehen. Die Voraussetzungen dürften hier nicht gegeben sein.
Freundliche Grüße
André Berghegger