Frage an André Berghegger von Dr. Alexander P.
Sehr geehrter Herr Berghegger,
heute wurde erfreulicherweise ein Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung beschlossen. Ein Änderungsantrag der Opposition, der die von uns kritisierte Formulierung "im Auftrag oder auf Weisung" streichen wollte, wurde abgelehnt. Meine Frage an Sie ist nun, ob das Gesetz in dieser Form, d.h. mit diesem Passus, nicht im Grunde wirkungslos ist. Soweit mir bekannt, verwiesen jedenfalls bei einer Expertenanhörung im Rechtsausschuss des Bundestags Sachverständige auf dieses Problem: Einem korrupten Politiker sei in der Praxis kaum nachzuweisen, dass er im Auftrag oder auf Weisung gehandelt habe.
Mit herzlichem Dank im Voraus,
Ihr Alexander Piecha
Sehr geehrter Herr Dr. Piecha,
ich danke Ihnen für Ihre Nachricht und das freundliche Telefonat, das wir gestern zum Thema Neuregelung der Abgeordnetenbestechung geführt haben. Meine Ansicht zu diesem Gesetzesvorhaben erläutere ich aber, wie besprochen, auch gerne nochmals schriftlich.
Bereits in den vergangenen Legislaturperioden hat sich der Deutsche Bundestag regelmäßig mit dem Thema der Abgeordnetenbestechung befasst, sich aber bislang nicht auf eine Regelung verständigen können. Denn es ist sehr komplex, eine verfassungsrechtlich ausreichend bestimmte Abgrenzung zu regeln zwischen zulässiger – sogar erwünschter – Interessenwahrnehmung im Wählerauftrag einerseits und strafwürdigem, korruptem Verhalten andererseits. Es geht also darum, präzise festzulegen, wo eine zulässige Einflussnahme auf Abgeordnete endet und eine strafwürdige Einflussnahme beginnt. Hieran sind frühere Gesetzgebungsinitiativen regelmäßig gescheitert.
Ziel des neuen Gesetzes ist es, die freie Willensbildung und -betätigung in den Parlamenten und kommunalen Volksvertretungen vor unzulässiger Einflussnahme zu schützen und damit das öffentliche Interesse an der Integrität parlamentarischer Prozesse und der Unabhängigkeit der Mandatsausübung sowie der Sachbezogenheit parlamentarischer Entscheidungen zu garantieren. Als CDU/CSU-Bundestagsfraktion war es uns wichtig, dass das vom Grundgesetz geschützte freie Abgeordnetenmandat, aber auch die Tätigkeit der vielen ehrenamtlich tätigen Mitglieder in Kommunalvertretungen durch die Neuregelung nicht beeinträchtigt wird.
Ein Mandatsträger macht sich künftig strafbar, wenn er sein Mandat kommerzialisiert, indem er sich bei seiner parlamentarischen Tätigkeit den Aufträgen oder Weisungen eines Vorteilsgebers unterwirft. Das ist der Fall, wenn der Mandatsträger sich bei seiner Entscheidung etwa nicht von seinem Gewissen oder vom wohlverstandenen Interesse seiner Wählerinnen und Wähler leiten lässt, sondern seine Handlung gerade durch die Vorteilsgewährung bestimmt ist. Dagegen sollen allgemein als zulässig anerkannte Verhaltensweisen im politischen Raum weiterhin nicht strafbar sein. Entscheidend ist daher, wie das Verhalten aus Sicht eines objektiven Dritten zu verstehen ist. Es geht also um die Bewertung am Maßstab eines seriösen Politikers, der sich an die angemessenen sozialadäquaten Gepflogenheiten des politischen Betriebes hält.
Mit der Neuregelung des Straftatbestandes der „Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern“ haben wir die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Deutschland demnächst die VN-Konvention gegen Korruption ratifizieren kann.
Mit besten Grüßen
André Berghegger