Frage an Alois Gerig von Thomas S. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Guten Tag Herr Gerig,
Zitat aus §2 des Tierschutzgesetzes:
"Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,
1. muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
2. darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,(...)"
Frontal 21 dokumentierte in 2015 Zustände in der deutschen Massentierhaltungen, die pro Jahr das vorzeitiges Sterben wie massive Leiden von zig Millionen Tieren bedeuten:
https://www.youtube.com/watch?v=r4l8nrffQ1E
40 Millionen männliche Küken sterben pro Jahr am ersten Tag ihres Lebens durch Vergasen oder Schreddern da ihre Aufzucht als unwirtschaftlich gilt. Die Hochleistungszucht bei Sauen zeig massiv tierschädliche Auswirkungen.:
"Es gehört auch zum Geschäft, dass überzählige Ferkel einfach an der Stallwand totgeschlagen werden. Sogenannte Kümmerlinge – schwache, kleine Ferkel - kann sich kaum ein Landwirt leisten, zu Zehntausenden landen sie in Kadavertonnen. Und die immer größeren Sauen müssen ihr halbes Leben in viel zu engen Kastenständen verbringen, eingepfercht hinter Gittern."
https://www.zdf.de/politik/frontal-21/frontal21-dokumentation-tierfabrik-deutschland-von-100.html
In der deutschen Putenmast dürfen bis zu 3 Puten auf einem Quadratmeter Fläche unter für die Tiere oft qualvollen Bedingungen gehalten werden:
https://www.youtube.com/watch?v=NKDzZHoyrKA
1. Wie gehen Sie mit diesen Informationen um?
2. Wird mit den benannten Bedingungen das deutsche Tierschutzgesetz verletzt?
3. Halten Sie Verbesserungen zugunsten des Tierschutzes für nötig?
.
4. Wenn ja, wie würden Sie diese Verbesserungen definieren und was würden Sie dafür tun?
Mit freundlichen Grüßen, T. S.
Sehr geehrter Herr S.,
im Auftrag von Herrn Gerig bedanke ich mich für Ihren Beitrag.
Mit Bürgeranfragen wenden Sie sich bitte direkt an sein Bundestagsbüro unter der E-Mail-Adresse alois.gerig@bundestag.de .
Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Mit freundlichen Grüßen
[Name entfernt]
Sehr geehrter Herr Schüller,
vielen Dank für Ihre Fragen bzgl. der Tierhaltung in Deutschland. Konkret sprechen Sie Küken, Sauenhaltung bzw. Haltung von Ferkeln und die Putenmast an.
Mittlerweile ist einige Zeit ins Land gegangen. Zeit, die wir genutzt haben um das Tierwohl-Niveau in Deutschen Ställen zu steigern, bzw. hier Wege für eine langfristige Transformation einzuschlagen:
So haben wir ein flächendeckendes Verbot des Kükentötens in Deutschland ab Ende 2021 erwirken können und sind damit Vorreiter in Europa und zurecht stolz auf dieses Ergebnis.
Des Weiteren haben wir für die SauenhalterInnen 300 Mio. Euro bereitgestellt, damit diese ihre Ställe umbauen können, umso mehr Platz für Ihre Tiere zu schaffen. Davon profitieren Sauen wie Ferkel gleichermaßen.
Ein weitere Erfolg der letzten Jahre bleibt die Einsetzung der Borchert Kommission durch unsere Landwirtschaftsministerin. Mit den Ergebnissen ist es gelungen einen so breit getragenen Kompromiss zu finden wie noch nie. Damit ist der Grundstein dafür gelegt die Nutztierhaltung zu transformieren und in eine gesellschaftlich tragfähige Zukunft zuführen. Erstmals ist nicht nur das Ziel (mehr Tierwohl!) sondern auch der Weg und eine Finanzierung festgeschrieben. Hier muss die kommende Regierung sich nun an die Umsetzung der Empfehlungen machen.
Ich kenne die Forderungen von Tierschutzorganisationen und anderen NGOs welche eine Anhebung des Ordnungsrechts in der Tierhaltung fordern sehr gut und kann vieles davon nachvollziehen. Natürlich wollen wir unseren Tieren ein Leben frei von Stress ermöglichen und so artgerecht wie möglich halten. Das liegt auch im Interesse der Produktqualität. Die Konsequenz einer Verschärfung des Ordnungsrechtes – bei gleichbleibendem Konsumverhalten der VerbraucherInnen - wäre allerdings, dass die Produktion ins Ausland abwandern würde. Dort sind die Standards an die Tierhaltung weniger hoch und oft leiden auch soziale Standards. Der heimische Bedarf tierischer Produkte etc. würde also von TierhalterInnen gedeckt werden, die unter Vorschriften wirtschaften, die sich unseres Einflusses entziehen.
Genau daher ist das Konzept der Borchertkommission so wertvoll: hier werden die Haltungsbedingungen sukzessive an höhere Tierwohlstandards angepasst und die Mehrkosten werden von der Gesellschaft, die sich mehr Tierwohl wünscht, finanziert. So verhindern wir, dass viele Betriebe die Tore schließen müssen, weil sie im Wettbewerb mit den Billigprodukten aus dem Ausland nicht standhalten können. So erhalten wir die Landwirtschaft flächendecken und verhindern ein Abwandern ins Ausland, wo die Standards geringer sind.
Ich hoffe Ihnen Ihre Fragen beantwortet zu haben, Herr Schüller.
Beste Grüße
Alois Gerig