Bundestagsabgeordneter Alois Gerig
Alois Gerig
CDU
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Frage von Wanja d. •

Frage an Alois Gerig von Wanja d. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Gerig,

mich würde interessieren, wie Sie zum von der aktuellen Bundesregierung beschrittenen Weg bei der Bekämpfung von Übergewicht und Fettleibigkeit stehen. Sind Sie der Meinung, dass die bisherigen Maßnahmen, insbesondere der nicht-verpflichtende Nutri-Score ausreichen?
Als wie hoch schätzen Sie andererseits das Gesundheitsrisiko bei ausbleibenden effektiven Maßnahmen für die Bevölkerung ein?
Und zuletzt, wo sehen Sie die Vorteile eines nicht-verpflichtenden Nutri-Scores gegenüber eines chilenischen Modells mit Warnhinweisen für sehr zucker-, fett- und salzhaltige Nahrungsmittel und einem weitgehenden Werbeverbot für besonders ungesunde Lebensmittel?

Vielen Dank und freundliche Grüße

Wanja de Sombre

Bundestagsabgeordneter Alois Gerig
Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau de Sombre,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage zu diesem wichtigen Thema.

Vorab: Da die Ursachen von Übergewicht und Adipositas vielschichtig und multifaktoriell sind, also sehr verschiedene Gründe dazu beitragen und zudem Wechselwirkungen bestehen, ist der Effekt, den eine einzelne ernährungspolitische Maßnahme hat, nicht direkt messbar. Jedoch tragen erwiesenermaßen erweiterte Nährwertsysteme zu einem "gesundheitlich günstigeren Warenkorb" der Verbraucherinnen und Verbraucher bei.

Bei dem Thema Nährtwertkennzeichnung haben wir jahrelang gerungen.
Ich bin der Meinung, dass der aktuelle Nutri-Score ein guter Kompromiss ist.
Am Ende war ausschlaggebende, dass der Nutri-Score intuitiv und einfach ist. Daher hat er sich gegen andere Modelle – auch bei einer großen VerbraucherInnenbefragung - durchgesetzt.
Das Max Rubner- Institut hatte verschiedene erweiterte Nährwertkennzeichnungssysteme, darunter auch den Nutri-Score und die chilenischen Warnhinweise, miteinander verglichen. Beide Systeme sind wissenschaftlich valide, verfolgen jedoch unterschiedliche Zwecke bzw. haben einen unterschiedlichen methodischen Aufbau. Das chilenische System gibt bei bestimmten Lebensmitteln Hinweise auf einen hohen Gehalt eines konkreten Nährstoffs, den eine VerbraucherIn vermeiden will, während der Nutri-Score grundsätzlich alle Lebensmittel in Form eines Gesamtscores bewertet und so die Vergleichbarkeit von Lebensmitteln erleichtert.

Da wir merken, dass weitere Unternehmen nachziehen und der Nutri-Score auf immer mehr Produkten zu finden ist, sind wir froh über die Freiwilligkeit. Unser primäres Ziel war es nicht so viele Unternehmen wie möglich zu verpflichten – sondern so viele KonsumentInnen wie möglich zu erreichen und es ihnen einfach zu machen, sich für das gesündeste Lebensmittel zu entscheiden. Die VerbraucherInnen sollen durch eine Kennzeichnung auf der Vorderseite der Packung eine klare und wahre Information und damit eine verlässliche Orientierung erhalten.

Derzeit sieht das EU-Recht auf nationaler Ebene übrigens nur freiwillige Regelungen zur erweiterten Nährwertkennzeichnung vor.

Anders sieht es aus, wenn wir über ein Label auf europäischer Ebene sprechen.
Hier setzen wir uns dafür ein, eine einheitliche europäische Kennzeichnung von Lebensmitteln zu erreichen. In ihrem Bericht über die Verwendung zusätzlicher Formen der Angabe und Darstellung der Nährwertdeklaration sowie der im Rahmen des European Green Deal vorgelegten Farm-to-Fork Strategie spricht sich die EU-Kommission für ein EU-weit einheitliches und verpflichtendes Modell aus und kündigt an, hierzu bis zum vierten Quartal 2022 einen Legislativvorschlag vorzulegen.
Ich finde es sowohl für VerbraucherInnen als auch für Unternehmen sinnvoll, wenn EU-weit einheitliche Regeln zur erweiterten Nährwertkennzeichnung verpflichtend gelten würden.

Jedoch möchte ich festhalten, dass die VerbraucherInnen nicht aus der Verantwortung entlassen werden dürfen sich selbst zu informieren und zu disziplinieren. Wir möchten die Kompetenz der VerbraucherInnen in ernährungswissenschaftliche Fragestellungen stärken und so eine ausgewogene Ernährung im Alltag zur Selbstverständlichkeit machen.
Anders sehe ich es jedoch bei vulnerablen Gruppen, wie Kindern. Hier brauchen wir strengere Regeln und es kommt insbesondere den Schulen und Kindergärten ein wichtiger Bildungsauftrag zu.

Beste Grüße und bleiben Sie so engagiert!
Alois Gerig